Irgendwo im Nichts, an einer Strassenkreuzung in Nordthailand. Der Fahrer des Sammeltaxis lächelt den Fremden freundlich an. «Entweder du kaufst all meine Plätze, oder du wirst hier noch ein paar Stunden warten müssen.» Und tatsächlich: Die typischen sŏrng tăa ous, Pick-ups mit Bänken auf der Ladefläche, fahren erst los, wenn sie voll besetzt sind. Wir wollen ins bergige Hinterland nahe der Grenze zu Myanmar. Ein Mann nimmt uns in seinem Fahrzeug ein gutes Stück mit. Gratis.
Thailand ist vor allem für Strandferien auf den südlichen Inseln bekannt. Phuket, Ko Samui oder Ko Pha Ngan sind Fernwehziele vieler Liebhaber. Doch: So paradiesisch und luxuriös die touristischen Eilande auch sind, so wenig hat das Inselleben mit der wahren Kultur Thailands zu tun. Wer sich tatsächlich für Land und Leute interessiert, sollte sich daher in den Nordwesten des Königreichs aufmachen. Die Region bietet Individualreisenden mittlerweile eine gute Infrastruktur – und tiefe Einblicke ins traditionelle Leben in Thailand.
Eine Reise in die Wiege des Königreichs Siam
Etwa 220'000 Schweizer reisen jedes Jahr nach Thailand – ein Drittel davon auch in den Norden des Landes. Viele buchen zu Hause bei Spezialisten organisierte Rundreisen. Solche Trips dauern meist mehrere Tage und schliessen die historischen Stätten und andere Highlights mit ein. Davon gibts in der Region einige, denn Nordthailand ist die Wiege des Königreichs Siam, des Vorläufers des heutigen Thailand – eindrückliche Ruinen der Provinz Sukhothai etwa zeugen von der einstigen Grösse.
Doch auch jenseits der geführten Reisegruppen lässt sich der Norden erobern. Die meisten Orte sind per Bus oder Sammeltaxi gut erreichbar – nur dauern die Anfahrten mitunter länger. Die grösste Schwierigkeit: Die Menschen verstehen meist unsere Aussprache der Ortsnamen nicht. Deshalb setzen sie einen schon mal in den falschen Bus. Das gehört zum Reiseabenteuer dazu. Also genügend Zeit und Geduld mitbringen. Das touristische Basislager des Nordens ist Chiang Mai, mit rund 130 000 Einwohnern die grösste Stadt des Nordens. Sie konnte sich ihren typisch nordthailändischen Laisser-faire-Charme bewahren. Von Chiang Mai aus fahren auch die meisten Busse.
Chiang Mai: Ein Paradies für Aktivferien
Viele Besucher reisen für Aktivferien hierher. Das bergige Umland von Chiang Mai ist ein Eldorado für Mountainbiker, River-Rafter und Trekker. Der Traum aller Kletterer etwa heisst «Crazy Horse Buttress»: 15 Kalk-Klippen mit mehr als 100 Kletterrouten.
Uns aber zieht es zu den Menschen. Denn Nordthailand ist die Heimat unterschiedlichster Volksgruppen. Viele sind in den vergangenen Jahrhunderten aus Konfliktgebieten in China, Tibet und Myanmar zugewandert. Allein ein Dutzend Minderheiten, die sogenannten Hill Tribes (Bergvölker), lebt im Grenzgebiet zu Myanmar und Laos, Schätzungen gehen von etwa einer Million Menschen aus.
Vor ein paar Jahren entdeckten auch thailändische Touristiker die Volksgemeinschaften. Sie benutzen deren farbenfrohe Traditionen als Lockvögel für Ferien im Norden. Doch so rosig wie auf den Werbefotos ist deren Alltag nicht. Oft leben die Menschen in den Bergdörfern am Rande der Armutsgrenze. Vielen haben nicht einmal eine thailändische Staatsbürgerschaft, was sie wirtschaftlich und sozial stark benachteiligt.
Grund genug, sie durch einen Besuch zu unterstützen. Denn um vom prosperierenden Tourismus profitieren zu können, bieten viele Dorfgemeinschaften sogenannte Homestays an – einfachste Gästehäuser.
Treks buchen in Chiang Mai und Chiang Rai
Um Touristen auch in weit abgelegene Dörfer zu locken, arbeiten deren Bewohner mit lokalen Touroperatoren zusammen – diese bieten Gästen mehrtägige Trekkingtouren mit Übernachtung an. In den Städten Chiang Mai und Chiang Rai lassen sich entsprechende Treks überall spontan buchen. Wer Land und Leuten noch näher rücken will, sollte in den Dörfern allerdings alleine reisen. Hilfe der Heimischen gibts an jeder Ecke.
Unseren Ausflug zu den Bergvölkern haben wir in einem Café im Dorf Mae Salong nahe der Grenze zu Myanmar gebucht. «Das ist total toll dort», sagt uns die Besitzerin. Also fahren wir los. Anhaltspunkte, was uns am Ziel tatsächlich erwartet, haben wir nicht. Wir kennen nicht mal den richtigen Namen. Nervosität kommt auf, doch ohne Grund.
Uns erwartet ein halbes Dutzend einfache, mit Palmenwedeln oder Wellblech gedeckte Holzhäuser, sie liegen an einem Berghang. In unseren Zimmern befindet sich nichts weiter als eine Schlafmatte – auf dem Balkon eröffnet sich uns ein Prachtblick auf die Teeplantagen und die grünen Hügel der Umgebung. Wer vermisst hier schon Luxus? Im Zimmer halten wir uns ohnehin kaum auf, dazu ist das Leben auf dem Dorfplatz zu bunt. Kinder wuseln dort herum, spielen mit Plastikspielzeug oder rasen mit ihren Dreirädern durch den Staub.
Männer spielen auf dem Dorfplatz Domino
Abends treffen sich auf dem Platz die Männer, den Tag hatten sie in den umliegenden Teeplantagen verbracht. Nun ist es an der Zeit, Domino zu spielen. Sie laden uns auf eine Partie ein. Die Worte für ein Gespräch sind knapp, also lachen wir. Oder lacht man über uns? Wir Westler wirken in dieser Welt ziemlich unbeholfen.
Während die Männer das Spiel geniessen, bereiten die Frauen das Abendessen vor – unsere Begleiterinnen dürfen mithelfen. Eine Kochstelle am Boden muss dafür genügen. Gleichzeitig trällert eine Sängerin im Lisu-Dialekt ein Lied. Im Fernsehen läuft eine Karaoke-Show. «Lisu Entertainment» steht auf dem Bildschirm geschrieben. Seltsame Kontraste.
Die Frauen lassen sich davon nicht ablenken, sie setzen uns ein Festmahl vor: gebratenes Huhn, verschiedene Gemüsesorten und gesottene Schweinehaut. Berg-Cuisine. Die Bewohner haben sich eigens versammelt und schauen den Gästen beim Essen zu. Touristen sind in diesem Dorf noch immer selten – und entsprechend eine Attraktion.
Der Schritt aus der Komfortzone lohnt sich
Wer abseits ausgetretener Touristenpfade reist, braucht etwas Mut. Doch der Schritt aus der touristischen Komfortzone hinaus lohnt sich – insbesondere, wenn einen das Leben in unvergessliche Situationen katapultiert. So geschehen in jenem Dorf, in dem wir einen Pfarrer besuchen. Wir hatten den Mann in Chiang Mai kennengelernt, er kümmert sich um die Seelen jener ethnischen Gruppen, die im Norden christlichen Glaubens sind.
Plötzlich sitzen wir in einer kleinen Kirche, neben einem kirchlichen Vertreter aus Bangkok und anderen Ehrengästen. Mitten in der Predigt bittet der Pfarrer den Journalisten zum Altar. «Ich habe den Menschen gesagt, dass du zu ihnen sprechen wirst. Ich werde übersetzen», sagt er mit einem Lächeln. Die Einwohner bestaunen den Gastredner und erwarten schwergewichtige Sätze vom weitgereisten Mann. Also spricht dieser ein paar Worte zur Völkerverständigung und zur christlichen Nächstenliebe.
Anscheinend die richtigen Worte – die Menschen jedenfalls nicken ihm anerkennend zu. Nach der Messe lädt uns der Pfarrer zu sich nach Hause zum Essen ein. Seine Frau hat Ziege gekocht. Keine könne das so gut wie sie, versichert er uns. Wir können es nicht beurteilen: Es ist unsere erste Ziege.
Hinkommen
Zürich nach Bangkok mit der Swiss oder mit Thai Airways. Von dort weiter im Flugzeug nach Chiang Mai. Wer es gemütlicher mag, steigt in Bangkok in den Zug (zwölf Stunden). Auf die Inseln des Südens fliegt Edelweiss Air: von Zürich nach Phuket. Infos: www.thaiairways.com / www.swiss.com / www.flyedelweiss.com
Einreise
Für die Einreise genügt ein Reisepass. Ein kostenloses Visum gibts am Flughafen.
Homestays
Viele Outdoor-Veranstalter in Chiang Mai bieten Trekkingtouren mit Übernachtung in Homestays an (leicht vor Ort buchbar). Wer individuell reist, sollte in den Ortschaften nach Übernachtungsmöglichkeit fragen.
Rundreisen
Organisierte Reisen gibts zum Beispiel bei www.hotelplan.ch, www.travelhouse.ch, www.tourasia.ch oder www.asia365.ch.
Einpacken
Auch in Nordthailand herrscht tropisches Klima: leichte Sommerkleidung genügt. Wer in die Berge reist: Eine leichte Faserpelz- und Regenjacke mitnehmen. Für die Homestays benötigt man einen leichten Schlafsack und ein Microfasertuch. Immer ein Muss: Moskito-Spray.
Gesundheit
Die medizinische Versorgung in Thailands Städten ist sehr gut. Wer in ländliche Regionen reist, sollte seinen Arzt für eine entsprechende Reiseapotheke mit Notfallmedikamenten konsultieren. Eventuell fallen Impfungen an – etwa sechs Wochen vor der Reise nachfragen. Erste Informationen: www.safetravel.ch
Geld
Bargeld kann problemlos an EC-Automaten bezogen werden. Kreditkarten werden in Städten weitläufig akzeptiert.
Reisezeit
Beste Reisezeit: von November bis März (Hochsaison mit vielen Touristen). Dann ist es trocken und milder. Im Sommer ist es heiss und feucht (Regenzeit).
Informationen
Hinkommen
Zürich nach Bangkok mit der Swiss oder mit Thai Airways. Von dort weiter im Flugzeug nach Chiang Mai. Wer es gemütlicher mag, steigt in Bangkok in den Zug (zwölf Stunden). Auf die Inseln des Südens fliegt Edelweiss Air: von Zürich nach Phuket. Infos: www.thaiairways.com / www.swiss.com / www.flyedelweiss.com
Einreise
Für die Einreise genügt ein Reisepass. Ein kostenloses Visum gibts am Flughafen.
Homestays
Viele Outdoor-Veranstalter in Chiang Mai bieten Trekkingtouren mit Übernachtung in Homestays an (leicht vor Ort buchbar). Wer individuell reist, sollte in den Ortschaften nach Übernachtungsmöglichkeit fragen.
Rundreisen
Organisierte Reisen gibts zum Beispiel bei www.hotelplan.ch, www.travelhouse.ch, www.tourasia.ch oder www.asia365.ch.
Einpacken
Auch in Nordthailand herrscht tropisches Klima: leichte Sommerkleidung genügt. Wer in die Berge reist: Eine leichte Faserpelz- und Regenjacke mitnehmen. Für die Homestays benötigt man einen leichten Schlafsack und ein Microfasertuch. Immer ein Muss: Moskito-Spray.
Gesundheit
Die medizinische Versorgung in Thailands Städten ist sehr gut. Wer in ländliche Regionen reist, sollte seinen Arzt für eine entsprechende Reiseapotheke mit Notfallmedikamenten konsultieren. Eventuell fallen Impfungen an – etwa sechs Wochen vor der Reise nachfragen. Erste Informationen: www.safetravel.ch
Geld
Bargeld kann problemlos an EC-Automaten bezogen werden. Kreditkarten werden in Städten weitläufig akzeptiert.
Reisezeit
Beste Reisezeit: von November bis März (Hochsaison mit vielen Touristen). Dann ist es trocken und milder. Im Sommer ist es heiss und feucht (Regenzeit).