PUK-Präsidentin äussert sich zur Personalie Maurer
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Ist er der Hauptschuldige?PUK-Präsidentin äussert sich zur Personalie Maurer

Er mauerte, wo er konnte
Ueli Maurer verschwieg dem Bundesrat wichtige Infos

Finanzminister Ueli Maurer hatte in der CS-Krise eine zentrale Rolle. Seine Bundesratskollegen und -kolleginnen informierte er nur spärlich. Mit der CS organisierte er Geheimtreffen an der Krisenstruktur vorbei.
Publiziert: 20.12.2024 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2024 um 14:01 Uhr
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Ein Einzelkämpfer: Ueli Maurer hatte keine Lust, zu viele Informationen mit seinen Bundesratskollegen und -kolleginnen zu teilen.
Foto: IMAGO/Pond5 Images

Auf einen Blick

  • Ueli Maurer informierte unzureichend über CS-Krise, der Bundesrat kritisierte seine Informationspolitik
  • Maurer agierte als Einzelkämpfer und hielt Informationen zurück
  • Nur zwei Telefonate und ein Übergabetreffen zwischen Maurer und Keller-Sutter
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

Am 29. Dezember 2022 telefonierten Ueli Maurer (heute 74) und Karin Keller-Sutter (60) zum letzten Mal miteinander, bevor der SVP-Bundesrat aus dem Amt schied und das Finanzdepartement im noblen «Bernerhof» an seine Nachfolgerin übergab. Die Credit Suisse (CS) sei stabil, sagte Maurer der damaligen Justizministerin. Heute wissen wir: Das war mehr als beschönigend – es war kreuzfalsch.

Die harte Realität war: Die Grossbank bewegte sich nach den Weihnachtstagen am Rande des Abgrunds. Just an jenem Tag des Telefonats forderte die Finanzmarktaufsicht (Finma) die CS auf, bis Anfang Januar Vorbereitungen für einen Verkauf zu treffen. So prekär war die Lage.

Maurer vertraute seinen Kolleginnen nicht

Ueli Maurer wusste das. Als Finanzminister war der SVP-Bundesrat ab Herbst 2022 über alle relevanten Details informiert. Er war im Bild, dass am Zürcher Paradeplatz ein Kartenhaus stand, das bei einem weiteren halbwegs gröberen Luftstoss in sich zusammensacken könnte. Dass im Hintergrund vom Verkauf bis zur Abwicklung alle Szenarien aufgegleist und durchgespielt wurden. Das Schicksal der Bank war auch in seiner Hand.

Maurer schien sich damals entschieden zu haben, dass es am besten ist, wenn möglichst wenig Leute davon wissen. Er wurde zum Einzelkämpfer. Gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen mauerte Maurer, was den Zustand der Bank betraf. Er informierte, wenn überhaupt, nur lückenhaft über die Vorfälle.

Das hatte, zumindest aus der Sicht von Ueli Maurer, einen Grund: In der Corona-Zeit waren immer wieder wichtige Informationen an die Öffentlichkeit gelangt; im CS-Fall hätte jedes Leak und jedes Gerücht rund um die Grossbank zum endgültigen Todesstoss der CS werden können.

Die anderen Bundesräte und -rätinnen kritisierten Maurer

Doch für den Bundesrat war das ein Problem: Er konnte als Gremium die Führungsverantwortung nur eingeschränkt wahrnehmen. Die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) kam zum Schluss, dass Maurers Informationspolitik damals «zu wünschen übrig» liess.

Als es im Oktober 2022 bei der CS lichterloh brannte, gab es nur summarisch Informationen zum Abfluss der Dutzenden von Milliarden Kundengeldern. Erst am 2. November war die CS an einer Bundesratssitzung ausführlicher Thema. Eine kurzfristig angesagte Sondersitzung zwei Tage später blies Maurer wieder ab, danach liess der Informationsfluss erneut nach. Obwohl ihn die anderen Bundesräte schon damals dafür kritisierten. Schriftliches gab Maurer nicht ab, was Entscheide erschwert haben soll.

Maurer unterband Informationen für Keller-Sutter

Das Informationsdefizit bekam Karin Keller-Sutter besonders deutlich zu spüren: Es gab im Rahmen der Departementsübergabe gerade einmal zwei Telefonate und ein einziges Übergabetreffen zwischen ihr und Maurer, bei dem sie von ihm aber nichts Schriftliches zur Lage der CS erhielt.

Und der PUK-Bericht legt auch dies offen: Ueli Maurer unterband im Dezember 2022 in einigen Fällen, dass Spitzenbeamte oder Aufsichtsbehörden Keller-Sutter über die Lage der CS informierten oder ihr Dokumente abgaben. Obwohl es die Beamtinnen offenbar als dringend notwendig angesehen hätten, die FDP-Bundesrätin auf das einzustimmen, was kurz nach ihrem Amtsantritt zur grössten Bewährungsprobe ihrer Karriere wurde. Und was einen Flächenbrand auf den Finanzplätzen weltweit hätte auslösen können. Maurer bestritt dies gegenüber der PUK. Keller-Sutter habe keinen Termin gefunden, sagte er.

Weitere Alleingänge ohne Protokoll

Auch sonst war Ueli Maurer lieber Einzelkämpfer, wie der PUK-Bericht zeigt. Zwar gab es Krisengremien, doch unabhängig von diesen – und teils an ihnen vorbei – traf Maurer sich mehrfach in kleiner Runde mit dem damaligen Nationalbankpräsidenten Thomas Jordan (61) und dem CS-Verwaltungsratspräsidenten Axel Lehmann (65). Protokolliert wurde nichts, auch möglicherweise relevante Infos gelangten nicht an die Aufsichtsbehörden beim Bund, die die CS-Krise managen mussten.

Immerhin: Maurers Vorgehen scheint für die Schweiz auch Vorteile gehabt zu haben. So soll er für ein weiteres geheimes Treffen im Oktober 2022 beim UBS-Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher (67) angeklopft und den CS-Kauf angeregt haben.

Feindlich gegenüber Aufsicht, freundlich gegenüber Banken

Ueli Maurer fällt aber auch sonst auf im PUK-Bericht: Just ab seinem Amtsantritt wurde das Lobbying der Banken gegen das strenge Too-big-to-fail-Regime grösser, das unter seiner Vorgängerin Eveline Widmer-Schlumpf (68) aufgegleist worden war. Mit der neuen Regulierung sollte verhindert werden, dass Zusammenbrüche systemrelevanter Banken Volkswirtschaften bedrohen. Aus Sicht der Finanzmarktaufsicht nahm die Kritik an der Regulierung zu, der politische Druck auf die Behörde stieg aufgrund von Vorstössen im Parlament. Dies verzögerte die Regulierung, und die Argumente der Banken stiessen laut der Finma im Finanzdepartement auf mehr Gehör als früher.

Allerdings: Hier war Ueli Maurer beileibe kein Einzelkämpfer. Das geschah unter tatkräftiger Mithilfe, wenn nicht gar der Führung des Parlaments.

Insider-Bericht zum Untergang der CS

Es war ein Hochseilakt, den die Schweizer Behörden in jenen vier schicksalhaften Tagen vor einem Jahr vollbringen mussten: Der grösste Zusammenschluss in der Bankenwelt seit der Finanzkrise. Was geschah in diesen dramatischen 96 Stunden wirklich? Wie konnte die Credit Suisse in eine derartig epochale Schieflage geraten – ausgerechnet die Bank, die als eine der wenigen globalen Geldhäuser gestärkt aus der Finanzkrise gekommen war? Bilanz-Chefredaktor Dirk Schütz liefert mit diesem Buch ein erschütterndes Zeitdokument.
Alles dazu im Buch.

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