On the road mit Christian Bauer
Nicht ganz täglich grüsst das Faultier

Reisejournalist Christian Bauer ist derzeit in Costa Rica unterwegs. Er ist fasziniert von der Tierwelt und hofft auf die Begegnung mit einem Faultier. Doch sein Lieblingsviech bekommt er tagelang nicht zu Gesicht - bis zu einem überraschenden Moment.
Publiziert: 10.11.2016 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:25 Uhr
Dieses Faultier schaute sich die Zipline-Aktivitäten aus der Nähe an.
Foto: Christian Bauer
Christian Bauer
Christian BauerReise-Journalist

4:45 Uhr im Dschungel von Costa Rica: Die Brüllaffen trommeln mich mit ihrem Radau aus dem Bett - genau rechtzeitig für den Sonnenaufgang. Kein Weckgeräusch höre ich lieber – auch wenn sie ruhig bis 8 Uhr warten könnten mit ihrer Urschrei-Therapie.

Die Wände meines Bungalows in der Lapas Rios Lodge auf der Osa-Halbinsel im Südwesten des Landes bestehen nur aus Fliegendraht. Ich habe das Gefühl, mitten im Urwald zu schlafen - der Hammer! Besonders in der Nacht, denn dann tobt vor meinem Zimmer das Leben (80 Prozent der Urwaldtiere sind nachtaktiv). Es zirpt, krächzt, stampft und pfeift. Was da wohl im Dunkeln um die Kabine schleicht? Der Gedanke hat auch etwas Gruseliges.

Die Osa-Halbinsel ist ein Naturparadies

Die Tierwelt auf der Osa-Halbinsel ist ein Wunder. Hier leben 2,5 Prozent aller Lebewesen des Planeten. Aras, Tukane und handtellergrosse Schmetterlinge sind allgegenwärtig, und manchmal schlängelt eine Schlange durchs Restaurant. An den Flussufern lümmeln Krokodile herum, und vor der Küste ziehen Buckelwale mit ihren Babys vorbei. Mit etwas Glück sieht man gar Puma, Jaguar und Tapir.

Dieser Overflow von Leben erfüllt mich mit Ehrfurcht. Und Enttäuschung: Ich bin schon eine Woche hier und habe kein Faultier gesehen, diese herzigen Lahmärsche, die man einfach lieben muss.

Doch die Natur in Costa Rica überrascht meist in unerwarteten Momenten. Gestern unternahm ich mit einer Gruppe eine Zipline-Tour durch das Urwalddach. Wir warteten nach der ersten Fahrt auf einer Plattform in etwa 40 Meter Höhe auf die letzte Teilnehmerin. Sie kam angerauscht und legte mitten auf der Strecke eine Vollbremsung hin.

«Ein Faultier!», schrie sie. Und tatsächlich: Direkt vor ihr hing ein Dreifingerfaultier am Draht - es muss nach dem Vordermann von einem Baum herübergeklettert sein.

«Erschreck es nicht! Sonst fällt es runter», mahnte eine Teilnehmerin in Panik. Doch ein Faultier wäre kein Faultier, wenn es sich von ein paar aufgeregten Touristen aus der Ruhe bringen lassen würde.

Warum sich beeilen, wenn es auch langsam geht?

Langsam - gaaaaanz langsam! - kam das Fellknäul auf uns zu, schaute sich um und legte gemütliche Pausen ein. Warum sich von acht Menschen zur Eile drängen lassen? Unnötig. Beeindruckende Charaktereigenschaft. Wir alle waren elektrisiert, und die Kollegin am Seil machte die Fotos ihres Lebens.

«Wenn es jetzt einschläft, haben wir ein Problem», befürchtete unser Guide. Doch nach einer halben Stunde waren die etwa 30 Meter geschafft: Das Faultier hockte zwischen uns auf dem Drahtseil, posierte artig für ein paar Fotos und grinste uns mit seinem herzigen Gesichtchen an. Ein Moment, der schöner kaum sein kann.

Das ist wohl mit Costa Ricas Motto «Pura Vida» gemeint: Da darf auch mal ein Faultier den Rhythmus bestimmen.

Informationen: www.visitcostarica.com

Vormerken: Die gesamte Reportage gibt es im Januar im Blick Reisen.

Für alle, die eine Reise nach Costa Rica planen: Ab Mai fliegt Edelweiss direkt von Zürich nach San José. www.flyedelweiss.com

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