Am Mittwoch verkündete Bundespräsident Ignazio Cassis (60) strahlend: «Heute ist ein schöner Tag.» Der Bundesrat hatte die Aufhebung von Quarantäne- und Homeoffice-Pflicht beschlossen.
In zwei Wochen geht es weiter mit Lockerungen: Dann fallen sämtliche Corona-Massnahmen wie Zertifikatspflicht, Masken und Beschränkungen für Grossveranstaltungen – entweder aufs Mal oder schrittweise.
Sogar Anne Lévy (50), Direktorin des stets supervorsichtigen Bundesamts für Gesundheit, sagte im Chef-Talk auf Blick TV: «Es ist genau der richtige Moment für Öffnungen.»
Jeder und jede musste zwei Jahre lang massive Einschränkungen erdulden. Alte Menschen verpassten in der Abschottung die Freuden ihrer späten Jahre, junge Menschen die abenteuerlichste Zeit des Lebens.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Doch an einen so einschneidenden Verlust von Freiheit sollte sich nie jemand gewöhnen! Deshalb ist es richtig, forsch zu öffnen – und sich nicht an der panischen Frage festzuklammern, ob nicht vielleicht doch noch alles viel schlimmer kommen könnte.
Die Schweiz verhängte in jeder Phase der Pandemie deutlich moderatere Massnahmen als die Nachbarländer. Nie gab es Ausgangssperren, nie eine Impfpflicht, nie geschlossene Skigebiete. Die Schweiz hat nie versucht, jedes Risiko auszuschliessen – und ist damit gut gefahren.
Das ist auch in der gegenwärtigen Aufbruchstimmung die richtige Strategie. Die Lager der Massnahmen-Befürworter und deren Gegner hätten jetzt eine Chance zur Versöhnung. Leider geschieht gerade das Gegenteil.
Die einen behaupten, sie hätten ja immer gesagt, dass alle Einschränkungen für die Katz seien. Das ist natürlich absurd: Nicht ihnen, sondern den Impfwilligen und Disziplinierten verdanken wir, dass unsere Gesellschaft heute grossmehrheitlich vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt ist. Die Normalisierung haben wir nicht wegen ihres Widerstands erreicht, sondern trotzdem.
Die anderen, die immer alles getan haben, was Behörden und Ärzte empfehlen, ärgern sich jetzt, dass die Verweigerer ebenfalls von der Normalität profitieren sollen. Das ist nicht minder absurd: Es ging bei den behördlichen Massnahmen nie um Strafe, sondern um den Schutz der Gesellschaft. Wenn Omikron auch von Geimpften weitergegeben werden kann, sich die Spitäler aber nicht füllen, braucht es für niemanden mehr Einschränkungen – auch nicht für Ungeimpfte.
Ueli Maurer (71) berichtete am Montag im Blick-Interview von Verwerfungen in seinem Umfeld: Manche seiner Nachbarn reden nicht mehr miteinander. Ein Kollege ist aus der Feuerwehr ausgetreten, weil er nichts mehr für «diesen Staat» machen will. «Ich weiss nicht, ob wir diese Gräben wieder zuschütten können», sagte der SVP-Bundesrat besorgt.
Maurer hat recht: Das wird nach der Pandemie die grösste Herausforderung unserer Gesellschaft.
Aber versuchen müssen wir es.