Nach Hin und Her um zweiten FDP-Sitz
So könnten die Bundesratswahlen doch noch spannend werden

Der Wackelkandidat im Bundesrat heisst Ignazio Cassis. Sollte der Angriff der Grünen auf seinen FDP-Sitz weniger aussichtslos ausfallen, als erwartet, bringt das Pfeffer in die Wahlen.
Publiziert: 03.12.2023 um 16:31 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2023 um 10:18 Uhr
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Beat Jans (l.) und Jon Pult wollen Bundesrat werden.
Foto: keystone-sda.ch

Wer wird Nachfolger von Alain Berset (51) im Bundesrat? Ein SP-Mitglied, so viel scheint festzustehen. Bleibt der Angriff der Grünen auf einen FDP-Sitz chancenlos? Aller Voraussicht nach schon. Und wird die Mitte ihren Anspruch auf den zweiten Bundesratssitz tatsächlich noch nicht geltend machen? Davon ist auszugehen. Doch eigentlich weiss man erst am Wahltag, was Sache ist.

Am 13. Dezember nämlich, bei den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats, aber auch der Ersatzwahl für den abtretenden SP-Bundesrat Berset. Ausser Berset stellen sich die übrigen sechs Regierungsmitglieder alle zur Wiederwahl. Der zweite SP-Sitz ist rechnerisch unumstritten. Schliesslich bilden die Genossen hinter der SVP die zweitstärkste Partei im Land.

Mit dem Bündner Nationalrat Jon Pult (39) und dem Basler Regierungspräsidenten Beat Jans (59) schicken die Sozialdemokraten zwei Kandidaten ins Rennen. Bleiben parteipolitische Spielchen aus, wird einer der beiden Berset beerben.

Nur eine Fussnote?

Spannender wird es dann, wenn vor der Ersatzwahl für Berset – sie findet am Schluss der Gesamterneuerung statt – eine unkontrollierbare Dynamik entstünde. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn der Angriff der Grünen auf einen FDP-Sitz – wohl der von Ignazio Cassis (62) – von vielen Wählenden der Vereinigten Bundesversammlung unterstützt würde. Oder wenn plötzlich eine inoffizielle Mitte-Kandidatur den Sitz von FDP-Aussenminister Cassis strittig machte. Nur eben: Bislang sagen die Parteispitzen, man wähle keine bisherigen Bundesräte ab.

Falls sich die Mitglieder der grossen Fraktionen an diese Vorgabe halten, bleibt die Kandidatur des Freiburger Grünen-Nationalrats Gerhard Andrey (47) eine Fussnote der Geschichte. Es wäre nur ein weiterer Versuch der Grünen, in den Bundesrat zu kommen.

Wieder Jositsch?

Weil die Wahlen geheim sind, ist nicht ersichtlich, wer von wem Stimmen erhält. Das macht den Wahltag zuweilen unberechenbar. Auch wenn die meisten Fraktionen vor den Wahlen ihre Präferenzen öffentlich bekannt geben – niemand muss sich daran halten.

Als es vor einem Jahr um die Nachfolge von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (63) ging, waren Eva Herzog (61) und Elisabeth Baume-Schneider (59) als offizielle SP-Kandidatinnen gesetzt. SP-Ständerat Daniel Jositsch (58) erhielt dennoch 58 Stimmen. Auch dieses Mal wird spekuliert, dass einige Bürgerliche ihre Unzufriedenheit über das offizielle SP-Ticket ausdrücken und Jositsch auf den Zettel schreiben werden.

Schliesslich hat sich SVP-Vordenker Christoph Blocher (83) in seiner Videoserie Teleblocher dafür ausgesprochen, einen wilden SP-Kandidaten auf den Wahlzettel zu schreiben.

Pult und Jans in den Hearings

Von den Fraktionen zu Hearings eingeladen werden als Berset-Nachfolger aber nur Jans und Pult. Und sie werden am Montag vor der Konferenz der bäuerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentarier auftreten, einem Gremium der in der Bundesversammlung wichtigen Landwirte. Baume-Schneider holte vor Jahresfrist dem Vernehmen nach vor allem viele Stimmen von bauernnahen Vertreterinnen und Vertretern – und schaffte so die Überraschung gegen Herzog, die in den Hearings aber auch eher «kühl» herübergekommen sei, wie Parlamentsmitglieder berichteten.

Am Dienstag folgen dann die ersten Hearings bei den Parlamentsfraktionen. Jans und Pult werden von der SVP, der FDP, den Grünen und den Grünliberalen angehört. Eine Woche später folgt der Auftritt bei der Mitte-Fraktion. Andrey wird derweil nur am Dienstag von der GLP und eine Woche später von der SP angehört.

Neuer Kanzler wird gewählt

Am Wahltag, dem 13. Dezember, wählen die National- und Ständeräte neben der siebenköpfigen Landesregierung auch den «achten Bundesrat» neu. Es geht um die Nachfolge von Walter Thurnherr (60, Mitte) als Bundeskanzler. Das Rennen ist hier sehr offen.

Drei der vier Bundesratsparteien verzichteten im Vorfeld auf eine Kandidatur. Auch die Mitte, die nicht nur mit Thurnherr, sondern zuvor auch mit Corina Casanova (67) das Kanzler-Amt besetzte, erhebt keinen Anspruch mehr darauf. Mittelfristig strebt die Mitte dafür einen zweiten Bundesratssitz an.

Im Rennen ums Bundeskanzler-Amt sind zurzeit die zwei SVP-Vorschläge Gabriel Lüchinger (46) und Nathalie Goumaz (58) sowie der GLP-Kandidat und heutige Vizekanzler Viktor Rossi (55). Auch der Parteilose Lukas Gresch-Brunner, heute Generalsekretär des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), will Thurnherrs Nachfolge antreten.

Die Fraktionen werden diese Kandidierenden ebenfalls in den nächsten zehn Tagen anhören. (SDA/pt)

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