Jubel bei den Linken, Sorgen bei Bürgerlichen nach Beznau-Aus
«Wenn wir Strom aus dem Ausland kaufen müssen, wird das teurer»

Das AKW Beznau läuft noch bis 2033, dann ist Schluss. Die Reaktionen.
Publiziert: 05.12.2024 um 11:45 Uhr
|
Aktualisiert: 05.12.2024 um 13:31 Uhr
1/6
Energieminister Albert Rösti (57) sagt, er sei «sehr froh», dass das Werk nun noch neun weitere Jahre lang laufe. «Das ist für die Versorgungssicherheit sehr wichtig.»
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Axpo beendet AKW Beznau bis 2033. Energieminister Rösti begrüsst Entscheidung
  • FDP-Politiker warnt vor höheren Strompreisen, Linke begrüssen Abschaltung
  • Beznau liefert jährlich 6 TWh Strom, davon die Hälfte im Winter
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_401.JPG
Tobias BruggmannRedaktor Politik

Die Axpo macht Schluss mit dem AKW Beznau. 2033 zieht der Energiekonzern den Meilern in Döttingen AG den Stecker.

Energieminister Albert Rösti (57) sagt gegenüber Blick, er sei «sehr froh», dass das Werk nun noch neun weitere Jahre lang laufe. «Offenbar haben die technische, finanzielle, arbeitskräftemässige Situation gezeigt, dass es bis 2032 und bis 2033 möglich ist. Das ist für die Versorgungssicherheit sehr wichtig.»

Auf die Frage, ob mit Subventionen eine längere Laufzeit hätte erreicht werden können, geht Rösti nicht ein. «Zu technischen Fragen äussert sich der Bundesrat nicht.»

SVP-Imark: Gösgen und Leibstadt «können 80 bis 100 Jahre laufen»

Der Bundesrat um Energieminister Rösti will mit einem Gegenvorschlag zur Blackout-Initiative erreichen, dass wieder neue Kernkraftwerke gebaut werden können.

SVP-Nationalrat Christian Imark sitzt im Initiativkomitee der Blackout-Initiative. Der heutige Entscheid sei keine schlechte Nachricht für die Initiative, sagt er. «Es bringt das Thema Versorgungssicherheit wieder in den Fokus.» Der Beznau-Entscheid sei erwartbar gewesen. «Es geht dabei nicht um die Frage, ob Kernenergie per se wirtschaftlich ist oder nicht – ein altes Auto hat nun mal höhere Unterhaltskosten.»

Trotzdem bedauert er den Entscheid. «Die Werke in Beznau haben eine ideale Grösse für die Schweiz, das Klumpenrisiko für die Versorgung bei einem Ausfall ist klein. Mit weniger Werken steigt dieses Risiko.» Zwar ist ein Ausbau von Solar- und Wasserkraft geplant. «Doch es stellen sich zahlreiche Probleme: Einsprachen, zu wenig Grundlast im Winter, Überlast an Sommertagen, hohe Kosten für den Netzausbau, Risse in Solarpanels, etc.»

Ins Zentrum der Debatte geraten jetzt auch auf die beiden noch laufenden Kernkraftwerke Gösgen und Leibstadt. «Die beiden haben eine andere Technologie, die 80 bis 100 Jahre laufen können.» Fraglich ist jedoch, ob es dafür Subventionen braucht. Imark gibt sich offen. «Letztendlich müssen wir uns fragen, was uns eine sichere Versorgung im Winter wert ist. Weil die Gestehungskosten von Gösgen und Leibstadt sehr tief sind, rechne ich nicht damit, dass Subventionen nötig sind.»

FDP-Wasserfallen: «Massiver Abbau sicherer Stromversorgung»

Ein Befürworter der Initiative ist FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (43). Er bedauert den Axpo-Entscheid. «Es ist ein weiterer massiver Abbau sicherer Stromversorgung. Die Kernkraftwerke liefern insgesamt die Hälfte des Stroms im Winter.» Im schlimmsten Fall drohe eine Erhöhung des Strompreises. «Wenn wir aus dem Ausland Strom kaufen müssen, wird das teurer.»

Trotz des Axpo-Entscheids gibt Wasserfallen nicht auf: «Es braucht nun Tempo und das Ablegen ideologischer Scheuklappen, um die Kernenergie für die Zukunft zu ermöglichen.» Er fordert, dass bestehende Fördertöpfe umverteilt werden. «Wir geben Milliarden für Solarstrom aus, der im Winter fast nichts und im Sommer zu viel Strom liefert. Ein Teil dieses Geldes muss für die Versorgungssicherheit und neue Kernkraftwerke verwendet werden», sagt Wasserfallen.

«Die Zeit der AKWs ist vorbei»

Auf linker Seite gibt es Jubel. Die Kernkraft-kritische Energiestiftung begrüsst den Entscheid. «Angesichts der Risiken, die von Atomkraftwerken ausgehen, ist dies ein guter Entscheid für die Schweiz», sagt Geschäftsführer Nils Epprecht.

SP-Energiepolitiker Roger Nordmann gibt sich ob des Axpo-Entscheid wenig überrascht. «Ich habe die Abschaltung eher früher erwartet.» Er kritisiert die tiefen Investitionen, die die Axpo noch tätigt. «Die 350 Millionen Franken reichen knapp für die Betriebskosten.»

Für Nordmann ist klar: «Die Schweiz wird eine Zeit ohne AKWs erleben. Da ändert auch Röstis Gegenvorschlag zur Blackout-Initiative nichts.» Nordmann vermutet, dass mit der Blackout-Initiative versucht wurde, Subventionen vom Bund für die Betriebskosten von bestehenden Kernkraftwerken zu bekommen. «Der Entscheid der Axpo zeigt jetzt, dass nicht mal das genügt. Die Zeit der AKWs ist vorbei.»

Solar soll Lücke füllen

GLP-Präsident Jürg Grossen spricht von einem «vernünftigen» Entscheid. «Klar ist aber, dass bis zur endgültigen Stilllegung die Sicherheitsanforderungen erfüllt sein müssen.» Angst, dass der Schweiz ohne die beiden AKWs Strom fehlt, hat Grossen nicht. «Berechnungen zeigen, dass wir mit dem laufenden Ausbau der Solar- und Wasserkraft schon im 2032 nicht mehr alle AKWs brauchen. Dafür müssen wir aber das Stromgesetz, das das Volk angenommen hat, konsequent umsetzen.»

Schon heute produziere die Schweiz jährlich mehr Strom, als verbraucht wird. Jährlich würden zudem Solarstrom auf Dächern, Fassaden und Infrastrukturen dazukommen. Bis zur Abschaltung von Beznau seien das rund 16 Terrawattstunden, «davon 5 im Winterhalbjahr». «Somit wird die fehlende Energie von Beznau kompensiert sein», ist Grossen überzeugt. Beznau liefert jährlich 6 TWh produziert, die Hälfte davon im Winter.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?