Zankapfel ist das Geld
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum EU-Deal

Der Bundesrat verhandelt aktuell mit der Europäischen Union über ein neues Abkommen. Um was geht es genau? Die wichtigsten Fragen und Antworten, laufend aktualisiert.
Publiziert: 06.11.2024 um 00:31 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2024 um 16:36 Uhr
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Noch laufen die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU.
Foto: ALESSANDRO DELLA VALLE

Auf einen Blick

  • Bundesrat lässt sich über Verhandlungen mit der EU informieren
  • Personenfreizügigkeit und öffentlicher Verkehr als Streitpunkte
  • Auch über den Betrag an die EU wird noch gestritten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Es könnte das Ende eines langen Verhandlungsmarathons mit 170 Runden sein. Am kommenden Freitag, 20. Dezember, berät der Bundesrat wohl erneut über das EU-Dossier. Schon einen Tag später könnte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) nach Bern reisen – zum Handschlag mit Bundespräsidentin Viola Amherd (62). Der Besuch dürfte erst kurzfristig bestätigt werden.

Am Samstag, 14. Dezember, hat Aussenminister Ignazio Cassis (63) mit dem zuständigen EU-Kommissar Maros Sefcovic (58) telefoniert. Man habe «die letzten Schritte» der laufenden Verhandlungen besprochen. Das Gespräch sei «wertvoll» gewesen und man habe eine Bilanz der Verhandlungsfortschritte gezogen, schrieb Cassis auf X. Inhaltlich äusserten sich weder er noch Sefcovic näher.

Blick beantwortet die wichtigsten Fragen und Antworten zum EU-Deal:

Warum verhandeln wir überhaupt?

Die Schweiz hat sehr enge wirtschaftliche Beziehungen mit der Europäischen Union. So wird zum Beispiel pro Arbeitstag eine Milliarde Franken zwischen der Schweiz und der EU ausgetauscht.

Die Verträge, die die Beziehungen regeln, sind jedoch alt. Darum hat Bundespräsidentin Amherd im März die Verhandlungen über ein Paket von Abkommen begonnen. Damit sollen bestehende Verträge aktualisiert, aber auch neue Abkommen abgeschlossen werden.

Wo sind die Knackpunkte?

Dem Vernehmen nach sind auf der technischen Ebene alle Fragen gelöst. Doch kurz vor Schluss geht es ums Geld. Die Schweiz wird neu regelmässig sogenannte Kohäsionsbeiträge bezahlen. Das Geld geht an Entwicklungsprojekte in EU-Staaten, zum Beispiel bei der Berufsbildung in Kroatien, Litauen oder Lettland.

Momentan bezahlt die Schweiz freiwillig Beiträge, rund 130 Millionen Franken pro Jahr. In Zukunft dürfte es deutlich mehr sein, die Zeitungen von CH Media sprechen von 350 Millionen Franken pro Jahr. Doch die Verhandlungen laufen noch.

Was wurde bereits verhandelt?

Das Ziel des neuen Abkommens mit der EU ist, dass die bestehenden Verträge aktualisiert werden. Gleichzeitig sollen grundsätzliche Fragen, wie zum Beispiel das Vorgehen bei einem Streit, geklärt werden. Dazu kommen auch neue Abkommen, zum Beispiel beim Strom. Auch wenn die Verhandlungen noch laufen, sind die Grundzüge bekannt:

  • Zum einen geht es um die generellen Spielregeln: Dort, wo die Schweiz am EU-Wirtschaftsraum mitmacht, soll sie auch die weiterentwickelten Regeln übernehmen. Sagen Parlament oder das Volk bei einer Änderung Nein, dürfte die EU-Seite Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Dafür gibt es wohl ein Schiedsgericht, dass den Gerichtshof der Europäischen Union konsultiert.
  • Bei der Zuwanderung soll es eine Schutzklausel geben. Wie genau die aussehen wird, zeigen erst die Verhandlungsergebnisse. Im Gegenzug gibt es mutmasslich keine Ungleichbehandlung bei den Studiengebühren.
  • Beim Lohnschutz verlangt die EU, dass die Schweiz ihre Spesenregelung übernimmt. Diese könnte dazu führen, dass polnische Maler, wenn sie in der Schweiz arbeiten und dort Zmittag essen, nur die Spesen aus ihrem Heimatland vergütet bekommen. Künftige Verschlechterungen soll die Schweiz aber nicht mittragen müssen.
  • Neue Abkommen könnte es unter anderem beim Strom geben. Dieses Abkommen soll helfen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
  • Diskussionen gab es unter anderem darum, ob die Schweiz ihre Bahngleise auch für ausländische Anbieter öffnen muss. Auch die Subventionen waren ein Streitpunkt.
  • Die Schweiz soll wieder Mitglied von Forschungs- und Studienaustauschprogrammen werden.

Schwierig ist es innenpolitisch: Parallel zu den Verhandlungen mit der EU laufen Gespräche mit den Kantonen, Sozial- und Wirtschaftspartner – also zum Beispiel den Gewerkschaften –, um die Fragen in den Bereichen Zuwanderung, Lohnschutz, Strom und Landverkehr zu klären. Innerhalb der Schweiz soll es nämlich Begleitmassnahmen geben – «Zückerli», um kritische Stimmen doch noch zu einem Ja zum Vertrag zu überzeugen.

Wie geht es weiter?

Die Verhandlungen gehen in die heisse Phase. Solange nichts unterschrieben ist, kann sich noch vieles ändern. Das Ziel ist, dass Amherd im Dezember die Verhandlungen abschliessen kann. Gleichzeitig hat der Bundesrat bereits die innenpolitische Arbeiten gestartet. Für den EU-Deal müssten rund 150 Gesetze und Verordnungen geändert werden. Darum wurde schon jetzt mit der Vorbereitung begonnen.

Sind die Verhandlungen einmal abgeschlossen, geht die innenpolitische Diskussion in der Schweiz so richtig los. Dabei dürften noch weitere Themen für Diskussionen sorgen: Genügt der Lohnschutz den Gewerkschaften? Hat die Schweiz bei einem Streit um die Vertragsinhalte genügend zu sagen? Je nachdem ist es möglich, dass schon das Parlament das neue Vertragspaket ablehnt. Die SVP lehnt ein Abkommen grundsätzlich ab, die Gewerkschaften fordern viele Zugeständnisse – möglicherweise zu viele?

Entscheidet letztlich das Volk?

Das ist sehr wahrscheinlich. Noch hat der Bundesrat nicht entschieden, ob es ein obligatorisches oder fakultatives Referendum braucht. Doch erwartet wird, dass die SVP so oder so ein Referendum einreicht. Dann gibt es eine Abstimmung.

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