Auf einen Blick
- Viola Amherd hatte Quereinsteiger Thomas Süssli zum Armeechef bestimmt
- Unter seiner Regie reiht sich IT-Panne an IT-Panne
- Amherd hat ihn trotz Kritik gehalten, das könnte sich mit einem neuen Bundesrat ändern
Thomas Süssli (58) hat keinen leichten Stand. Wie Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) stand der Armeechef in den letzten Wochen und Monaten unter Dauerbeschuss. Und nun, da die Mitte-Bundesrätin per Ende März von ihrem Amt zurücktritt, könnte es für den obersten Militär langsam eng werden.
«Amherds Nachfolger oder Nachfolgerin im Verteidigungsdepartement wird Süssli kaum als erste Amtshandlung auf die Abschussliste setzen», sind sich Insider einig. «Das wäre überheblich und falsch.» Es gehe zu Beginn darum, in VBS und Armee die Stabilität zu wahren, «auch wenn nicht alles optimal läuft».
Digitalisierungsprojekt als Klumpenrisiko
Da war etwa die Diskussion um einen möglichen «Liquiditätsengpass» bei der Armee, mit dem Süssli das Parlament vor einem Jahr in Aufruhr versetzt hatte. Der Korpskommandant machte dabei eine unglückliche Figur – und war von Chefin Amherd im Regen stehengelassen worden.
Vor kurzem schlug auch die Finanzdelegation des Parlaments Alarm. In einem geharnischten Brief an Amherd listete sie gleich sieben grosse Rüstungs- und IT-Vorhaben auf, bei denen sie massive Probleme und Risiken festgestellt hatte. Ausgerechnet unter dem digital versierten Süssli reiht sich IT-Panne an IT-Panne. Das wichtigste Digitalisierungsprojekt ist für ihn zum Klumpenrisiko geworden. «Da hat man sich übernommen», heisst es aus der Armee.
Mit Süssli-Wahl viele vor den Kopf gestossen
Amherd hatte 2019 mit der Wahl Süsslis zum neuen Armeechef viele überrascht. Die Verteidigungsministerin hatte altgedienten Offizieren einen Quereinsteiger vor die Nase gesetzt. Noch dazu einer, dem kein Geruch von Pulverdampf anhaftet. Süssli war damals erst seit vier Jahren Berufsmilitarist. Er hatte unter anderem eine Sanitätskompanie kommandiert und war Chef der Cyber-Defence.
Ursprünglich lernte Süssli Chemielaborant, dann bildete er sich zum Programmierer/Analytiker und Wirtschaftsinformatiker weiter. Er machte Karriere in der Finanzbranche, bevor er in die Armee wechselte. Süssli ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und wohnt in Oberkirch LU.
«Schicksalsgemeinschaft» nimmt ein Ende
Amherd hatte sich ganz bewusst für Süssli entschieden: «Er kann grosse Projekte umsetzen und ist ein Kenner der Cyber-Defence.» Die Abwehr von Angriffen im Internet sei eine zentrale Herausforderung. Dass Amherd Süssli durchgeboxt habe, habe die beiden zur «Schicksalsgemeinschaft» zusammengeschweisst.
«Amherd konnte ihn trotz Problemen eigentlich nie abschiessen», heisst es von Offizieren. Sonst hätte sie eine Fehlbesetzung einräumen müssen, was sie unbedingt habe vermeiden wollen.
Er habe zu Beginn Skepsis seitens der Berufsoffiziere gespürt, räumte Süssli im Blick-Interview dereinst sogar selber ein. Mit der Zeit aber habe man einen gemeinsamen Weg gefunden. Tatsächlich: Mittlerweile habe er mehr Rückhalt in der Armee. Nicht doch: In der Armeeführung habe er weiterhin einen schweren Stand, heisst es, je nachdem wen man fragt. «Und da sich die Baustellen in der Armee immer mehr häufen, könnte es an der Spitze mittelfristig durchaus einen Wechsel geben.»