Die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) hat den ehemaligen Finanzminister Ueli Maurer (74) für sein Verhalten vor dem Untergang der Credit Suisse kritisiert. Der ehemalige Finanzminister habe seine Bundesratskollegen nur spärlich informiert und Geheimtreffen mit der CS organisiert – an der Krisenstruktur vorbei.
Bislang schwieg Maurer zu den Vorwürfen. Jetzt wehrt er sich. «Es war zu erwarten, dass man einen Sündenbock sucht. Dass ich der Sündenbock sein würde, war schon beim Auftrag der PUK und auch bei der Anhörung klar», sagt er im Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Der Auftrag der PUK sei von Anfang an auf ihn fokussiert gewesen. Dabei hätte man auch auf die Zeit vor der Zuspitzung der Krise und die internationale Dimension anschauen müssen.
Auf die Frage, ob es ihn verletzt, dass er im Bericht schlecht wegkomme, antwortet Maurer, er könne das nicht beurteilen, «weil ich ihn nicht gelesen habe».
«Ich würde es nochmals genau gleich machen»
Maurer sagt, er habe dem Bundesrat nichts verschwiegen, diesen «aber nur mündlich informiert». Er ist überzeugt, dass er richtig gehandelt hat. «Ich würde es nochmals genau gleich machen und die ganzen Vorwürfe der PUK liebend gern nochmals entgegennehmen. Es war nötig. Und es war richtig.»
Die Gefahr von Leaks sei gross gewesen: Er habe den Bundesrat immer über alles informiert, was er selbst wusste. «Allerdings nur mündlich, denn ich traue der Verwaltung nicht. Sobald Papiere da sind, geht etwas raus.» Hätten die Medien etwas mitbekommen, wäre die Gefahr eines Zusammenbruchs der CS «sehr gross» gewesen.
Dem Bundesrat hätte aber auch die Rechtsgrundlage zum Eingreifen gefehlt. «Was sollte der Bundesrat machen? Sollte er per Notrecht ein Gesetz erlassen, um eine Bank zu retten, die gar nicht vom Staat gerettet werden will? Und die kein Aufsichtsorgan mit staatlichen Mitteln retten will? Das ist völlig absurd, dass man das jetzt auftischt und nie hinterfragt.»
Nur mündliche Übergabe
Ein weiterer Vorwurf: Die Departementsübergabe an seine Nachfolgerin Karin Keller-Sutter (61) sei mangelhaft gewesen. «Dass die Departementsübergabe nicht optimal gelaufen ist, ist klar», sagte die Finanzministerin kürzlich im Gespräch mit Radio SRF.
Maurer sagt nun im «Tages-Anzeiger», er habe keine schriftlichen Unterlagen gehabt, die er hätte weitergeben können. «Frau Keller-Sutter habe ich empfohlen, sofort mit dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, der Finanzverwaltung, der Nationalbank und der Finma Kontakt aufzunehmen.»
Maurer verteidigt Geheimtreffen
Auch seine Geheimtreffen mit der CS verteidigt der ehemalige Finanzminister. «Ohne diese vorgängigen Gespräche im vertraulichen Rahmen wäre später eine Rettung schlicht und einfach nicht so schnell möglich gewesen.»
Er vertraue Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann, dass dieser gesagt habe, was er wusste. «Die CS hat die Lage wohl zu lange zu optimistisch beurteilt. Sie glaubten, die Situation mit der Strategie retten zu können, die sie Ende Oktober verkündet haben – vier Wochen zu spät», sagt er im «Tages-Anzeiger».
Noch im Dezember 2022 sagte Maurer öffentlich, man müsse die CS nun in Ruhe arbeiten lassen. Doch die Medien hätten «jeden Tagen neue Horrorszenarien beschrieben». Wegen der Unruhe hätten die CS-Investoren die Nerven verloren.
Er habe den Kontakt mit der Finanzmarktaufsicht Finma während seiner Amtszeit intensiviert, so Maurer. Die Finma brauche aber mehr Know-how: «Die Finma braucht noch besseres Personal, das auf Augenhöhe mit den Banken diskutieren kann, dann werden sie von den Bankmanagern auch ernst genommen. Heute ist die Finma für ambitionierte Fachleute wohl nicht attraktiv genug.»
Auch Maurer wurde betrieben
Die Folgen des CS-Crashs bekam auch Maurer selbst zu spüren. Enttäuschte CS-Aktionäre hätten den alt Bundesrat betrieben. «Ich musste jeweils Rechtsvorschlag erheben. Danach hat keiner weitergemacht.»
Im Nachhinein wäre Maurer während der CS-Rettung gerne Bundesrat gewesen. «Wenn ich gewusst hätte, dass das so kommt, wäre ich geblieben.»
Zwar hätte es Entscheide gegeben, die er anders gefällt hätte, doch welche das sind, verrät er im Interview nicht. «Das politische Alltagsgeschäft ist für mich nicht mehr wichtig.»