Grüne sehen rot
Bei den Grünen ist die Enttäuschung gross, dass die SP ihren Bundesratskandidaten Gerhard Andrey de facto fallengelassen hat. Das Verhältnis zum natürlichen Partner im linken Lager sei schon besser gewesen, heisst es bei den Grünen. «Es ist tragisch, dass die Sozis keine Eier zeigen!» Deutlich wird die Aargauer Grünen-Nationalrätin Irène Kälin: «Es ist schon sehr enttäuschend, dass gerade jene, die den ganzen Sommer darauf abzielten, die SVP-FDP-Mehrheit im Bundesrat aufzubrechen, bei der konkreten Gelegenheit dann doch auch nur daran interessiert sind, ihre eigene Macht zu erhalten – und damit die Macht der Bürgerlichen in der Regierung zementieren», lässt sie sich zitieren. Die SP predige Wasser – trinke dann doch auch Wein. «Das ist schwierig zu akzeptieren.»
GLP will Cassis nicht mit voller Kraft unterstützen
Wen will die GLP für die Bundesratswahlen empfehlen? Darüber informiert auch sie am Dienstagabend an einer einberufenen Pressekonferenz. Die Grünliberale Fraktionspräsidentin Corina Gredig sprach vor die Medien.
Fraktion werde keine Empfehlung abgeben, welcher der beiden SP-Kandidaten sie als Ersatz für Alain Berset vorschlagen. «Weil wir sie beide als wählbar erachten», sagte Gredig.
Für mehr Überraschung dürfte sorgen, dass die Grünliberalen beim zweiten Wahlgang nicht nur Cassis das Vertrauen aussprechen wollen, sondern auch dem Kandidaten der Grünen, Gerhard Andrey. Auf diese beiden Kandidaten würden Stimmen der Grünliberalen fallen, so Gredig. Gleichzeitig sagte sie aber auch, dass die Linke überverteten wäre, wenn die Grünen einen Sitz auf Kosten der FDP gewinnen würden.
Pult oder Jans – Mitte legt sich nicht fest
Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy und Parteichef Gerhard Pfister treten vor die Medien und empfehlen die beiden SP-Kandidaten zur Wahl. Die Mitte priorisiert offiziell keinen der beiden SP-Männer. Jedes Mitglied der Partei sei frei zu entscheiden, wen der beiden es als Ersatz für Alain Berset in den Bundesrat wähle, so Pfister.
Auch er sieht keine Anzeichen dafür, dass es am Mittwoch zu einer Überraschung kommen könnte. «Ich kenne keinen Geheimplan», sagt Pfister auf Nachfrage. Das Einzige, was heute Abend im Hotel Bellevue steigen werde, sei der Alkohol- und Lärmpegel. Dort findet traditionsgemäss am Vorabend der Bundesratswahl die sogenannte Nacht der langen Messer statt.
SVP will keinen wilden Kandidaten wählen
Die SVP hat bereits vergangene Woche die beiden SP-Kandidaten angehört. Nun teilt sie mit: Die grösste Partei will sich ans offizielle SP-Ticket halten und keinen amtierenden Bundesrat abwählen.
«Angesichts der unsicheren Weltlage, der internationalen Konflikte und der drohenden Wirtschaftskrise ist es umso wichtiger, dass die Schweiz ihre innenpolitische Stabilität nicht irgendwelchen Parteispielchen opfert», schreibt die Partei.
Die Zusage, einen von beiden offiziellen SP-Kandidaten zu wählen, gilt allerdings nur, «sofern sich die SP ihrerseits an die Konkordanz hält», schränkt die SVP ein. Das heisst: Wählen sie Grünen-Kandidat Gerhard Andrey statt FDP-Bundesrat Ignazio Cassis, könnte sich das rächen.
FC Nationalrat spielt ohne Pult
Der FC Nationalrat spielt heute Abend einen Match gegen die Winterthurer Verwaltung. Ausgetragen wird das Spiel im Wankdorf. Nun muss der Captain des FC Nationalrats, Lars Guggisberg (SVP), auf dem Rasen auf einen Spieler verzichten: Es ist SP-Bundesratskandidat Jon Pult.
Nach dem Hearing bei der Mitte gibt Pult dem Captain bekannt, dass er den Abend mit seiner Frau verbringen werde – und nicht auf dem Platz auflaufen wird. Ob ihm das bei der morgigen Wahl Punkte kosten wird, dass er seine Mannschaft wortwörtlich im Regen stehen lässt?
Guggisberg, politisch oft anderer Meinung als Pult, zeigt für Pults Entscheid Verständnis. Zudem seien im neuen Parlament neue Gesichter, die jetzt auf ihren ersten Einsatz für den FC Nationalrat hofften, sagt Guggisberg.
Pult und Jans habens geschafft
Geschafft! Nach Beat Jans hat auch Jon Pult das Hearing bei der Mitte hinter sich gebracht. «Es war sehr interessant», sagt er, als er aus dem Zimmer kommt. Ganz offensichtlich gab es mehr Diskussionsbedarf als bei seinem Kontrahenten: Das Hearing des Bündners dauerte über zehn Minuten länger als jenes von Jans.
Die Mitte wird sich nun auf eine Strategie für die morgigen Wahlen verständigen. Heute um 18 Uhr will die Fraktionsspitze informieren. Blick wird live von dem Point de Presse berichten.
Kurz angebundene SP-Kandidaten bei der Mitte
Jon Pult und Beat Jans haben heute ihr Bewerbungsgespräch bei der Mitte. Zuerst war Jans an der Reihe, er gab sich schweigsam nach dem Besuch und rauschte an der versammelten Medienschar vorbei. Wenig später verschwand Pult über den Seiteneingang zum Zimmer der Mittefraktion. Auch er hatte keine Zeit oder Lust, die Fragen der anwesenden Journalistinnen und Journalisten zu beantworten.
SP informiert am Mittwochmorgen über Strategie
Noch diskutieren die Genossen in Bundesbern, wie sie bei den morgigen Bundesratswahlen vorgehen wollen. Unterstützt man den Grünen-Kandidaten Gerhard Andrey oder nicht? Oder überlässt man den Entscheid ganz den einzelnen Fraktionsmitgliedern und gibt gar keine Empfehlung ab? Über den Kurznachrichtendienst X hat die SP mitgeteilt, dass sie erst am Mittwochmorgen früh über ihre Strategie informieren will.
Andrey: «Angenehmes Gespräch, werde SP-Sitz nicht angreifen»
45 Minuten waren angesagt, nach 30 war er wieder draussen. Ist das ein gutes Zeichen für Gerhard Andrey? Er selber sagt, das Hearing bei der SP-Fraktion sei angenehm gewesen. Und macht noch einmal klar: «Ich werde den SP-Sitz nicht angreifen, das habe ich auch entspreched gesagt.»
Vorbereitungen laufen auf Hochtouren
Der Countdown läuft. Eben haben in Bern die letzten Hearings begonnen. Dass morgen Bundesratswahl ist, lässt sich auch vor dem Bundeshaus beobachten. Der SRG-Tross hat sich vor dem Gebäude aufgereiht, die Vorbereitungen für den Showdown morgen laufen auf Hochtouren.
Wer wird Nachfolger von Alain Berset (51)? Am 13. Dezember entscheidet das Parlament. Zuvor müssen sich die Kandidaten bei sogenannten Hearings den anderen Fraktionen und Interessengruppen wie zum Beispiel den Bauern bewähren.
Die SP stellt für die Berset-Nachfolge zwei Kandidaten.
Beat Jans (59)
Beat Jans ist Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt. Der Sohn einer Verkäuferin und eines Metallbauschlossers konnte einst dank Stipendien an der ETH Umweltwissenschaften studieren. Zuerst hatte er nach der Matur aber eine Bauernlehre gemacht. Zum ausführlichen Porträt.
Jon Pult (39)
Jon Pult hat eine Vorzeige-Politkarriere hinter sich. Als 19-Jähriger wurde er ins Churer Stadtparlament gewählt, mit 24 übernimmt er das Präsidium der SP Graubünden, mit 26 politisiert er im Bündner Grossrat, mit 29 Jahren wird er Präsident der Alpeninitiative. Sechs Jahre später wechselt er in den Nationalrat. Mit 36 Jahren macht ihn die SP Schweiz zu ihrem Vizepräsidenten. In der grossen Kammer präsidiert er mittlerweile die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Zum ausführlichen Porträt.
Schafft Andrey die Sensation?
Die Grünen wollen mit Gerhard Andrey (47) der FDP einen Sitz abluchsen. Seine Chancen sind gering. Bislang sagen die Parteispitzen, man wähle keine bisherigen Bundesräte ab.
Falls sich die Mitglieder der grossen Fraktionen an diese Vorgabe halten, bleibt die Kandidatur von Andrey eine Fussnote der Geschichte. Es wäre nur ein weiterer Versuch der Grünen, in den Bundesrat zu kommen.
Wer wird neuer Bundeskanzler?
Und ganz am Schluss des Wahltags wählt das Parlament den «achten Bundesrat» neu. Es geht um die Nachfolge von Walter Thurnherr (60, Mitte) als Bundeskanzler. Das Rennen ist hier sehr offen.
Drei der vier Bundesratsparteien verzichteten im Vorfeld auf eine Kandidatur. Auch die Mitte, die nicht nur mit Thurnherr, sondern zuvor auch mit Corina Casanova (67) das Kanzler-Amt besetzte, erhebt keinen Anspruch mehr darauf. Mittelfristig strebt die Mitte dafür einen zweiten Bundesratssitz an.
Im Rennen ums Bundeskanzler-Amt sind zurzeit die zwei SVP-Vorschläge Gabriel Lüchinger (46) und Nathalie Goumaz (58) sowie der GLP-Kandidat und heutige Vizekanzler Viktor Rossi (55). Auch der Parteilose Lukas Gresch-Brunner (51), heute Generalsekretär des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), will Thurnherrs Nachfolge antreten. (bro/SDA)