«Viele wollen sich von der Welt und Verantwortung lösen»
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Gründer über Survival-Ferien:«Viele wollen sich von der Welt und Verantwortung lösen»

Survival-Ferien boomen
Wie zwei Schweizer auf einer unbewohnten Insel überlebten

Survival-Ferien werden immer stärker nachgefragt. Hierbei lässt man sich auf einer abgeschiedenen, unbewohnten Insel aussetzen und lebt wie Robinson Crusoe, der Schiffbrüchige. Zwei Schweizer Brüder haben es ausprobiert.
Publiziert: 01.11.2023 um 20:50 Uhr
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Aktualisiert: 02.11.2023 um 10:52 Uhr
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Andreas (l.) und Stefan Busch aus Zürich liessen sich auf einer unbewohnten Insel aussetzen.
Foto: zVg
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Ganze drei Tage lang haben sie sich von gegrillten Schnecken ernährt: «Geschmeckt haben sie erstaunlich gut», sagt Stefan Busch (34) und lacht. «Zum Glück sind mein Bruder und ich nicht heikel.» Das darf man auch nicht sein, beim Survival-Trip auf einer abgeschiedenen Insel. Der Software-Ingenieur und sein Bruder Andreas Busch (36) aus Zürich haben sich im Februar 2023 gemeinsam an ein solches Abenteuer gewagt. 

Ausgesetzt auf einer 2,77 Quadratkilometer kleinen, unbewohnten Insel in Panama inmitten des Pazifischen Ozeans, mit unberührten weissen Sandbuchten, Kokospalmen und dichtem Urwald. Weit und breit kein Bungalow, Restaurant oder fliessendes Trinkwasser. Was für viele wie ein Albtraum klingt, war für die Brüder Busch ein Traum.

Ein wachsendes Business

Den Survival-Trip haben sie beim englischen Anbieter Desert Island Survival gebucht. Inhaber Tom Williams (40) suchte selber das Abenteuer, bevor er die Firma gründete. «Zuvor habe ich im Finanzwesen gearbeitet, aber ich war nicht glücklich und fühlte mich fehl am Platz», sagt er. Er startete mit zwei Expeditionen im Jahr 2017, dieses Jahr sind es bereits 21. Die Nachfrage wächst weiter; nächstes Jahr werden es noch mehr Expeditionen sein. 

Tom Williams ist nicht der einzige Anbieter von isolierten Inselferien. Der Spanier Alvaro Cerezo (42) suchte schon als Kind das Robinson-Crusoe-Gefühl. Seit 2011 bringt er Kundschaft – immer wieder auch aus der Schweiz – auf unbewohnte, einsam gelegene Inseln, zum Beispiel in Indonesien, den Philippinen oder in der Karibik.

Bei seiner Firma Docastaway gibt es das Robinson-Abenteuer entweder in der Komfort-Variante mit Unterkunft und Verpflegung; diesen Gästen ist die Einsamkeit Abenteuer genug. Oder, wie bei Tom Williams, im Überlebens-Modus.

Bei Desert Island Survival gibt es zuerst ein mehrtägiges Überlebens-Training in der Gruppe.
Foto: Busch

Bei Tom Williams werden die Gäste nicht direkt auf der einsamen Insel sich selbst überlassen, sondern trainieren zuerst sieben Tage lang in der Gruppe. Sie erlernen Fähigkeiten, die es fürs Überleben in der Wildnis braucht. Stefan und Andreas Busch waren zu zehnt unterwegs, zur Gruppe gehörten auch drei Frauen.

Feuermachen mit einem Holzbohrer

«Wir haben gelernt, wie man Feuer mit einem Holzbohrer macht, sich aus Tierknochen eine Angel bastelt oder Fallen für Kleintiere wie Leguane, Vögel oder Krebse bastelt», sagt Stefan Busch. Für die Verpflegung wurde während des Trainings zwar noch gesorgt, ausser die Hobby-Abenteurer machten eigene Beute. «Wir haben Fische und Leguane gefangen», so Busch.

Gemeinsam mit einem anderen Teilnehmer hat er einen besonderen Fang gemacht: Nachts am Strand entdeckten die beiden einen Stachelrochen im Wasser direkt am Strand – und erlegten ihn kurzerhand mit ihrem Holzspeer. «Unser Leiter Tom meinte bloss, dass wir die ersten Idioten sind, die das ausprobiert haben.» Denn der Stachel der Roche ist giftig. Geschmeckt hat der Fang trotzdem: «Wie Fisch eben schmeckt. Allerdings mit etwas viel Sand dazwischen und halt ohne Gewürze oder Kräuter.»

Als die Brüder ausgesetzt waren, hatten sie kein Fischerglück mehr. Statt Fisch assen sie Schnecken.
Foto: Busch

Herausfordernd wurde das Abenteuer für die letzten drei Tage: Dann nämlich konnten sich die Teilnehmer alleine aussetzen lassen oder wie Stefan und sein Bruder zu zweit. Die Zeit verlief harmonisch, obwohl der Magen knurrte: «Wir haben quasi keinen Fisch gefangen, weshalb wir Schnecken und Kokosnüsse gegessen haben.»

Angeschwemmtes ist nützlich

Abenteuer-Chef Tom hatte zwar vorgezeigt, wie man auf eine Palme klettert. «Er hat uns das allerdings nicht empfohlen, weil man sich dabei leicht alles aufschrammt.» Stattdessen entwickelte Stefan mit seinem Bruder eine eigene Technik: «Wir haben die Kokosnüsse mit einer Schnur aus angeschwemmten Fischernetzen und einem Stein runtergeholt und waren so gut mit Flüssigkeit versorgt.»

Geschlafen haben die beiden in Hängematten. «Jeder Teilnehmer kann selber entscheiden, was und wie viel er für die drei Überlebenstage mitnehmen will. Ziel ist, so wenig wie möglich», so Busch. Weil es aber an dem Tag zu regnen anfing, verwendeten sie die Hängematten und eine Blache zum Schutz. «Andere Teilnehmer haben sich selber einen Platz zum Schlafen gebaut.»

Survival-Ferien sind kostspielig

Günstig ist ein solches Survival-Abenteuer nicht, 10 Nächte kosten um die 3400 Franken, Anreise nicht inbegriffen. Warum tut man sich das an, Schnecken und Sand essen für so viel Geld? «Für mich ist das Ausbildung, Abenteuer und Ferien zusammen», sagt Stefan Busch. In einem Hotel am Pool langweilt er sich nur, er macht lieber was Aktives, wie Fallschirmspringen, Sport oder eben Survival – und natürlich ist er ein Fan von TV-Abenteurer Bear Grylls (49). 

Ganz ohne Sicherheitsnetz funktioniert ein solcher Trip aber auch für die härtesten Abenteurer nicht. Mit dabei ist ein Satellitentelefon mit Notfallknopf. «Damit hätten wir innert 20 bis 30 Minuten einen Helikopter bei uns gehabt.» Auch Wasser hatten sie zur Not dabei. «Weil wir aber genügend Kokosnüsse und Feuer zum Wasserabkochen hatten, brauchten wir es nicht.»

Und wie fühlt man sich nach drei Tagen mit dem Nötigsten zum Überleben? «Man kommt schon an seine Grenzen, hat Hunger und fühlt sich erschöpft», so Busch. Umso süsser schmeckte dann die erste Cola auf dem Rückweg per Boot. Zurück in der Schweiz machte Stefan noch eine Entdeckung. Ein Skorpion hatte sich als blinder Passagier in seinem Rucksack versteckt.

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