Auf einen Blick
Heute ist der Look, sagen wir, traditionell. Mal sicher für die Verhältnisse von Barthélémy Constantin (29), dem Dandy unter den Sportchefs: Bordeauxroter, recht klassischer Anzug, dessen Farbe bestens zu Servette passen würde. Schwarze Samt-Loafers, unsichtbare Socken. Weisses Hemd. Markanter schwarzer Gurt. Alles von Gucci. Nichts wirkt zufällig. Auch nicht die Haarfarbe: silberblond. «Das ist polarweiss», korrigiert Barth. So nennen ihn alle hier.
Zum Fasnachtsstart dreissig
Der Wind auf dem kleinen Plateau Plan-Cerisier hoch über Martigny verweht das Haar im Sekundentakt. Und ebenso schnell richtet es Barth wieder. Am 11.11. wird der Filius dreissig. Tag des Fasnachtsbeginns. Kurz darauf feiert er sein Zehnjähriges als Sion-Sportchef. Er ist der dienstälteste in der Super League. Länger im Amt als Christoph Spycher von YB. Dabei hat man das Gefühl, er habe den Job erst gerade angetreten …
Was wohl mehr am Vater liegt. An Christian. Der charismatischsten Figur im Schweizer Fussball. Ex-Ersatzgoalie. Selfmade-Millionär. Architekt, Baulöwe und Landspekulant. Fussballklub-Besitzer. Fussballklub-Präsident. Selbstdarsteller. Charmeur. Nicht immer unumstrittene Walliser Ikone. Neben solch einem Übervater bestehen? Kein Selbstläufer. Ein Schattenwurf ist da vorprogrammiert.
Das Verhältnis zu Vater CC ist im perfekten Gleichgewicht
«Also, es ist so», beginnt Barth und streicht sich das lange Haar zum 367. Mal aus dem Gesicht. «Wir arbeiten Hand in Hand. Unser Verhältnis als Vater und Sohn ist innig. Das berufliche ist seit vier, fünf Jahren auch im perfekten Gleichgewicht. Er lässt mir in der Kaderzusammenstellung totale Freiheit. Aber am Ende des Tages ist er der Klubbesitzer. Er hat das letzte Wort.»
Im Sommer 2023 steigt der FC Sion ab. Barth versteckt sich nicht. «Ich habe das Kader zusammengestellt, das abgestiegen ist. Also muss ich auch hinstehen und sagen: Ich übernehme die Verantwortung dafür. Aber auch für das Kader, das dann wieder aufgestiegen ist …», sagt er, und lächelt verschmitzt.
«Balo ist kein Athlet mehr»
Aber auch für Mario Balotelli, der am Ursprung der Relegation stand. «Auch für Balo, klar.» Ein grosser Name, in dem man sich getäuscht hat. «Absolut. Wir haben viel investiert, Zeit und Geld. Zehn Wochen. Einige Millionen. Und am Ende blieb nur Frust. Mario ist ein guter Mensch, liebenswert. Aber er ist kein Athlet mehr. Wir haben uns getäuscht. Und das war enttäuschend. Ein Fehler.»
Einen Star dieser Grössenordnung sucht man beim FC Sion Ausgabe 2024 vergeblich. Anton Mirantschuk ist nicht ganz diese Kategorie. «Man darf aus den Fehlern der Vergangenheit durchaus mal lernen», sagt Barth. Die Folge des neuen, demütigeren, lokalen Kurses: Plötzlich ist der FC Sion wieder positiv konnotiert. «Die Walliser identifizieren sich wieder mit dem Klub. Und auch ausserhalb des Kantons geniessen wir wieder Sympathie.»
Regelmässiges Joggen – und Viertliga-Torjäger
Zeit für den ersten Klamottenwechsel. Barth zieht sich unkompliziert auf dem kleinen Parkplatz um. Passanten kommen vorbei. «Ist doch egal. Jeder soll machen dürfen, was er will. Leben, wie er will. Also muss es mir auch egal sein, was die Leute über mich, meinen Look, denken. Das ist mein Leben. Und ich will es so leben, dass ich mich wohlfühle.»
Als Barth sein Hemd auszieht, entdeckt man einen schmächtigen Körper. Kein Gramm Fett. Kein Vergleich mit dem Pummelchen von früher. «Da ich in der Welt des Profi-Fussballs arbeite, ist es nicht so schwierig zu wissen, was es braucht, um körperlich in Form zu kommen.» Und? «Sehr einfach: Ich gehe regelmässig joggen.» Zudem spielt er wieder Fussball. Wie früher, als mittelmässig talentierter Junior. «Ich habe letzte Saison nach acht Jahren Pause wieder mit Kicken begonnen, bei der zweiten Mannschaft des FC La Combe in Martigny-Croix. Dort, wo unsere erste Mannschaft früher auch trainierte. Vierte Liga. Nummer neun. Mittelstürmer.»
Barth ist seine eigene Inspiration
Der Wind zerzaust die Haare weiter. Im Gegensatz zu seinem Vater ahnt man, was die natürliche Farbe wäre. Die Barthaare verraten es. «Braun. Wie meine Mutter. Nicht schwarz.» Inspiration für seine Frisur braucht er nicht. «Anfang Jahr wollte ich sie einfach wieder wachsen lassen. Ich bin da meine eigene Inspiration. Und ich vertraue meinem Coiffeur. Ganz verrückte Sachen mache ich ohnehin nicht.»
Look Nummer zwei. Ein Crossover-Ding: Anzug trifft auf Trainingsanzug. Hellblau. Klassisches weisses T-Shirt. Überdimensionale Adidas-Sneakers. Die Story dazu: «Ich habe diesen Adidas-Gucci-Anzug vor zwei Jahren in Monaco gesehen. Das war ein einmaliges Joint-Venture der beiden Firmen und ich wusste sofort: Das Ding will ich haben! Ich fuhr schnurstracks nach Mailand, wo man dafür bei Adidas Schlange stehen musste. Ich hatte Glück und musste nicht anstehen …»
Von Maman Carole hat er den Mode-Spleen
Das Faible für die Mode hat Barth von seiner Mutter Carole, die getrennt von Christian lebt. Die beiden verstehen sich aber nach wie vor bestens. «Maman hatte eine kleine Kleiderboutique in Martigny. Ich habe dann und wann die Bestellungen durchgegeben und so mitbekommen, was in New York, Mailand, Amsterdam, London, Rom läuft. Und auch was bei den grossen Marken gerade in ist. Oder sagen wir bei den mittelgrossen Marken. Für die ganz Grossen ist Martigny zu klein. Die laufen hier nicht …»
Ausser man heisst Constantin. «Halt! Stimmt nicht ganz. Ich trage gerne Gucci und Balenciaga, aber auch Adidas und Nike. Völlig egal. Man muss bloss wissen, wie sich zu kleiden. Da ist dann auch mal was von Zara dabei, aus einem Second-Hand-Laden, einer kleinen Boutique, Skateboard-Marken.» An die Meisterschaftsspiele aber gehe er mittlerweile am liebsten im Anzug. «Im Ausgang ist das meistens dann völlig konträr. Da ist dann eher der Trainingsanzug angesagt, wie bei den Spielern.» Eifert er seinem Vater nach, der eigentlich nur die grossen Italiener trägt: Gucci, Versace. Armani und Co.? «Also bitte! Im Gegensatz zu meinem Vater interessiere ich mich wirklich für Mode. Das ist dann schon ein anderes Niveau …»
Dolce & Gabbana mit Löcherjeans von Balenciaga
Dritter Look. Weisses Tanktop von Dolce & Gabbana. Darüber ein weites kurzärmliges silberblaues Dior-Hemd. Überdimensionale helle Jeans mit Riesenlöchern bei den Knien von Balenciaga. Der Gürtel von Gucci. Weiss-schwarze Sneakers. Der (teure) Ausgangs-Look …
Und was sagt seine Freundin? «Ich habe keine. Wir haben uns nach vier Jahren Ende 2023 getrennt. Und weisst du was: Ich habe gemerkt, dass ich sehr gerne alleine bin. Wenn du mit dir im Reinen bist, ist es das Beste, was du tun kannst. Das war so, als ich fünf Wochen durch die USA gereist bin, um Inspirationen zu finden für unser neues Stadion, aber auch für neue Sportbusiness-Modelle und auch für Connections. Ich liebe es aber auch, alleine in die Ferien zu gehen. Ich habe dann vielmehr ein anderes Problem: Nach drei Tagen werde ich wahnsinnig. Weil mir die Arbeit fehlt. Ich arbeite sehr viel. Aber ich liebe es auch zu tun, was ich will. Wenn du alleine bist, hast du niemanden, der sagt: Das will ich nicht.»
Barth ruft an
Die drei Looks sind im Kasten. Das Telefon hat in dieser Stunde unablässig geklingelt. Barth kommt verspätet zum nächsten Termin. Er ruft an und entschuldigt sich. Was sein Vater nie machen würde. Während beide alle Personen um sich herum duzen – vom Primarschüler zum Papst – unterscheiden sie sich in diesem Punkt massiv: Für Christian sind (massive) Verspätungen so selbstverständlich wie seine gefärbten schwarzen Haare. Barth ruft an.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |