Auf den Intensivstationen der Spitäler bleibt die Corona-Lage heikel. Die kritische Schwelle von 300 Covid-Patienten in den Intensivbetten liegt in Griffnähe. Am Dienstag vermeldete das Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG) rund 270 Covid-Intensivpatienten, die gut ein Drittel der Bettenkapazität beanspruchen. Das heisst: In vielen Spitälern werden nicht-dringliche Eingriffe bereits wieder umgeplant oder auf später verschoben.
Mit Blick auf die Corona-Lage sprach Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit am Dienstag vor den Medien von einer Stagnation bezüglich Neuansteckungen und Spitaleinweisungen – allerdings auf einem relativ hohen Niveau. Die Situation bleibe aber angespannt, da die weitere Entwicklung ungewiss sei und von verschiedenen Faktoren abhänge.
Nur kurze Beruhigung?
Die Berner Kantonsärztin Linda Nartey mochte jedenfalls noch keine Entwarnung geben. Man habe nun ein Zwischenplateau erreicht. «Vielleicht erleben wir eine kurze Beruhigung», sagte sie. Doch die Erfahrung zeige, dass die Ansteckungen mit der kälteren Jahreszeit wieder steigen dürften.
Das macht ihr mit Blick auf die Spitäler Sorgen, denn die Belastung bleibe weiterhin hoch. «Es können nicht einfach so mehr Intensivplätze geöffnet werden, es fehlt das Fachpersonal dazu», machte Nartey klar. Man dürfe die Situation nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn: «Das Virus kann noch viel Schaden anrichten.»
Höheres Risiko für Ungeimpfte
Das einfachste Mittel gegen die Pandemie bleibt die Impfung. «Das Risiko der Nichtgeimpften ist höher», betonte Masserey. Die Hälfte der nichtgeimpften Covid-Patienten im Spital sei jünger als 53 Jahre. Ebenfalls die Hälfte der ungeimpften Covid-Patienten würden auch keine Vorerkrankungen aufweisen. «Es sind viele Jüngere im Spital, die keine chronische Krankheiten oder sonstige Risikofaktoren haben.»
Für sie ist daher klar: «Man muss sich impfen lassen, auch wenn man jünger und gesund ist.» So könne man es vermeiden, auf die Intensivstation zu kommen und so eine Überlastung der Spitäler verhindern.
Ruf nach Einreisequarantäne
Angesichts der verschärften Situation wird bereits der Ruf nach einer Wiedereinführung der Einreisequarantäne laut – zumindest für Risikoländer. So verlangt FDP-Ständerat Josef Dittli ein «verschärftes Einreiseregime». Und mehrere Kantone wollen die Einreisequarantäne wieder einführen.
Der Bund diskutiere laufend Möglichkeiten, wie sich eine weitere Einschleppung des Coronavirus vermindern lasse, sagte Virginie Masserey dazu. «Am besten ist es, sich vor der Abreise impfen und nach der Rückkehr testen zu lassen.» Zudem solle man sich über die Situation im Ferienland informieren und entsprechende Vorsichtsmassnahmen treffen. Man solle ebenso berücksichtigen, dass die Behandlungsmöglichkeiten in gewissen Ländern nicht genügend seien. «Es mussten Leute zurückgeführt werden», meinte sie Blick auf die Repatriierungsflüge beispielsweise der Rega.
Zertifikat-Ausweitung «macht Sinn»
Was die vom Bundesrat aufgegleiste Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht betrifft, liess sich Masserey nicht auf die Äste hinaus. Die Beurteilung, ob es weitere Massnahmen brauche, sei schwierig. «Man muss die Dynamik und die Entwicklung der Zahlen berücksichtigen», so Masserey. Ausschlaggebend sei die Auslastung der Spitäler. Wann man von einer nationalen Überlastung der Kapazitäten sprechen könne, liess Masserey derweil offen. «Jede Welle ist anders.»
Am Mittwoch entscheidet der Bundesrat über das Geschäft. Die erweiterte Covid-Zertifikatspflicht stösst aber weitherum auf Zustimmung, wie die Konsultation bei Kantonen und Sozialpartnern zeigt. Auch Kantonsärztin Nartey steht dem Vorschlag positiv gegenüber. Die Ausweitung mache Sinn, da nicht alle mit der Giesskanne eingeschränkt würden.
Kantone, die eher für eine Verschärfung sind: AI, AG, AR, BL, BS, FR, GR, JU, SO, SG, TG, ZH, VS, VD
Kantone, die eher gegen eine Verschärfung sind: LU, NE, NW, OW, ZG
Kantone, die sich noch nicht geäussert haben: GL, UR, SH, SZ, BE, TI, GE
Kantone, die eher für eine Verschärfung sind: AI, AG, AR, BL, BS, FR, GR, JU, SO, SG, TG, ZH, VS, VD
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Kantone, die sich noch nicht geäussert haben: GL, UR, SH, SZ, BE, TI, GE