Die 7 wichtigsten Fragen und Antworten zum Beznau-Aus
Droht uns jetzt ein Strommangel?

Die Axpo nimmt das AKW Beznau in wenigen Jahren vom Netz. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Publiziert: 08.12.2024 um 16:15 Uhr
|
Aktualisiert: 08.12.2024 um 16:33 Uhr
1/5
Das AKW Beznau ist in wenigen Jahre Geschichte.
Foto: Keystone
RMS_Portrait_AUTOR_401.JPG
Tobias BruggmannRedaktor Politik

Das älteste Atomkraftwerk der Welt hat ein Ablaufdatum. Die Axpo stellt das Kernkraftwerk Beznau ab. Block 2 soll 2032 vom Netz gehen, ein Jahr später der Kernkraft-Dino Block 1. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen. 

1

Warum stellt die Axpo das AKW Beznau ab?

Es sei ein sehr komplexer und vielschichtiger Entscheid gewesen, sagte Axpo-CEO Christoph Brand (55) an einer Medienkonferenz. Verschiedene Faktoren hätten dazu geführt. «Der Entscheid fiel unter Berücksichtigung unserer gesellschaftlichen Verantwortung sowie aufgrund von technischen, organisatorischen, regulatorischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.»

Klar ist: Die Axpo muss dafür sorgen, dass ihre Kernkraftwerke sicher betrieben werden können. Das geht ins Geld.

2

Droht jetzt Strommangel?

Das Kernkraftwerk Beznau produziert rund 6 Terrawattstunden (TWh) Strom, davon 3 TWh im Winter. Das muss nach der Abschaltung kompensiert werden. Das Bundesamt für Energie betont die Wichtigkeit, dass die beiden Reaktoren noch acht, respektive neun Jahre lang laufen. «Die inländische Stromproduktion aus erneuerbaren Energien soll stark ausgebaut werden. Dies braucht Zeit, und der Weiterbetrieb von Beznau ist deshalb wichtig in dieser Übergangsphase.»

GLP-Präsident Jürg Grossen (55) hat keine Angst, dass der Schweiz ohne die beiden AKW Strom fehlt: «Berechnungen zeigen, dass wir mit dem laufenden Ausbau der Solar- und Wasserkraft schon 2032 nicht mehr alle AKW brauchen. Dafür müssen wir aber das Stromgesetz, das das Volk angenommen hat, konsequent umsetzen.»

Schon heute produziere die Schweiz jährlich rund 80 TWh Strom – «dabei werden nur rund 60 Terrawattstunden verbraucht». Jährlich kämen zudem 2 TWh Solarstrom auf Dächern, Fassaden und Infrastrukturen dazu, was bis zur Abschaltung von Beznau zusätzlich rund 16 TWh Jahresproduktion erbringt, davon 5 TWh im Winterhalbjahr. «Somit wird die fehlende Energie von Beznau kompensiert sein.»

Der Haken: Bis grosse Anlagen stehen, sind viele Einsprachen möglich. Die Energiekommission des Ständerats will darum das Verbandsbeschwerderecht teilweise einschränken.

Axpo-CEO Brand sagt derweil gegenüber dem «Tages-Anzeiger», es drohten «Engpässe ab den 2040er-Jahren». Der Strombedarf wachse. Darum müsse man zusätzliche Windräder oder Gaskraftwerke bauen. 

3

Steigt der Strompreis?

Das kann man noch nicht sagen. Der Strompreis ist von vielen Faktoren abhängig, etwa, ob die erneuerbaren Energien genug produzieren, ob Stromimporte möglich sind – oder auch, ob Reservekraftwerke vorhanden sind.

4

Wer bezahlt den Abbruch des AKW?

Die Stilllegung und Entsorgung eines Kernkraftwerks geht in die Milliarden. Alle fünf Jahre werden die Kosten neu berechnet. Aufgrund dessen müssen die Betreiber Geld in einen Fonds einzahlen. Wenn sie ein Kernkraftwerk abschalten, dürfen sie darauf zurückgreifen.

Bei der letzten Neuberechnung im Jahr 2021 wurde allein die Beznau-Stilllegung auf 985 Millionen Franken geschätzt. Dazu kommen Entsorgungskosten von 3,258 Milliarden.

5

Was passiert bei der Stilllegung von Kernkraftwerken?

Bis ein AKW stillgelegt ist, dauert es lange. Schon fünf Jahre vor dem Abschalten sei der Prozess einzuleiten. Die Axpo schätzt, dass der Rückbau bis Mitte der 2040er-Jahre dauert. Was mit dem Gelände passiert, ist noch nicht klar.

Die Axpo kann dabei auf Erfahrungen aus der Schweiz zurückgreifen. 2019 hat die BKW das AKW Mühleberg stillgelegt. Seither läuft der Rückbau. Erst Ende 2030 ist das Gebiet frei von radioaktivem Material. Dann müssen die Gebäude abgebaut werden. Ab 2034 kann das Areal neu genutzt werden.

6

Was passiert mit den restlichen Kernkraftwerken?

Sind die beiden Beznau-Kraftwerke erst einmal abgeschaltet, bleiben noch die AKW Gösgen und Leibstadt. Die Axpo prüft derzeit, ob ein Betrieb über 60 Jahre hinaus möglich ist. 

7

Bundesrat Rösti wollte doch neue AKW bauen. Was bedeutet dieser Entscheid?

Aktuell sind bei uns neue AKW verboten. Die bestehenden dürfen aber so lange laufen, wie sie sicher sind. Die Blackout-Initiative will Neubauten wieder möglich machen. Der Bundesrat um Energieminister Albert Rösti (57) zielt mit einem Gegenvorschlag in die gleiche Richtung. Daran ändert auch der Axpo-Entscheid nichts. Stimmen Parlament und Volk der Initiative oder dem Gegenvorschlag zu, dürfen wieder neue AKW gebaut werden.

Auch Axpo-Chef Brand begrüsst das Vorgehen. «Das gibt der Schweiz Optionen.» Ob man aber AKW baue, sei andere Frage. Man werde nun im 2025 Szenarien durchrechnen. Am Ende werde sowieso die Bevölkerung entscheiden. Auch die finanziellen Risiken seien zu klären. «Der Bau eines Kernkraftwerks der bestehenden Generation ist betriebswirtschaftlich für ein Unternehmen nicht darstellbar», sagte Brand im Interview mit AWP Video: «Das kann nur der Staat machen.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?