Bis im Sommer soll geimpft sein, wer sich impfen lassen will! Das verspricht Nora Kronig (40), Vizedirektorin des Bundesamt für Gesundheit, im BLICK-Interview. Aktuell schätzt sie die Zahl der Geimpften schweizweit auf rund 66'000 Personen, wie sie am Donnerstag an einer Medienkonferenz erklärt hat – eine genauere Statistik soll nächste Woche folgen.
Je mehr Menschen sich impfen lassen, umso dringlicher stellt sich die Frage, ob Geimpfte rascher Zugang zu Sport- und Kulturveranstaltungen erhalten sollen. Oder ob Beizer und Fitnesszenter Nicht-Geimpfte aussperren dürfen, um ihre Kundschaft zu schützen.
Der Bund ging bisher davon aus, dass private Unternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Vertragsfreiheit einen gewissen Spielraum nutzen und Nicht-Geimpfte aussperren können. Anderer Ansicht ist Datenschützer Adrian Lobsiger (61): «Ich bin der Meinung, dass das gegen das Datenschutzgesetz verstossen würde», sagte er im BLICK-Interview. Und regte an, rasch klare Regeln zu schaffen, um ein Wirrwarr zu verhindern.
Mitte-Hess für Impf-Privilegien
Der Bund arbeitet derzeit an einer Auslegeordnung, die dem Bundesrat unterbreitet werden soll. Doch jetzt kommt auch im Parlament Bewegung in die Sache. Die nationalrätliche Gesundheitskommission befasst sich am Freitag mit der Thematik.
Der Berner Mitte-Nationalrat Lorenz Hess hat nämlich einen Antrag eingereicht, mit welchem er rasch Klarheit schaffen will, unter welchen Umständen eine Impfung als Zugangsticket gilt. «Der Bundesrat muss eine gesetzliche Grundlage erarbeiten, welche es privaten Anbietern – etwa in Kultur, Sport oder Freizeit – erlaubt, in ihr Schutzkonzept ein Impfattest ihrer Kunden aufzunehmen», sagt Hess zu BLICK. «Natürlich unter Wahrung des Daten- und Persönlichkeitsschutzes.»
Bis zum Ende des Lockdowns – also voraussichtlich Ende Februar – müsse diese Frage geklärt sein, findet Hess. «Wenn es zu wieder Lockerungen kommt, müssen die stark betroffenen Branchen die Chance haben, mit einem guten Schutzkonzept früher wieder aktiv zu werden.»
Damit werde auch die Motivation grösser, sich impfen zu lassen. Für die Anbieter soll eine solche Regelung aber freiwillig sein, betont Hess. «Ich fordere nicht eine Impfpflicht für Anlässe. Mit klaren Regeln verhindern wir aber ein ‹Gschtürm›!»
Eine Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften nimmt Hess in Kauf – das gehöre nun mal zur Vertragsfreiheit der Privaten. «Ich war früher Türsteher in Bern – da durfte ich nur jene mit Kittel reinlassen, und jene mit Turnschuhen hatten keine Chance», sagt er. Der Mitte-Politiker hofft nun, dass sein Antrag als Kommissionsmotion übernommen wird.
SP-Feri will Diskriminierung verhindern
Sein Ansinnen stösst allerdings auf Widerstand. Denn auch die SP hat sich mit der Impfpass-Problematik befasst und will diskriminierende Regelungen im privatrechtlichen Bereich verhindern. Die Federführung liegt dabei bei SP-Nationalrätin Yvonne Feri (54). «Der Bund muss eine Diskriminierung von Nicht-Geimpften verbieten», sagt sie.
Wenn nicht, drohe ein «indirekter Impfzwang». Dann müsse zumindest geklärt werden, wie dieser konkret aussehe und wie man sich auszuweisen habe.
«Wenn Herr Meier mit seinen zwei jüngeren Kindern in ein Restaurant geht, welches nur geimpfte Personen aufnimmt, muss doch klar sein, wie die Kids behandelt werden – Kinder werden ja vorerst nicht geimpft», macht die Aargauerin ein Beispiel. Heikel sei eine Ungleichbehandlung auch, wenn sich jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen könne oder sich jemand aus ethischen Gründen nicht impfen lassen wolle. «Und was ist, wenn ich mich zwar impfen lassen möchte, aber noch keine Impfung erhalten habe?»
Feri will nun die rechtlichen Ausführungen und die politische Diskussion in der Kommission abwarten. Je nach Ausgang der Debatte will sie entsprechende Anträge stellen.