Benjamin Netanyahu (71) kam als Erster dran
Darum ist Israel beim Impfen so viel schneller als wir

Die Impfkampagne läuft in Israel gerade einmal seit zwei Wochen – und bereits haben über eine Million Menschen die erste Dosis gegen das Coronavirus erhalten. Wie geht das?
Publiziert: 31.12.2020 um 09:58 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2021 um 22:12 Uhr
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In Israel sind schon über 600'000 Personen geimpft.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Als erste Person in Israel liess sich Premierminister Benjamin Netanyahu (71) die Spritze geben. Das Fernsehen übertrug den Piks am 19. Dezember live im Fernsehen.

Knapp zwei Wochen später haben bereits rund eine Million Israelis eine erste Impfdosis gegen das Coronavirus erhalten, das ist über zehn Prozent der Bevölkerung. Während in Luzern nicht mehr als 50 Personen pro Tag geimpft werden und in anderen Kantonen die Impfzentren noch gar nicht offen sind, schaltet Israel in den Turbogang. Das Ziel von 150'000 Impfungen pro Tag hat man bereits übertroffen. Schon im März sollen 60 Prozent der Bevölkerung geimpft sein.

Viel mehr Pfizer-Impfdosen bestellt

Das Tempo, mit dem Israel die Bevölkerung durchimpft, lässt im Ausland aufhorchen. Doch was macht Israel anders, dass es dermassen weit voraus ist? Allein die Tatsache, dass das Land relativ klein ist und die Logistik damit einfacher, reicht als Erklärung nicht aus – schliesslich ist die Schweiz, was die Bevölkerungszahl betrifft, noch kleiner.

Israel hat relativ zur Bevölkerung ähnlich viele Impfdosen bestellt wie die Schweiz, unter anderem ebenfalls bei den Herstellern Pfizer/Biontech und Moderna. Allerdings: Vom Impfstoff von Pfizer/Biontech, der bis jetzt als einziger in beiden Ländern zugelassen worden ist, hat Israel acht Millionen Dosen geordert – die Schweiz nur drei Millionen.

Netanyahu persönlich telefonierte herum

Zudem, und das ist zentral, konnte sich Israel eine sehr frühe Lieferung sichern, wie Rasmus Bech Hansen sagt, CEO von Airfinity, einem britischen Analyseinstitut für den Gesundheitssektor. Die ersten Dosen sind bereits am 9. Dezember geliefert worden – noch bevor die israelische Gesundheitsbehörde den Impfstoff überhaupt zugelassen hatte.

Hilfreich dabei war sicher, dass sich in Israel die höchsten Stellen dafür eingesetzt haben. Netanyahu persönlich stand mehrfach mit Pfizer-Chef Albert Bourla (59) in Kontakt, sogar mitten in der Nacht sollen sie laut Nachrichtenagentur AP schon telefoniert haben. Nach seiner Impfung nannte Netanyahu Bourla einen «neuen persönlichen Freund». Der gute Draht zwischen den beiden hat wohl auch damit zu tun, dass Bourla jüdisch ist. Der Pfizer-Boss sei auf seine jüdische Herkunft sehr stolz, sagte Netanyahu nach einem Gespräch im November zu den Medien.

Besser organisiert als die Schweiz

Eine gewichtigere Rolle als persönliche Sympathien dürfte aber gespielt haben, was Israel bereit war, für die Impfdosen – und deren frühe Lieferung – auf den Tisch zu blättern. Die EU zahlt für eine Pfizer-Impfdosis rund 18 Dollar, die USA 19. Israel hingegen soll 30 Dollar bezahlt haben. Wie viel die Schweiz zahlt, ist geheim.

Nicht zuletzt war Israel auch besser vorbereitet auf den Impfstart als die Behörden hierzulande. Man habe einen sehr starken lokalen Vertriebspartner, was das schnelle Roll-out erkläre, sagt Hansen. In Israel sind die vier staatlichen Krankenkassen für die Organisation der Impfkampagne zuständig, Unterstützung leistet die Armee. Wer laut Impfplan zur Impfung zugelassen ist, bekommt von der Krankenkasse ein SMS oder Mail. Bald soll man sich rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche impfen lassen können.

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