Schweizer NGOs ausgeladen?
Schwere Vorwürfe nach Menschenrechts-Gipfel mit China

Die Schweiz führt nach Jahren der Funkstille wieder einen Menschenrechts-Dialog mit China durch. Überschattet wird der Gipfel vom Vorwurf von NGOs, ausgeladen worden zu sein.
Publiziert: 05.07.2023 um 11:16 Uhr
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Aktualisiert: 05.07.2023 um 16:30 Uhr
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Die Schweiz – im Bild Christine Loewstell, vertretende Abteilungsleiterin Frieden und Menschenrechte des Aussendepartements – hat wieder einen Menschenrechtsdialog mit China durchgeführt.
Foto: keystone-sda.ch

Nach über vier Jahren spricht die Schweiz wieder mit China über die Menschenrechts-Situation in den beiden Ländern. Beim sogenannten Menschenrechtsdialog ging es laut Medienmitteilung des Aussendepartments um bürgerliche und politische Rechte, die Meinungsfreiheit und die Rechtsstaatlichkeit. «Auch Menschenrechtsverletzungen in spezifischen Kontexten wie etwa gegen die tibetische und die uigurische Bevölkerungsgruppe und die Lage in Hongkong sowie verschiedene Einzelfälle wurden besprochen.»

Brisant ist, wer nicht mit am Tisch sass. Für die Schweiz waren neben Vertretern des Aussen- und Innendepartements auch Mitarbeitende des Bundesamts für Justiz und des Staatssekretariats für Wirtschaft dabei – nicht jedoch fünf Nichtregierungsorganisationen, wie zum Beispiel Amnesty International.

Weil das Treffen in Bern stattfand, sei die Schweiz für die Tagesordnung zuständig gewesen und hätte eigentlich auch Menschenrechtsorganisationen dabeihaben wollen, schreibt der «Tages-Anzeiger».

Kehrtwende nach chinesischem Veto?

Sie seien eingeladen gewesen, heisst es in einer Medienmitteilung von fünf NGO. Dann aber die Kehrtwende. «Diese Einladung wurde nach einem offenbar chinesischen Veto zurückgezogen», schreibt Amnesty.

Das Aussendepartement betont, es habe keine Vorbedingungen von China für die Durchführung des Dialogs gegeben. «Es war wichtig, nach fünf Jahren wieder einen Dialog durchzuführen», sagt Botschafter Simon Geissbühler zu Blick.

Das EDA hatte einen Austausch mit der Zivilgesellschaft vorgeschlagen. Das wäre eine Première gewesen. «China lehnte diesen jedoch ab», sagt Geissbühler. «Die meisten Punkte, welche die NGO in ihrer Kommunikation aber angesprochen haben, wurden in den Gesprächen von der Schweizer Delegation thematisiert. Wir stehen in ständigem Austausch mit den Menschenrechtsorganisationen.»

Den Menschenrechtsdialog gibt es schon seit 1991, wurde nach 2018 aber nicht mehr durchgeführt, weil die Schweiz Chinas Vorgehen gegen die Uiguren kritisiert hatte. Später wurde die Pandemie als Absagegrund genannt.

Chinesen dürfen Schweiz kritisieren

Beim Dialog mit den Chinesen sitzen sich die beiden Delegationen gegenüber und diskutieren miteinander über Menschenrechtsprobleme des jeweils anderen Staates, schreibt der «Tages-Anzeiger». Also dürfen auch die Chinesen der Schweiz Verfehlungen vorwerfen.

Bei den fünf Menschenrechtsorganisationen äussert man das Bedauern über die Absage. «Die chinesische Regierung hat eine seltene Gelegenheit verpasst, auch schwierige Gespräche über Menschenrechte zu führen», sagte Raphael Viana David vom International Service for Human Rights. (bro)

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