Leitartikel zum EU-Deal und zur CS-PUK
Jetzt ist von der Schweiz doppelte Souveränität gefragt

Was verbindet CS-PUK und EU-Deal? Was macht die Schweiz aus diesen beiden heissen Eisen? Alle Vor- und Nachteile des EU-Vertrags müssen nun auf den Tisch. Zweitens: Bern darf nicht zuschauen und das nächste Bankendebakel riskieren. Der Blick-Kommentar von Rolf Cavalli.
Publiziert: 00:21 Uhr
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Aktualisiert: 08:16 Uhr
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«Wir sind uns so nah»: EU-Präsidentin Ursula von der Leyen und Bundespräsidentin Viola Amherd gestern Freitag in Bern.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • CS-Aus und EU-Deal: Schweiz vor entscheidenden Wendepunkten
  • Bankenregulierung: Die Schweiz stellte sich bisher tot - und bekam Quittung
  • EU-Abkommen: Alle Schlüsselfragen jetzt ehrlich durchleuchten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Rolf CavalliStv. Chief Content Officer

Ist der gestrige Freitag ein Wendepunkt für die Schweiz? Der 569 Seiten schwere PUK-Bericht zum CS-Aus zeigt die Versäumnisse der Behörden und die Schwächen unseres Finanzsystems auf. Gleichzeitig präsentiert der Bundesrat das Abkommen, das unser Verhältnis zur EU neu regeln soll. Beide Themen kreisen um dieselbe Frage: Wie souverän und handlungsfähig ist unser Land wirklich?

Die Credit Suisse ist Geschichte. Die Notfusion mit der UBS hat einen Kollaps unseres Finanzsystems verhindert. Doch die PUK macht deutlich: Manager trieben die Bank mit Risiko, Machtgehabe und Gier in den Abgrund. Die Finanzaufsicht Finma? Zögerlich, kraftlos, ohne Durchsetzungskraft. Die Politik? Viel zu spät aufgewacht.

Lernt die Schweiz aus dem Bankendebakel?

Jetzt steht die UBS im Fokus – als Megabank mit einem Kapitalvolumen sechsmal so gross wie das Schweizer Bruttoinlandprodukt. Der PUK-Bericht fordert mehr Eigenkapital, geringere Risiken, schärfere Aufsicht. Aber er bleibt vage, wenn es darum geht, wie die Schweiz auf den potenziellen Kollaps einer systemrelevanten Bank vorbereitet sein soll.

Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit für die Politiker in Bern. Die Gefahr ist gross, dass sie das Thema auf die lange Bank schieben. Wir erinnern uns an die Finanz- und UBS-Krise 2008: Bald wurden den getroffenen Massnahmen wieder die Zähne gezogen. Wir erinnern uns ans Bankgeheimnis, das wegen Steuerhinterziehung unter Druck kam. Bern stellte sich tot. Letztlich waren es die USA, die die Schweiz zum Handeln zwangen. Wann wird die politische Schweiz endlich selbst aktiv?

EU-Vertrag zwischen Unabhängigkeit und Vernetzung

Auch bei der EU-Frage rückt die Stunde der Wahrheit näher. Das ausgehandelte Abkommen liegt endlich vor und kann konkret diskutiert werden. Drei Schlüsselfragen könnten matchentscheidend werden: Was bedeutet «dynamische Rechtsübernahme» für unsere direkte Demokratie? Wie viel Einfluss erhält Brüssel auf Schweizer Gesetze? Welche Folgen hat der Vertrag für Migration, Wirtschaft und Löhne?

Wer behauptet, die Schweiz fahre besser ganz ohne eine vertragliche Beziehung zur EU, streut den Menschen Sand in die Augen. Umgekehrt muss man der Bevölkerung nichts vormachen: Nichts ist umsonst zu haben – das gilt auch im Verhältnis Schweiz-EU.

Kein Deal ist perfekt. Vor- oder Nachteile müssen offen auf den Tisch. Am Ende zählt, ob die Schweiz insgesamt gewinnt – oder verliert.

Wohin steuert die Schweiz?

Bankenregulierung und EU-Abkommen – beide Dossiers sind Prüfsteine für die politische Reife der Schweiz. Entweder handeln die Politiker mit Weitsicht und Mut. Oder sie überlassen internationalen Institutionen und der EU das Spielfeld. Entweder sie klären die Bevölkerung ehrlich auf. Oder sie riskieren eine weitere verlorene Generation des Stillstands.

Entschlossenheit und Souveränität sind jetzt gefragt.

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