Es wäre angerichtet gewesen. Was Joel Wicki (22) am Eidgenössischen aufführt, ist königswürdig. Einen Gegner nach dem anderen legt er aufs Kreuz. Explosiv, dominant, spektakulär. Nach seinen Gängen feiert er mit dem Publikum. Ein erfrischend lockerer Auftritt: Der Entlebucher macht sich am Wochenende zum König der Herzen.
Doch der Schwingerkönig heisst am Sonntagabend nicht Wicki, sondern Stucki. Weil es Wicki im Schlussgang nicht gelingt, sein eigenes Werk zu vollenden und er nach 42 Sekunden im Sägemehl liegt. Es bleibt ihm ein bitter-süsser Trost – er ist gleichauf mit Stucki Festsieger. Aber er ist wegen der Schlussgang-Niederlage nicht König, sondern Erstgekrönter. Wie der legendäre Innerschweizer Geni Hasler 1989 – der vielleicht kompletteste Schwinger aller Zeiten blieb bis ans Karriere-Ende ohne Königskrone.
«Am Schluss ist es wie eine Sahnetorte, bei der schon jemand die Kirsche wegstibitzt hat», sagt Wickis Trainer Dani Hüsler. «Es ist schon gut – aber es fehlt die absolute Krönung.»
Wicki reagiert erstaunlich gefasst. «Ich bin stolz auf das, was ich gezeigt habe, die Freude überwiegt.» Angst, dass so eine Chance nicht mehr bekomme, habe er nicht. «Ich hoffe doch, dass ich weiter auf diesem Niveau schwingen kann.»
In den unmittelbaren Momenten nach dem Schlussgang müssen für den Entlebucher Baumaschinenmechaniker dennoch ganz schön viel durch den Kopf gegangen sein. «Du fragst dich schon, was genau passiert ist, was du falsch gemacht hast. Aber Chrigu war einfach gut. Er hat den Sieg verdient», sagt Wicki.
«Natürlich hätte er die Krone gerne gehabt», sagt Hüsler, der sich während der beiden Tage in Zug für seinen Schützling heiser gebrüllt hat. «Das ist doch klar. Nach dem Schlussgang war er ganz gefasst, hat mir erklärt, was nicht funktioniert hat. Er hat da wahrscheinlich gar noch nicht realisiert, was genau passiert ist.»
Passiert das noch? Hüsler: «Das ganz grosse Loch wird bei Joel nicht kommen. Dafür ist er viel zu bodenständig.» Und wenn er den Naturburschen Wicki einmal auf andere Gedanken bringen muss? Dafür hat der Trainer ein Rezept: «Dann holen wir unsere Motocross-Maschinen hervor, fahren zusammen am Rothorn hoch und gehen fischen. Das hilft.»