Der Angriff auf die Städte beginnt mitten in Zürich. In einem schicken Viersternehotel neben der Bahnhofstrasse präsentierte die SVP-Spitze am Donnerstag ihren Plan gegen die urbane Schweiz mit dem klingenden Namen «Die Schmarotzer-Politik der links-grünen Städte».
Die Städterinnen und Städter nerven die Partei. Sie würden auf Kosten der Landbevölkerung in gemeinnützigen Wohnungen wohnen, von Kita-Leistungen profitieren und weniger Krankenkassenprämien bezahlen, als sie Kosten verursachen. Vor allem aber stören sich die SVPler daran, dass die meisten Städter lieber SP und Grüne als SVP wählen.
Dübendorf als neue Hauptstadt
Parteichef Marco Chiesa (46) und der Dossierverantwortliche Thomas Matter (55) stellten deshalb vor den Medien ein ganzes Bündel an Massnahmen vor, um den Einfluss der Städterinnen und Städter zu schmälern. Erstens fordern sie, dass die Hauptstädte in den Kantonen neu ausgeschrieben werden. «Ich könnte mir für Zürich beispielsweise eine Hauptstadt Dübendorf vorstellen», sagt Nationalrat Matter. Generell solle jene Gemeinde für die Kantonsverwaltung zuständig sein, die diese kosten- und verkehrsmässig besser unterbringen könne als die Hauptstadt.
Bezirksmehr soll das Land stärken
Zweitens will die SVP die Städterinnen und Städter bei kantonalen Abstimmungen zurückbinden. Dafür schlägt sie die Einführung eines sogenannten «Bezirksmehrs» vor. Ähnlich wie beim Ständemehr auf nationaler Ebene müsste nicht nur die Mehrheit der Stimmenden, sondern auch die Mehrheit der Bezirke einer Vorlage zustimmen, damit sie angenommen wird.
Man wolle so Resultate wie bei der Konzernverantwortungs-Initiative verhindern, erklärt Thomas Matter. Damals überstimmten im Kanton Zürich die beiden bevölkerungsreichen städtischen Bezirke Zürich und Winterthur die restlichen zehn Bezirke mit ihrem Ja. Das soll nicht mehr möglich sein – jedenfalls auf kantonaler Ebene.
Ausländer sollen nicht zählen
Drittens wollen die SVP-Politiker, dass die Sitze im Nationalrat neu verteilt werden. Nicht die Grösse der Bevölkerung, sondern die Anzahl Wahlberechtigter solle darüber entscheiden, wie stark ein Kanton im Nationalrat vertreten ist. Für städtische Kantone mit einem hohen Ausländeranteil, die nicht abstimmen können, wäre das ein Nachteil.
Das Ziel der SVP ist klar: Die städtischen Stimmen sollen weniger Gewicht haben. Nationalrat Matter findet das nicht undemokratisch. Bei den meisten Abstimmungen gehe es um Steuern, sagt er. «Es ist ungerecht, wenn die Menschen auf dem Land, die in der Regel mehr Steuern bezahlen, von den Städtern überstimmt werden.»
Wer zahlt wen?
Bereits in seiner 1.-August-Rede hatte Präsident Chiesa behauptet, dass die Städte dem Land auf der Tasche liegen würden. Ein Blick auf den nationalen Finanzausgleich lässt allerdings eher den gegenteiligen Schluss zu. Unter den sechs Geberkantonen befinden sich mit Genf und Basel-Stadt zwei Stadtkantone. Mit Abstand grösster Beitragszahler ist der Kanton Zürich mit den beiden Städten Zürich und Winterthur. Die klassischen Nehmerkantone liegen hingegen alle auf dem Land.