Auf einen Blick
- Die EU erhöht in den Verhandlungen den Druck auf die Schweiz
- Verhandlungen stehen wegen der Schutzklausel zur Zuwanderung auf der Kippe
- FDP-Nationalrat Simon Michel schlägt jetzt eine nationale Schutzklausel vor
Es war dicke Post, die Ursula von der Leyen (65), Präsidentin der Europäischen Kommission, am Dienstag bei ihrem Besuch in der Schweiz mit im Gepäck hatte: ein heikles Dossier zu den bilateralen Verhandlungen. Dieses zeigt, dass die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über die bilateralen Abkommen auf der Kippe stehen, sollte die Schweiz weiterhin auf einer einseitigen Schutzklausel zur Personenfreizügigkeit bestehen. Für die EU wäre dies «ein Schritt zu weit».
Nun wollen EU-Befürworter die Schweizer Pläne retten. Allen voran der Solothurner FDP-Nationalrat Simon Michel (47). «Wir schreiben selber eine Schutzklausel in die Verfassung oder in das Ausländer- und Integrationsgesetz, mit der wir im Notfall die Zuwanderung eigenständig und befristet bremsen können», schlägt er in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» vor.
Das werde aber nicht Teil der Verträge mit der EU, sondern ein Gegenvorschlag zur SVP-Initiative gegen die 10-Millionen-Schweiz. Dann könne das Volk zuerst darüber abstimmen. Damit wäre die Zuwanderungsfrage geklärt.
Schweiz könnte eigenständig handeln
Michel argumentiert, dass die EU keine harten Obergrenzen für die Zuwanderung akzeptieren würde. Aber durch eine nationale Regelung könnte die Schweiz im Notfall eigenständig handeln, ohne die Freizügigkeit grundsätzlich infrage zu stellen.
Diese Schutzklausel würde Brüssel erst dann beschäftigen, wenn sie tatsächlich angewendet würde. Dann würde ein Prozedere im gemeinsamen Ausschuss und vor dem Schiedsgericht folgen, das rund acht Jahre dauern würde. «In dieser Zeit können wir die Zuwanderung kontrollieren», sagt Michel.
Michel bleibt überzeugt, dass die Aktualisierung des bilateralen Wegs die beste Option für die Schweiz ist. Ein Rückzug auf das Freihandelsabkommen von 1972 oder Alternativen wie ein EWR-Beitritt wären Rückschritte. Auch die Medizintechnikbranche, in der Michel tätig ist – er ist CEO von Ypsomed –, habe die Folgen des Scheiterns des Rahmenabkommens bereits gespürt. Zwar habe sich seine Firma anpassen können, doch nicht jede Branche könne solche Belastungen tragen.