Ungeimpfte sollten auf Intensivbehandlung verzichten
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BlickPunkt über volle Spitäler:Ungeimpfte sollten auf Intensivbehandlung verzichten

BlickPunkt über volle Spitäler
Es braucht neue Triage-Regeln

Wenn auf Intensivstationen die Betten knapp werden, sollten Geimpfte Vorrang haben. Die Ungeimpften müssen dieses Risiko ertragen – oder umdenken.
Publiziert: 18.12.2021 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2021 um 12:41 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe.
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Kaum eine Entscheidung ist schwieriger für Ärzte und Ärztinnen: Wenn es nicht für alle Platz hat, wem geben sie das letzte Bett auf der Intensivstation? Wer darf überleben, wer muss sterben?

Die Antwort gibt ein Auswahlverfahren, das Mediziner «Triage» nennen. Was für ein schrecklicher Begriff! Das wichtigste Kriterium dafür definiert die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) so: Wer kurzfristig die besten Überlebenschancen hat, bekommt das Bett.

In normalen Zeiten ist das sinnvoll – wie sollte man auch anders entscheiden?

Doch wir leben nicht in normalen Zeiten. Die Intensivstationen sind zu 34,2 Prozent mit Covid-Patienten belegt, total knapp 300 Menschen, womit die kritische Grenze beinahe überschritten ist. In manchen Spitälern sind alle Intensivbetten belegt, nicht überlebenswichtige Operationen müssen verschoben werden, die Triage ist bereits Realität.

Vor einem Jahr bestimmte das Schicksal, wer auf einer Intensivstation liegt. Heute ist es fast immer selbst verschuldet.

Die allermeisten Corona-Intensivpatienten sind ungeimpft. Im Aargau zum Beispiel gab es seit August 88 neue Corona-Intensivpatienten – nur 3 (!) von ihnen waren vollständig geimpft.

Schwere Verläufe einer Covid-Erkrankung wären durch Impfung vermeidbar!

Das ist es, was Ärztinnen und Pfleger so wütend und zugleich müde macht: Der Stress, die Überlastung und die Frage der Triage sind nicht gottgegeben: Sie wären mit zwei oder drei Impfdosen pro Person aus der Welt geschafft.

Dabei kennt inzwischen auch der letzte Ungeimpfte sein ganz persönliches Risiko, das er mit seiner Weigerung eingeht. Der frühere SP-Präsident Peter Bodenmann (69) schrieb in der «Weltwoche», was viele denken: «Wenn ich eines Tages neben einem jungen SVP-Impfverweigerer im Spitalbett vor der überbelegten Intensivstation liege, wird man diesen retten und mich sediert in die ewigen Jagdgründe verabschieden. Möchte ich eigentlich noch nicht.»

Wer argumentiert, dass dann auch Raucher, Übergewichtige und Unsportliche hintanstehen müssten, lässt ausser Acht: Solche Patienten können sich nicht kurzfristig fit trimmen. Ungeimpfte aber können noch heute in ein Impfzentrum oder in ein Spital marschieren und das Risiko einer schweren Covid-Erkrankung nahezu auf null senken.

Sobald der erste Herz- oder Krebspatient stirbt, weil an seiner Stelle ein ungeimpfter Covid-Patient gerettet wird, stehen unserer Gesellschaft extrem schwierige Auseinandersetzungen bevor.

Jakob Passweg, Chefarzt am Universitätsspital Basel und Präsident der Vereinigung gegen Krebs fordert: «Im Fall einer Triage soll der Impfstatus in die Entscheidung einfliessen, wer einen Platz auf der Intensivstation bekommt.»

Er hat recht: Die Akademie der Wissenschaften sollte ihre Triage-Kriterien schnellstmöglich überdenken.

Noch besser wäre es, wenn Impfverweigerer ihren Entscheid von sich aus konsequent bis zum Schluss durchhalten – und mittels Patientenverfügung festlegen, dass sie auf eine Intensivbehandlung verzichten.

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