Am Samstag ausschlafen liegt für Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider (59) nicht drin. Um 8 Uhr ist sie zur SVP-Fraktionssitzung eingeladen. Dort soll die Bundesrätin Auskunft über ihre Asylpolitik geben. Fraktionschef Thomas Aeschi (44) hatte Baume-Schneider eingeladen, als es vor den Wahlen im Nationalrat zu turbulenten Szenen kam und die SVP Baume-Schneider mit Fragen löcherte.
Die SP-Magistratin werde zuerst eine Präsentation halten und danach Fragen der Parlamentsmitglieder beantworten, sagt SVP-Nationalrätin Martina Bircher (39). Diese Fragen werden unter anderem darum gehen, ob die Schweiz nicht auch Asylverfahren ins Ausland auslagern könnte.
«Wir haben Angst, dass die Schweiz die Entwicklung in Europa verschläft», sagt Bircher. «Andere Länder wie Italien haben bereits Abkommen abgeschlossen, während sich Frau Baume-Schneider schon einfachen Prüfaufträgen verweigert.»
Tatsächlich haben solche Vorschläge aber einen schweren Stand. Das oberste Gericht in London hat entsprechende Pläne der britischen Regierung, Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben, kassiert. Es bestehe die Gefahr, dass sie dort kein faires Verfahren erhielten. Italien hat zwar einen Deal mit Albanien geschlossen, doch auch dort gibt es Kritik.
«Baume-Schneider fährt einen Zickzack-Kurs»
Baume-Schneider wird sich noch weiteren Fragen stellen müssen. Es brauche dringend Grenzschutz und geschlossene Zentren für abgelehnte Asylsuchende – «die unkontrollierte Zuwanderung ist ein Sicherheitsrisiko», sagt die Nationalrätin. Auch die Verlängerung des Schutzstatus S, den die Schweiz – entsprechend der EU – bis März 2025 verlängert hat, will die SVP thematisieren.
«Baume-Schneider fährt einen Zickzack-Kurs. Wenn es um Erleichterungen geht, wie Asyl für afghanische Frauen, folgt sie den europäischen Ländern, bei Verschärfungen wiederum nicht», findet Bircher. Sie fordert zudem eine Task-Force, welche die Asylgesuche aus der Türkei unter die Lupe nimmt. Dort sei die Anerkennungsquote in der Schweiz zehnmal höher als in Nachbarländern.
Baume-Schneider ist bei der SVP-Fraktion auf Höflichkeitsbesuch. Ausgerechnet bei derjenigen Bundeshausfraktion, die sie immer wieder persönlich angreift. SVP-Wahlkampfleiter Marcel Dettling (42) nannte sie im Blick-Interview kürzlich ein «Sicherheitsrisiko für unser Land». Für Bircher ist das kein Problem. «Ich glaube, dass Elisabeth Baume-Schneider damit umgehen kann. Die Fraktionssitzung hinter verschlossenen Türen findet gesittet und konstruktiv statt.»
Und immerhin: Fürs frühe Aufstehen muss Baume-Schneider nicht auf den Zmorgen verzichten. «Für Kaffee und Gipfeli ist gesorgt», verspricht Bircher.