Der Ständerat kennt mit den Frauen kein Pardon: Das Frauenrentenalter soll auf 65 Jahre steigen. Für eine soziale Abfederung sollten neun Frauenjahrgänge einen Rentenzuschlag von bis zu 150 Franken monatlich erhalten. Das kostet rund 400 Millionen Franken jährlich. Zum Vergleich: Das höhere Frauenrentenalter spart der AHV-Kasse rund 1,4 Milliarden Franken jährlich.
Der ständerätliche Sparhammer geht selbst vielen bürgerlichen Nationalrätinnen und Nationalräten zu weit. Die nationalrätliche Sozialkommission schlägt deshalb ein auf den Bedarf fokussiertes Modell vor. Frauen mit tieferen Einkommen erhalten einen Rentenzuschlag von bis zu 150 Franken monatlich als Ausgleich, Besserverdienende bekommen noch 50 Franken zusätzlich. Und Frauen, die vor 65 in Pension gehen, soll die AHV-Rente weniger stark gekürzt werden.
Dieser Ausgleich gilt für eine Übergangsgeneration jener Frauen, die das Referenzalter in den ersten sechs Jahren nach Inkrafttreten der Reform erreichen. Kosten würde die Kompensation rund 600 Millionen Franken pro Jahr.
GLP-Mettler: «Frauen nicht verlieren»
Gewerkschaften und Linke laufen Sturm gegen das höhere Frauenrentenalter – das Referendum ist beschlossene Sache.
Der Blick auf die Volksabstimmung macht GLP-Nationalrätin Melanie Mettler (43, BE) Sorgen: «Wir müssen den Frauen einen fairen Ausgleich bieten, sonst verlieren wir sie an der Urne bis weit in die Mitte und ins bürgerliche Lager», sagt sie zu Blick. Das sei erst recht nötig, solange die Frauen in der zweiten Säule benachteiligt seien.
Der Vorschlag der Sozialkommission gehe zwar in die richtige Richtung, so Mettler. Doch sie fürchtet, dass der vorgesehene Ausgleich vielen Frauen nicht ausreicht. Sie bringt deshalb einen Kompromissvorschlag in die Debatte ein. Die Ausgleichs-Übergangsgeneration soll von sechs auf acht Jahre verlängert werden. Das würde schätzungsweise 200 Millionen Franken mehr kosten pro Jahr – also gut 800 Millionen. Damit will sie den AHV-Schock für die Frauen dämpfen.
Mettler warnt bürgerliche Ratskollegen
Mettler warnt ihre bürgerlichen Ratskollegen davor, bei der AHV-Reform zu knausern. «Im Parlament bringen wir eine bürgerliche Reform locker durch, nicht aber an der Urne», sagt sie. «Wir dürfen die Frauen nicht vor den Kopf stossen!»
200 Millionen Franken mehr würden den Braten nicht fett machen, dafür aber die Chancen in einer Volksabstimmung deutlich erhöhen, ist sie überzeugt. «Wie müssen die Frauen und die moderate Linke ins Boot holen, sonst scheitert die Reform. Und keine Reform ist die teuerste Variante. Das müssen wir unbedingt verhindern.»
Mehr zur AHV-Reform
SP-Meyer fordert Verbesserungen
Nächsten Mittwoch beugt sich die grosse Kammer über die AHV-Reform. Im Nationalrat darf Mettler auf Support der Linken hoffen. Zumindest dann, wenn ihr Antrag einer schlechteren Variante gegenüber steht, stehen doch verschiedene Minderheitsanträge im Raum.
«Wir stimmen grundsätzlich für jede Verbesserung der Vorlage», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (33). Selbst wenn dies die Chancen in der Volksabstimmung erhöhe. «Es ist nicht unsere Aufgabe, aus strategischen Überlegungen eine möglichst schlechte Vorlage zu produzieren.»
Doch sie macht klar: «Der GLP-Antrag reicht nicht, dass wir Frauenrentenalter 65 in Kauf nehmen.» Eine von den Bürgerlichen geprägte Reform werde auf jeden Fall bekämpft.
«Jede vierte Frau hat im Pensionsalter nur die AHV, jede zehnte Frau ist auf Ergänzungsleistungen angewiesen», betont Meyer. «Es braucht Verbesserungen für die Frauen – zum Beispiel eine 13. AHV-Rente.»
Mitte-Lohr denkt an Finanzen
Mitte-Nationalrat Christian Lohr (59, TG) geht der GLP-Antrag hingegen zu weit. «Es geht auch um die Ausfinanzierung der Ausgleichsmassnahmen», sagt er. «Wir können nicht einfach ein neues Kässeli aufmachen, wenn wir die AHV sanieren wollen.»
Allerdings geht er davon aus, dass es beim Hin und Her zwischen den Räten noch zu einem Entgegenkommen zugunsten der Frauen kommen wird. Mit Blick auf die Volksabstimmung betont er: «Wir müssen nicht nur die Frauen ins Boot holen, sondern auch die Männer im Boot halten.»