«An unsere Grenzen gestossen»
England-Coach Southgate beklagt Müdigkeit seiner Stars

Immer wieder bemüht England-Coach Gareth Southgate die Müdigkeit seiner Stars als Erklärung für die mauen Leistungen der Three Lions. Das wird ihm primär als Ausrede ausgelegt. Aber: Vielleicht hat er ja recht – zumindest teilweise.
Publiziert: 03.07.2024 um 14:40 Uhr
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Zumindest Coach Gareth Southgate scheint hellwach zu sein.
Foto: Getty Images
Alain Kunz, Blankenhain

Es ist das Mantra das Mannes aus Watford: Die Spieler gehen auf dem Zahnfleisch. «Wir sind aufgrund unserer körperlichen Verfassung an unsere Grenzen gestossen. Wir können schlicht nicht so hoch pressen, wie wir es in der Qualifikation getan haben», sagte er zum Beispiel vor dem Achtelfinal gegen die Slowakei. In welchem seine Spieler wieder so zahnlos über den Platz schlurften wie schon in den Gruppenspielen.

Bellingham und Kane, die Platten

Paradebeispiele: Jude Bellingham und Harry Kane. Der Bayern-Mittelstürmer fehlte zudem bereits Ende Saison in München wegen Rückenproblemen. Der Real-Stürmer seinerseits machte in dieser Saison für die Madrilenen 42 Pflichtspiele, inklusive Länderspiele sind es nun 49, und sagte im Anschluss ans letzte Gruppenspiel: «Nach dem Slowenien-Spiel war ich komplett tot.» Sky-Experte Didi Hamann: «Nach der gehypten Vorrunde war Bellingham im neuen Jahr nur noch Durchschnitt. In der Champions League hat man ihn im Viertel-, Halb- und auch im Final kaum gesehen.»

Gegen die Slowakei nimmt Southgate die beiden in der zweiten Halbzeit nicht vom Feld, was eigentlich geboten gewesen wäre. «Aber Jude und Harry sind immer in der Lage, solche Dinge zu machen.» Und so werden die beiden zu Englands Rettern. Doch nach der ersten Hälfte der Verlängerung ist endgültig Schluss. Southgate nimmt das Duo infernale runter. «Sie waren die beiden Einzigen, die nicht mehr konnten», kommentierte Southgate.

Die Schweiz hat viel weniger Spiele in den Beinen

Hat der Coach mit seiner Müdigkeits-Theorie vielleicht sogar recht? Wenn man den uninspirierten Auftritt der hoch gehypten Franzosen und der belgischen Superstars als weiteren Massstab nimmt, ist man geneigt, dem England-Manager mindestens teilweise recht zu geben. Teilweise deshalb, weil es da auch die erfrischenden Darbietungen von Spanien, Deutschland und Portugal gibt. Und deren Spieler haben auch ganz viele Spiele in den Beinen.

Aber vertiefen wir das Ganze und schauen uns die Anzahl Saisonspiele der Startformationen in den Achtelfinals von England und Frankreich sowie der Schweiz an. Das sieht dann so aus:

  • England: 540 Wettbewerbsspiele (inkl. Länderspiele, egal ob Test oder EM)
  • Frankreich: 564
  • Schweiz: 475

Foden ist absoluter Rekordmann

Wir stellen fest: Erstens haben die Franzosen mehr Spiele in den Beinen, mit Arsenals William Saliba an der Spitze (58 Matches). Die Engländer haben 24 weniger gemacht, dafür den Rekordmann in ihren Reihen – der einzige, der mehr als 60 Saisonspiele gemacht hat (62): Phil Foden von Manchester City. Der wirkte gegen die Slowakei aber sowas von platt! Und die Schweiz? Wir haben deutlich weniger Spiele in den Beinen. Das liegt erstens an Breel Embolo, der wegen seines Kreuzbandrisses gerade neunmal aufgelaufen ist. Und dann haben Fabian Rieder (32) wegen seines Fussbruchs und Ruben Vargas (39, kein Europacup) verhältnismässig wenig gespielt – sicher mit ein Grund für die Frische dieser beiden, die gegen Italien die Besten waren.

Der Ringtrick

Southgate lässt nichts unversucht. Er selbst, aber auch die Spieler, tragen einen sogenannten Smart-Ring der Firma Oura am Zeigefinger. Auch Reality-Star Kim Kardashian oder Prinz William tragen ihn. Was bewirkt er? Das intelligente Teil überprüft Schlaf und körperliche Aktivität. Konkret: Oura interpretiert die wichtigsten Signale des Körpers, damit man das tägliche Wohlbefinden – von Schlaf über Aktivität und Stress bis hin zu Herzgesundheit – verbessern kann. Southgate: «Nach Spielen kommen wir teils nachts um vier Uhr in unser Basecamp zurück. Vielleicht ermutigt es jemanden, dann nochmals zu schlafen.»

Sollen sie schlafen, so viel sie wollen. So oder so wollen wir die englischen Löwen am Samstag um 18 Uhr in die Sommerferien verabschieden …

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