Wer kennt das Gefühl nicht: Man unterhält sich in einer Fremdsprache und denkt permanent, dass man sich komisch anhört. Nach ein oder zwei Gläsern Alkohol oder einem Bier stellt sich plötzlich ein Redfluss ein, der von einer besseren Sprachkenntnis zeugt als man sie in nüchternem Zustand überhaupt für möglich hält. Man spricht sich förmlich in einen Rausch. Am nächsten Tag rekonstruiert man den Vorabend misstrauisch und stellt die eigene Sprachkompetenz erneut in Frage: «Es war wohl bloss der Alkohol.»
Genau diese Selbstwahrnehmung wurde nun von einem Forscherteam untersucht. Den Ergebnissen zufolge ist nicht nur die eigene Wahrnehmung für die Sprachfertigkeit verantwortlich, sondern auch der Alkohol. Was sich anhört, wie der Versuch der Alkohol-Lobby, hilflose Single-Menschen oder Menschen mit Sprechblockaden zu verführen, entspringt einer wissenschaftlichen Untersuchung der Universität Maastricht. Im Rahmen der Studie liessen die Forschenden 50 Personen mit Deutsch als Muttersprache Wodka mit Bitter Lemon oder einfach nur Wasser trinken. Alle Teilnehmenden hatten zuvor mehrere Monate Niederländisch gelernt.
Mit wenig Alkohol zu viel Sprachfluss
Zwei muttersprachlich Niederländisch sprechende Personen aus dem Team um Studienleiter Fritz Renner beobachteten, wie die Testpersonen sich einige Minuten in der Fremdsprache unterhielten. Zudem schätzten sich die Probandinnen und Probanden selbst ein. Während des Versuchs hatten die Teilnehmenden durchschnittlich etwa 0,4 Promille im Blut und lagen damit noch unter dem gesetzlichen Richtwert für das Autofahren von 0,5 Promille.
Selbst die Forschenden waren von den Ergebnissen überrascht: Die Sprach-Jury stellte nämlich fest, dass besonders die Aussprache bei den etwas alkoholisierten Teilnehmenden besser gewesen sei, als die Aussprache jener, welche nur Wasser getrunken hatten. Auch sei die Sprache flüssiger von den Lippen gegangen. Die Selbstwahrnehmung wurde jedoch nicht vom Alkoholkonsum beeinflusst.
Unsichere Faktoren lassen an Studie zweifeln
Die Studie scheint aber nicht restlos zu überzeugen: Die Beurteilungen der Aussprache sind subjektiv und wurden von nur gerade zwei Personen erstellt. Zudem unterlagen die Kriterien keinem objektiven Schema. Es könnte auch sein, dass die Auswahl der Personen zufällig gerade auf 25 besser Sprechende viel. Nichts desto trotz liefert die Studie ansatzweise einen Beweis dafür, dass Alkohol in geringen Mengen die Sprachfertigkeit verbessern könnte oder zumindest einfach die Redehemmung mindert.
Es ist jedenfalls überhaupt nicht empfehlenswert, sich vor einem Date mit einer andersprachigen Person mit Alkohol zuzuschütten: Zu viel Alkohol schlägt sich negativ auf die Aussprache aus, was eher zu Lallen als zu schönem Klang führt. 0,4 Promille entspricht je nach Körpermasse einer Menge von 2-5dl Champagner. Auch beim Alkoholkonsum gilt also: Weniger ist mehr!