Auf einen Blick
- Die Stromkosten steigen stark
- Einspeisebegrenzung für Solaranlagen wird diskutiert
- Netzkosten steigen von 4 auf 9 Milliarden Franken pro Jahr bis 2050
Es sind happige Zahlen, die der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) am Donnerstag publiziert hat. Weil die Schweiz immer mehr Strom braucht, muss das Stromnetz ausgebaut werden. Dadurch steigen die Netzkosten: von heute rund vier Milliarden pro Jahr auf rund 9 Milliarden Franken pro Jahr bis 2050. Die Netzkosten machen über einen Drittel des Strompreises aus. Steigen die Netzkosten, steigt also auch der Strompreis.
Um diesen Anstieg zu dämpfen, brauche es Massnahmen, so der Verband. Und diese könnten die Besitzer einer Solaranlage schmerzen. Sie produzieren im Sommer mehr Strom, als sie selbst verbrauchen können. Den überschüssigen Strom können die Besitzer dem lokalen Energieversorger verkaufen.
Doch jetzt wird immer lauter über eine sogenannte Einspeisebegrenzung bei Solaranlagen diskutiert. So können Energieversorger die Anlagen per Fernsteuerung kappen, wenn mehr Strom produziert als verbraucht wird. Solche Überschüsse werden jeweils im Sommer erwartet.
Drei Prozent bringen zwei Milliarden
Der Verband hält eine Einspeisebegrenzung dann für sinnvoll, wenn andere Massnahmen nicht helfen. Bei der Einspeisebegrenzung wird der überschüssige Strom nicht mehr ins Netz zurückgegeben – die Besitzer bekommen für diesen Teil kein Geld. «Dabei geht es nur um drei Prozent der Jahresproduktion, die wegfallen», sagt VSE-Geschäftsführer Michael Frank.
Diese drei Prozent würden aber schon viel ausmachen: Die Kosten für den Netzausbau könnten so um zwei Milliarden gesenkt werden. Davon profitiere also die Allgemeinheit, so Frank. «Zuvor sollte sowieso geschaut werden, dass der Strom selbst verbraucht wird oder für den Eigenverbrauch gespeichert wird – zum Beispiel um ein Elektroauto zu laden. Oder ob man in der Zukunft vielleicht den Strom an eine Firma liefern möchte, die daraus Wasserstoff produziert. Eine Einspeisebegrenzung sollte als letzte Massnahme zur Anwendung kommen.»
Die rechtlichen Grundlagen gibt es bereits: Die Schweiz hat im vergangenen Jahr dem neuen Stromgesetz zugestimmt. Dieses erlaubt den Energieversorgern die Anlagen per Fernsteuerung zu kappen. Eine Entschädigung dafür gibt es nicht, auch die Zustimmung der Hausbesitzer braucht es nicht.
«Wer eine Solaranlage hat, profitiert sowieso»
Was eine solche Einspeisebegrenzung finanziell ausmacht, sei schwierig zu berechnen, da die unterschiedlichen Energieversorger verschiedene Tarife bezahlen und der Markt je nach Versorgungssituation unterschiedliche Preise biete. «Wenn auf dem Markt bereits mehr Strom gehandelt wird, als tatsächlich nachgefragt wird, bekommt man schon heute kaum Geld vom Energieversorger. Dazu produzieren die Anlagen ja weiter – einfach mit ein bisschen weniger Leistung.» Die finanziellen Ausfälle dürften also gering sein. «Wer eine Solaranlage hat, profitiert aber sowieso, weil er seinen eigenen Verbrauch selbst decken kann.»
Generell müsse die Politik entscheiden, ob das System der Einspeisevergütung noch zeitgemäss sei. «Sie muss entscheiden, ob man noch Geld bekommen soll, wenn man einen Stromüberfluss produziert. Wer ein Wasserkraftwerk hat, verdient auch nichts, wenn es zu viel Strom hat und die Nachfrage nicht vorhanden ist», so Frank. Es sei aber schwierig, dies mit dem einzelnen Hausbesitzer zu vergleichen.