Plötzlich kommt Hektik auf in der Brasserie Federal am Hauptbahnhof Zürich. Jon Pult (39) kommt vom Fotoshooting in der Bahnhofshalle, er sucht seinen Rucksack, wird kurz nervös. «Mein ganzes Leben ist da drin!», sagt er. Aber: Fehlalarm! Es ist gleich Mittag, die Hütte entsprechend voll. Das SRF-Team, das ihn begleitet, musste den Tisch wechseln und hat Pults Gepäck woanders deponiert. Happy End.
Zu einem glücklichen Ende kam es für Pult auch am vergangenen Samstag. Seine SP hievte ihn, gemeinsam mit dem Basler Beat Jans (59), aufs Bundesratsticket. Damit sind die beiden offiziell SP-Kandidaten für die Wahl zur Nachfolge des abtretenden Bundesrat Alain Berset (51).
Blick: Herr Pult, man wird nicht jeden Tag zum Bundesratskandidaten nominiert. Wie hat sich das vergangenen Samstag angefühlt?
Jon Pult: Es war Nervenkitzel pur. Ich freue mich wahnsinnig über die Nominierung und bin dankbar, als offizieller Bundesratskandidat der SP antreten zu dürfen.
Jetzt geht es erst richtig los. In anderthalb Wochen ist die Wahl. Steigt der Druck auf Sie?
Ich habe gute Nerven und bin stressresistent. Und Bundesrat ist ein Job mit viel Druck und Stress. Deshalb will ich nicht jammern. Aber klar: Ich brauche auch ab und zu eine kurze Auszeit – ein bisschen den Kopf lüften, ein bisschen Sport treiben, Stress abbauen, entspannen. Zumindest habe ich bis jetzt immer gut geschlafen.
Sie müssen nun die anderen Fraktionen von sich überzeugen. Wie gehen Sie das an?
Wir müssen einen neuen Zusammenhalt schaffen. Das wird in den nächsten Jahren eine der wichtigsten Aufgaben der Politik im Allgemeinen und des Bundesrates im Besonderen sein. Das ist meine Botschaft. Kommt hinzu: Ich werde mich in den Hearings nicht verbiegen. Nicht mit plötzlichen Positionswechseln gefallen wollen. Und mich auch nicht grösser machen, als ich bin.
In Bern hört man allerdings genau diese Vorwürfe: Seit Sie als Kandidat im Gespräch sind, würden Sie sich verbiegen und anbiedern.
Ich bin mir bewusst, dass ich als Bundesrat eine ganz andere Rolle hätte als jetzt. Das versuche ich zu zeigen, damit man mir diesen Rollenwechsel auch zutraut. Aber inhaltlich habe ich mich nie angepasst. Kurz: Ich bin einfach, wer ich bin, und hoffe, dass das überzeugt.
Nur, wer ist eigentlich dieser Jon Pult, geboren 1984 in Scuol GR als schweizerisch-italienischer Doppelbürger, dreisprachig aufgewachsen in Guarda, Mailand, Domat/Ems und Chur, verheiratet mit der Journalistin Sara, kinderlos, von Beruf Strategie- und Kommunikationsberater, seit 20 Jahren in der Politik? Der Mann, der sich nun anschickt, neuer SP-Bundesrat zu werden? Kennen wir ihn?
Die Antwort ist leicht und schwierig zugleich. Leicht, weil öffentliche Figuren wie Politiker Pult einem im Laufe der Jahre regelmässig begegnen. Der Bündner wurde bereits als Lokalpolitiker früh auf der nationalen Bühne gehypt: als begnadeter Rhetoriker, als eines der grössten Politiktalente der Sozialdemokraten, als künftiger Bundesrat.
Vorzeige Polit-Karriere
Pult legt denn auch eine Bilderbuch-Polit-Karriere hin: 2004 Einstieg in die Politik, als er, 19-jährig, ins Churer Stadtparlament gewählt wird. Mit 24 übernimmt er das Präsidium der SP Graubünden, mit 26 politisiert er im Bündner Grossrat, mit 29 Jahren wird er Präsident der Alpeninitiative.
Sechs Jahre später wechselt er – im dritten Anlauf – als Nationalrat ins eidgenössische Parlament. Mit 36 Jahren macht ihn die SP Schweiz zu ihrem Vizepräsidenten. In der grossen Kammer präsidiert er mittlerweile die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Und nun, mit 39 Jahren, wird Pult vielleicht Bundesrat.
Sie wären der jüngste Bundesrat. Warum trauen Sie sich dieses Amt zu?
Ich bin im richtigen Alter, bin voller Energie und habe Lust und Gestaltungswillen. Ich traue mir zu, ein Departement zu führen. Und als Teamplayer mit den anderen sechs Mitgliedern des Bundesrates eine positive Rolle in der Schweizer Politik zu spielen.
Was würden Sie als Vertreter einer jungen Generation in den Bundesrat einbringen?
Als Midager habe ich einen anderen Blick auf die Welt, die Schweiz, auf unsere Herausforderungen. Zwei Themen sind mir besonders wichtig: die Klimakrise sowie die grossen technischen und gesellschaftlichen Veränderungen.
Sollten Sie gewählt werden, müssten Sie allenfalls das Innendepartement. also das EDI, übernehmen. Wir erinnern uns an das Fax-Fiasko während der Corona-Pandemie. Haben Sie jemals ein Faxgerät bedient?
Noch nie. Ich hoffe, dass ich das im EDI auch nicht tun müsste. Das Thema Digitalisierung ist eine Priorität, die wir vorantreiben müssen. Hier kann ich als Millenial einen direkteren Bezug herstellen und auch die entsprechenden Perspektiven einbringen.
Pragmatismus. Vernunft. Führungsstärke. Verlässlichkeit. Talent. Das sind Schlüsselworte, die man hört, spricht man mit anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern über Pult.
Eigenschaften, die ihm 2017 auch zu seinem grössten Erfolg im Heimatkanton verholfen haben. Damals hatten SP und Grüne unter Pults Führung kantonale Pläne für Olympische Winterspiele an der Urne versenkt – gegen das Engagement der anderen Parteien und der Wirtschaftsverbände.
Brückenbauer mit Stammtischkompetenz
Wer also ist Jon Pult? Die Antwort auf diese Frage ist auch schwierig. Weil man eben nicht alles sieht, selbst wenn jemand in der Öffentlichkeit steht. Und weil der Politiker Jon Pult eine dicke Mauer um die Privatperson Jon Pult gezogen hat. Was er preisgibt, ist sorgfältig verlesen: dass er gern reist, isst, liest, im Wald joggen geht, gelegentlich eine Zigarette raucht, in der Beiz sitzt und zuhört.
Jon Pult geniesst den Ruf, eine ausgesprochene Stammtischkompetenz zu haben. Obwohl er keinen eigentlichen Stammtisch hat, ist er immer wieder einmal in der Beiz. In Bern, Chur, im Engadin oder in Mailand. Weil er an jedem Tisch mit den Menschen reden kann. «Miteinander reden heisst zuhören, verstehen – und selber verständlich sein. So baut man Brücken zueinander», sagt Pult.
Um das zu unterstreichen, begrüsst Pult einen Tessiner Politiker, der eben in die Brasserie Federal spaziert ist, wechselt sofort ins Italienische, «Ciao, come stai», ein Schulterklopfen, ein kurzer Schwatz. So baut man Brücken.
Dann packt er seinen Rucksack, sein Leben, er muss weiter – zum nächsten Interview.
Blick: Sie sind in Graubünden aufgewachsen. Haben als Kind in Italien gelebt, sprechen Rätoromanisch, Italienisch, Deutsch. Was ist Ihre Heimat?
Jon Pult: Graubünden. Ich bin mehrheitlich in Chur aufgewachsen, wohne immer noch dort, fühle mich in Graubünden zu Hause. Gleichzeitig lebe ich auch in Bern. Ich fühle mich überall zu Hause, in der Schweiz und in Europa. Ich bin ein europäischer Bündner. Aber als Politiker stehe ich zu 100 Prozent für die ganze Schweiz ein.
Wo und wann kommen Ihnen die besten Ideen?
Unter der Dusche oder beim Joggen im Wald.
Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?
Ich hatte zwei: Als kleiner Junge wollte ich Polizist werden. Etwas später Pop- oder Rocksänger. Jetzt bin ich Politiker. Ich weiss nicht, ob das eine Mischung aus beiden Wünschen ist (lacht).
Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Meinen ersten Arbeitsvertrag hatte ich mit 15 oder 14 Jahren bekommen. Da habe ich zusammen mit einem Kollegen in einem Quartier in Chur Werbung ausgetragen.
Welche Arbeiten im Haushalt erledigen Sie selbst?
Ein bisschen alles. Meine Frau und ich haben keine klare Trennung. Was ich aber sicher oft mache, ist das Aufräumen nach dem Essen. Bei uns gilt die Regel, wer kocht, muss nicht aufräumen. Und da meine Frau etwas mehr kocht, muss ich entsprechend mehr aufräumen.
Woran scheitern Sie oft?
Daran, dass ich nicht oft genug Sport treibe. Mein Ziel wäre eigentlich, dreimal die Woche joggen zu gehen und zu Hause Gymnastik zu machen. Das schaffe ich im Moment leider nicht.
Haben Sie ein heimliches Laster?
Leider rauche ich hie und da. Aber das versuche ich einzuschränken, denn es ist wirklich ungesund und man merkt es auch.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Eigentlich habe ich kein Lieblingsessen. Aber Gnocchi mag ich sehr gerne.
Interview: Tobias Ochsenbein
Blick: Sie sind in Graubünden aufgewachsen. Haben als Kind in Italien gelebt, sprechen Rätoromanisch, Italienisch, Deutsch. Was ist Ihre Heimat?
Jon Pult: Graubünden. Ich bin mehrheitlich in Chur aufgewachsen, wohne immer noch dort, fühle mich in Graubünden zu Hause. Gleichzeitig lebe ich auch in Bern. Ich fühle mich überall zu Hause, in der Schweiz und in Europa. Ich bin ein europäischer Bündner. Aber als Politiker stehe ich zu 100 Prozent für die ganze Schweiz ein.
Wo und wann kommen Ihnen die besten Ideen?
Unter der Dusche oder beim Joggen im Wald.
Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?
Ich hatte zwei: Als kleiner Junge wollte ich Polizist werden. Etwas später Pop- oder Rocksänger. Jetzt bin ich Politiker. Ich weiss nicht, ob das eine Mischung aus beiden Wünschen ist (lacht).
Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Meinen ersten Arbeitsvertrag hatte ich mit 15 oder 14 Jahren bekommen. Da habe ich zusammen mit einem Kollegen in einem Quartier in Chur Werbung ausgetragen.
Welche Arbeiten im Haushalt erledigen Sie selbst?
Ein bisschen alles. Meine Frau und ich haben keine klare Trennung. Was ich aber sicher oft mache, ist das Aufräumen nach dem Essen. Bei uns gilt die Regel, wer kocht, muss nicht aufräumen. Und da meine Frau etwas mehr kocht, muss ich entsprechend mehr aufräumen.
Woran scheitern Sie oft?
Daran, dass ich nicht oft genug Sport treibe. Mein Ziel wäre eigentlich, dreimal die Woche joggen zu gehen und zu Hause Gymnastik zu machen. Das schaffe ich im Moment leider nicht.
Haben Sie ein heimliches Laster?
Leider rauche ich hie und da. Aber das versuche ich einzuschränken, denn es ist wirklich ungesund und man merkt es auch.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Eigentlich habe ich kein Lieblingsessen. Aber Gnocchi mag ich sehr gerne.
Interview: Tobias Ochsenbein