Pianistin Rahel Senn (34), Mutter von Leon (5)
«Mit Intuition und Vertrauen»
«Zwischen mir und meinem Sohn Leon gibt es kein Machtgefälle, wir sind auf Augenhöhe, er hat immer ein Mitspracherecht. Meinen Erziehungsstil kann man wohl antiautoritär nennen, aber ich bin nicht jemand, der sich nach Ratgebern richtet, sondern auf seine Intuition vertraut. Selber bin ich sehr autoritär erzogen worden, meine Wurzeln sind in Singapur, dort ist man noch viel traditioneller. Die Eltern und Lehrer sagen, wo es langgeht, und als Jugendlicher kann man nichts anders tun, als zu nicken. Vielleicht will ich es deshalb anders machen. Mein Vater war Schweizer und darum etwas lockerer, von ihm habe ich wohl einiges übernommen. Punkto Disziplin hat mir die strenge Erziehung sicherlich geholfen, etwa bei der Ausbildung zur Pianistin. Ich weiss aber nicht, ob Strenge bei meinem Sohn funktionieren würde. Er hat einen starken Willen und entwickelt dadurch seinen eigenen Ehrgeiz. Antiautoritär heisst für mich nicht, dass ich ihn einfach alles machen lasse, sondern dass ich ihn als Persönlichkeit ernst nehme. Und ich schaffe ihm die Struktur und das Umfeld, das er braucht, um seinen Weg zu gehen. Weil ich alleinerziehend bin, achte ich darauf, dass er seine Spielkameraden oft sehen kann und er auch männliche Bezugspersonen hat. Ein Kind zu fördern, bedeutet nicht, ihm etwas überzustülpen. Ich will nicht meine Träume an Leon verwirklichen, sondern meine eigenen leben – genauso wie er seinen eigenen Visionen folgen kann.»
Schauspielerin Tonia Maria Zindel (48), Mutter von Lucia Maria (17), Men (15) und Flurin (12)
«Mit einem Mindestmass an Tischmanieren»
«Unsere Kinder sind ja schon ziemlich gross, und ich habe den Eindruck, wir haben so einiges richtig gemacht. Ein bestimmtes Konzept haben mein Mann und ich nicht verfolgt, aber sie haben viel Freiheit und Liebe bekommen. Was wir gefordert haben, war einfach ein Mindestmass an Tischmanieren und Körperhygiene, alles andere lebt man vor. Es geht nicht darum, jemanden zu formen, sondern ein Kind wachsen zu lassen. Wenn ich als Schauspielerin am Set war, hat sich mein Mann um die drei gekümmert. Bei ihm hatten sie ein wildes Leben mit Holzhacken und Traktorfahren. Wenn man Kinder bekommt, weiss man vorher gar nicht, wie sehr man sie lieben wird. Manchmal hatte ich Angst, sie zu sehr zu verwöhnen. Aber Liebe, Zeit und Aufmerksamkeit, davon kann man nicht zu viel geben. Natürlich musste ich auch mal durchgreifen, aber eine Ohrfeige, das gabs und gibts bei uns nicht. Bei mir in der Schule hatten wir noch so einen Lehrer, der zuschlug. Ich bin froh, ist das heute vorbei.»
Musiker und Autor Chris von Rohr (69), Vater von Jewel (19)
«Die Kinder in Ruhe lassen»
«Wenn ich das Wort Erziehung schon höre, wirds mir übel. Das erinnert mich an ein anderes Jahrhundert. Zu ‹ziehen› gibts da gar nichts, eher schon ‹anzustossen›. Mir gefiel schon immer Remo Largos Ansatz: ‹Erziehung ist nichts als Beispiel und Liebe.› Kinder besitzen natürliche Spontanität, Freude, Kreativität und eine grandiose Verspieltheit. Diese wertvollen Eigenschaften werden oft zugeschüttet und unterdrückt, nur um in dieser ‹Granitwelt› zu funktionieren und abzuliefern. Viele zerbrechen daran, und das so wichtige Selbstwertgefühl geht verloren. Als Vater probierte ich immer, wenn ich mit meiner Tochter zusammen war, voll da zu sein und ihr Dinge zu zeigen – zum Beispiel in der Natur, Sachen, die mich faszinieren –, ohne sie jedoch zu überfordern oder zuzutexten. Kinder sollten nie überstimuliert werden, sei es mit Worten oder digitalen Medien. Das bekommt ihnen schlecht und verschlechtert das Zwischenmenschliche und die eigene Fantasie. Man sollte seine Kinder so oft wie möglich in Ruhe lassen und ihrer Entwicklung vertrauen. Ich selbst durfte eine wohlwollende Erziehung erfahren. Natürlich war mein Vater strenger, als ich es heute bin, aber das waren auch andere Zeiten. Das grandiose Zentrum war meine Mutter, und sie vermittelte uns immer die richtigen Werte und baute mich auf, egal in welcher Krisensituation: ‹Du darfst Fehler machen, du darfst auch hinfallen, aber steh wieder auf und mach einfach weiter› war ihre Ansage. Sie hielt nichts von Druck und Bestrafung und lehrte mich auch, gross zu denken, aber trotzdem sorgfältig und feinfühlig auf die Details zu achten. Dazu lebte sie mir offene Empathie und Herzlichkeit vor, die mich bis heute begleitet. Überziehe oder wüte ich mal, höre ich ihre Stimme: Gut durchatmen mein Sohn, in der Ruhe liegt die Kraft und Wahrheit.»
Renzo Blumenthal (43) mit Frau Ladina (36), Vater von Naemi (7), Moreno (12), Grace (3) und Lena-Priscilla (9)
«Anstand und Respekt vermitteln»
«Wichtig ist für Ladina und mich, dass wir gemeinsam an einem Strick ziehen. Und bei vier Kindern braucht es eine gewisse Linie und Struktur. Natürlich gehts da manchmal zu und her, irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem ich mal laut werde. Selber hatte ich eine schöne Kindheit auf dem Hof, aber die Regeln waren streng. Statt in die Badi zu gehen, mussten wir mitarbeiten, Diskussionen gab es keine. Die gibt es bei uns wegen Handys – manche Kameraden der Kinder haben schon eins. Wir möchten möglichst lange, dass sie ohne auskommen. Es ist nicht immer einfach, hart zu bleiben – den Kindern zuliebe. Unser Ältester hat inzwischen ein Handy, er ist in der sechsten Klasse. Wir achten aber darauf, dass er nicht zu viel Zeit damit verbringt. Er interessiert sich für die Arbeit auf dem Hof, aber er muss nicht helfen. Etwas aufzuzwingen, bringt nichts. Wichtig ist mir, meinen Kindern Anstand und Respekt zu vermitteln.»
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