Neue Luftraumüberwachung liegt auf Eis
Projekt-Verzögerungen bedrohen Sicherheit der Luftwaffe

Das Schweizer Luftraumüberwachungssystem Florako ist veraltet. Es soll durch ein neues System ersetzt werden. Doch die Armee unterschätzte die Risiken des Projekts C2AIR deutlich. Das geht ins Geld – und bedroht den Luftraum.
Publiziert: 10.10.2024 um 15:23 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2024 um 15:50 Uhr
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Die Armee will ihr System zur Luftraumüberwachung erneuern. Doch die Risiken wurden deutlich unterschätzt.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Schweizer Armee droht Projekt-Debakel wegen IT-Problemen
  • Neues System Skyview sollte Florako ersetzen, liegt aber auf Eis
  • Parlament bewilligte dafür 2020 und 2023 über 300 Millionen Franken
  • Bis Ende Jahr sollen Lösungen gefunden werden
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Der Schweizer Armee droht ein 300-Millionen-Debakel: Das eingekaufte neue System zur Überwachung des Luftraums und zur Leitung von Kampfjets liegt seit Monaten auf Eis. Dadurch steigt mit jedem Tag das Risiko, dass das veraltete System Florako ausfallen könnte. Das zeigen Recherchen von «Radio SRF».

Florako, das seit 20 Jahren im Einsatz ist, überwacht den Schweizer Luftraum und steuert Einsätze der Luftwaffe. Es sollte durch das neue System Skyview des französischen Rüstungskonzerns Thales ersetzt werden.

Armee unterschätzte IT-Probleme

Das Parlament bewilligte 2020 dafür 155 Millionen Franken. Intern nennt die Armee das Projekt «C2AIR», das über eine neue digitale Plattform mit zwei Rechenzentren betrieben werden soll. Doch schon kurz nach dem Parlamentsentscheid traten Probleme auf: Die Integration von Skyview in die Rechenzentren wurde massiv unterschätzt. Deshalb musste das Parlament in der Armeebotschaft 2023 zusätzliche 159 Millionen Franken bewilligen.

Doch das Projekt ist bis heute nicht gestartet. Im Februar beurteilte die Armee die Risiken neu und stoppte die Arbeiten, bis genügend Informationen über notwendige Anpassungen vorliegen. Eine Arbeitsgruppe suchte über den Sommer fieberhaft nach risikoärmeren Varianten.

Armeechef informierte Finanzdelegation

Am 10. September präsentierte sie dem Programmausschuss eine Hiobsbotschaft: Die Risiken hätten sich nicht verringert, sondern sogar erhöht. Zudem würden die aktuell langen Lieferzeiten für IT-Ausrüstung das Projekt zusätzlich beeinflussen.

So entschied der Programmausschuss, C2AIR weiterhin zu suspendieren. Lösungen sollen bis Ende des Jahres gefunden werden. Armeechef Thomas Süssli (58) informierte vor zwei Wochen die sechsköpfige Finanzdelegation des Parlaments. Ihr Präsident, der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin (63), zeigt sich alarmiert: «Mir machen alle Projekte Sorgen, bei welchen das Ampelsystem nicht mehr auf Grün, sondern Richtung Orange und Rot geht».

Ausfall der alten Systeme «bereits heute möglich»

Ursprünglich war der Start des neuen Systems für 2025 geplant, nun geht die Armee von einem Projektende 2030 aus – fünf Jahre später als geplant. Für die Luftwaffe ist die Situation ungemütlich: Je länger die veralteten Systeme Ralus und Lunas weiterbetrieben werden müssen, desto grösser wird das Risiko eines Ausfalls.

Der Programmausschuss hat nun Massnahmen in Auftrag gegeben, um die Nutzung von Ralus und Lunas zu verlängern. Die Armee geht davon aus, dass das heutige System noch bis 2029 in Betrieb bleiben kann.

Gleichzeitig muss sie einräumen: «Bereits heute wäre ein Ausfall der Systeme möglich.» Allerdings betont sie, dass dies «sehr unwahrscheinlich» sei. Es würden Massnahmen existieren, die bei einem Ausfall greifen würden, erklärt die Armee. Welche Massnahmen dies genau sind, sagt sie nicht.

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