Warum es nicht glücklich macht, wenn man dem Glück nachrennt: Das erzählt das Autorenpaar Rolf (52) und Sabine (43) Dobelli. Beide schreiben Bücher, die das Leben ein bisschen besser machen sollen. Der Unternehmer hält sich in seinen Bestsellern an die Spielregeln der Philosophie, die Psychologin veröffentlicht berührende Romane. BLICK hat das Paar in ihrem Lieblingsrestaurant in Bern, dem Lorenzini, zum Gespräch getroffen.
Haben Sie gute Vorsätze fürs neue Jahr?
Rolf Dobelli: Nein, denn ich weiss, dass Vorsätze nichts taugen. Das ist in Studien nachgewiesen. Die Leute nehmen sich zu viel vor und setzen sich zu grosse Ziele. Der Klassiker ist das Fitnessabo, das benutzt man meist nur im Januar und hat dann hundert Ausreden, um nicht mehr hinzugehen. Wenn schon ein Vorsatz, dann nur einen einzigen. Und einen einfachen mit nicht zu grossen Hürden.
Gibt es einen solchen Vorsatz, den Sie sich als Paar machen?
Sabine Dobelli: Einen, den wir zumindest jedes Jahr auch einhalten, ist, etwas zurückzugeben. Wir sind dankbar, dass wir hier in der Schweiz so privilegiert leben dürfen und fühlen uns vom Leben beschenkt. Das tun wir mit Spenden und sozialem Engagement. Anderen Chancen zu ermöglichen, das macht glücklich. Aber das ist keine grosse Leistung. Ich denke, die wirklich grossen Leistungen finden auf den Schattenseiten des Lebens statt. Die Menschen, denen es schlechter geht als uns, die leisten wirklich etwas. Einen Vorsatz, den wir jedes Jahr aufs Neue fassen, der uns aber nicht wirklich gelingt, ist, bei der Erziehung unserer Kinder besser zu werden. Ich bin zwar Psychologin, aber ich erziehe nicht besonders pädagogisch.
R. D.: Eben. Das geht jedes Mal in die Hose (lacht). Wir erziehen genau so, wie man es nicht soll. Also Dinge androhen, die wir dann doch nicht durchziehen. Ich glaube, Eltern, die das im Griff haben, die haben auch etwas einfachere Kinder.
Sind denn Ihre so wild?
R. D.: Ja, es sind Zwillinge, sie sind zwar bald fünf, aber die Burschen wollen sich einfach nicht anziehen, wenn man aus dem Haus muss. Sie sind wild, laut und schlafen wenig. Wenn sie im Haus sind, könnte man meinen, dass 20 Kinder am Spielen sind. Wenn aufgeräumt ist, dauert es keine Stunde, bis in jedem Zimmer ein Durcheinander herrscht.
Sind Kinder trotzdem eine Quelle des Glücks?
R. D.: Sie geben dem Leben Sinn. Das Glück nimmt bei Paaren, die Eltern geworden sind, nach der ersten Freude wieder ab. Erst wenn die Kinder aus dem Haus sind, steigt das wieder an. Natürlich gibt es wunderschöne Momente mit den Kleinen, etwa wenn sie dir ein Küsschen geben, aber dann bist du wieder ihr Sklave.
Wie wichtig ist Geld für ein gutes Leben?
R. D.: Geld ist entscheidend. Wer arm ist, dem hilft jeder zusätzliche Franken enorm für ein besseres Leben. Aber dann nimmt die Kurve ab, wer ein Haushaltseinkommen von über 100'000 Franken hat, bei dem hat Geld keinen grossen Einfluss mehr aufs Glück. Dann helfen geistige Strategien, wie wir sie in unseren Büchern beschreiben.
Was tun, wenn man nicht so viel verdient?
R. D.: Ich würde alles versuchen, um die Lebenskosten zu senken, also in eine kleinere Wohnung ziehen, auf den Plasmabildschirm und ein Auto verzichten. Und versuchen, das Einkommen zu steigern.
S. D.: Es gibt einige Menschen, die ihren Job lieben und nicht im Geld schwimmen, auch mit Schreiben verdienen nicht alle gut. Ich bin da weit weniger erfolgreich als mein Mann (lacht).
R. D.: Aber du schreibst besser als ich. Ein Roman ist anspruchsvoller als ein Sachbuch. Ich könnte nie so gute Romane schreiben wie du.
Macht Schreiben glücklich?
S. D.: Ja, uns schon, auch wenn es Tage gibt, an denen einem nichts gelingt. Glück ist aber ohnehin eine flüchtige Sache. Wichtiger finde ich die Frage nach dem Sinn. Sinn ist stabiler als Glück. Wenn man den Sinn gefunden hat, weiss man, wofür man jeden Morgen aufsteht. Dann folgen die Glücksmomente von ganz allein. Darum ist die Suche nach dem Glück oft überbewertet. Das Leben wirft natürlich seine Schatten. Auch Melancholie kann schmerzlich schöne Momenten bescheren, die tiefer gehen als Freude.
Wie viel Vernunft braucht die Liebe?
R. D.: Viel, sehr viel. Mit «Ich liebe dich» gelingt die Ehe nicht. Die gibt zu tun, man muss unheimlich viel kommunizieren, es braucht Planung, rationale Argumente, und man muss ständig Probleme lösen. Da reicht das Bauchgefühl nicht.
Sie sind seit fast zehn Jahren ein Paar, warum haben Sie geheiratet?
S. D.: Das war eigentlich nicht geplant. Ich lag bereits hochschwanger im Spital, als wir gemerkt haben, was für ein Papierkram das ohne Heirat wird. Also sind wir aufs Standesamt und wieder zurück in Richtung Kreisssaal. Besonders romantisch war das nicht.
Entscheidet bei Ihnen immer der Kopf, Herr Dobelli?
R. D.: Ich bin zwar eher der Vernunfts- und meine Frau der Gefühlsmensch. Aber das Bauchgefühl ist für mich sehr wichtig. Etwa, wenn es um Lebensziele geht. Meine Frau habe ich ja auch mit dem Herzen ausgesucht. Ein Buch zu schreiben oder eine Firma zu gründen, auch das bestimmt der Bauch. Aber für die Umsetzung und um ans Ziel zu kommen, braucht es den Kopf.
Und wie ist das bei Ihnen, Frau Dobelli?
S. D.: Nur wer sich selbst kennt, findet seinen Platz in der Welt. Dazu braucht es beides. Verstand und Gefühl.