Allergiker aufgepasst!
Impfungen gegen die Angst vor dem Frühling

Jeder vierte Schweizer ist Allergiker. Vor allem im Frühling leiden Patienten an den Folgen von Heuschnupfen. Eine neue Impfung könnte Geplagte bald schon aufschnaufen lassen.
Publiziert: 16.03.2017 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:21 Uhr
Für über 1,5 Millionen Menschen in der Schweiz beginnt mit dem Frühling ein Martyrium: Pollen führen bei ihnen zu allergischen Reaktionen.
Foto: mauritius images
Flavian Cajacob

Die Grippewelle scheint überstanden. Doch aufgepasst: Ist das letzte Taschentuch voll, droht unserem Immunsystem erneut Ungemach. Pollenalarm! Bereits seit Jahres­beginn ist der fiese Blütenstaub von Hasel und Erle unterwegs, jetzt im März schlies­sen sich ihnen Weide, Pappel und Esche an. Ein Ende findet der Spuk erst Anfang Oktober, wenn der Regen die ­Pollen von Wegerich und Gräsern endgültig weggeschwemmt hat.

Für über 1,5 Millionen Menschen in der Schweiz beginnt mit dem Frühling ein Martyrium. Und das heisst Heuschnupfen. «Die Symptome reichen von Kratzen im Hals und Jucken in den Augen über Fliessschnupfen und Kopfschmerzen bis hin zum unangenehmen Druck auf der Brust oder gar zu akuter Atemnot», sagt Sereina de Zordo, Beraterin vom aha! Allergiezentrum Schweiz.

Allergien sind vererbbar

Bei zwei von drei Betroffenen sind ­Gräserpollen der Auslöser für die Pollenallergie. Keine Gefahr hingegen stellen entgegen landläufiger Meinung die Nadelhölzer dar. Deren Pollen, im Frühling als gelber Staub auf Bänken und Tischen wahrzunehmen, bewirken höchstens eine Reizung der Bindehaut. Grundsätzlich besteht bei jedem Menschen das Risiko, an Heuschnupfen zu erkranken. «Häufig wird die Veranlagung zur Pollenallergie von der einen Generation an die andere vererbt», erklärt Sereina de Zordo. Leiden bereits Mutter und Vater daran, steigt bei den Kindern das Risiko einer Erkrankung auf über 60 Prozent; sind weder Eltern noch Geschwister betroffen, sinkt es auf 15 Prozent.

Pollen­allergiker sind zudem Frühstarter: Erste Anzeichen einer Allergie treten meist schon im Vorschulalter auf. So, wie bei Sabrina Fluri-Schaffner. Die heute 26-Jährige hat eine klassische Heuschnupfen-Karriere hinter sich. «Mein Vater war schon Pollenallergiker. Und dies in einem Masse, dass er als Kind zur Kur in die Höhenklinik musste.» Heute leidet er an Asthma. «Im Alter von etwa vier Jahren gings auch bei mir los: juckende Augen, laufende Nase, Kratzen im Hals. Das volle Programm eben.» Die Symptome waren nicht nur lästig, sondern wirkten sich auch auf die Konzentration aus. «Logisch, lenkt es in der Schule ab, wenn dich das Jucken fast wahnsinnig macht.»

Je sauberer die Umgebung, desto grösser die Gefahr

Zahlreiche Krankheiten hat die Medizin in den letzten Jahrzehnten eliminieren können oder zumindest behandelbarer gemacht. Heuschnupfen und andere Al­lergien hingegen sind auf dem Vormarsch. Vor allem in unseren Breitengraden. Forscher schreiben dies einerseits den negativen Umwelteinflüssen zu, zum anderen aber auch dem Umstand, dass sich die Lebens- und Hygienestandards in den Industriestaaten massiv verbessert haben. Einfach ausgedrückt: Je sauberer die Umgebung, in der wir aufwachsen, desto grösser die Gefahr, später an einer Allergie zu erkranken.

Blühender Erlenbaum: Seine Pollen sind Aus­löser für Heuschnupfen.
Foto: mauritius images

Studien belegen, dass Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, seltener Allergien einfangen als Stadtkinder. Weshalb? Sereina de Zordo vom aha! Allergiezentrum Schweiz weiss es: «Der Kontakt mit Bakterien, Viren und Pilzen stärkt das ­Immunsystem. Fühlt sich dieses aufgrund klinischer Sauberkeit hingegen unter­fordert, entwickelt es kurzerhand Aversionen gegen an sich harmlose Stoffe.»

Immer mehr Menschen erkranken

In der Folge kommt es zu einer Überreaktion. Und die richtet sich gegen Pollen, Milbenkot, Insektengifte, Latex, Medi­kamente, Nahrungsmittel usw. Eine an­dere Komponente, die Allergien fördert: Stress in Berufs- und Privatleben. Forscher gehen inzwischen gar davon aus, dass im Jahr 2040 bereits 40 Prozent der Bevölkerung Europas irgendeine Form einer Allergie haben werden!

Augentropfen, Nasenspray, Desensibilisierung, Akupunktur – alles probierte ­Sabrina Fluri-Schaffner im Laufe der ­Jahre aus, um ihre Pollenallergie in den Griff zu bekommen. Wirklich geholfen hat ihr letztlich ein Antiallergikum in Form einer Tablette. «Damit kann ich die Sommertage wieder voll geniessen und muss mich nicht mehr in der Wohnung verbarrikadieren.»

Impfstoffe sind im Anmarsch

Sabrina Fluri-Schaffner und ihre Leidensgenossen könnten schon bald auf- respektive durchatmen. Verschiedene Pharmaunternehmen, darunter die Westschweizer Firma Anergis, arbeiten an Impfstoffen, die dauerhaft gegen die Pollenallergie helfen sollen. Ziel: drei bis fünf Spritzen binnen ein paar Wochen – und der Heuschnupfen verschwindet auf Jahre hinaus. Zurzeit laufen in verschiedenen Ländern umfangreiche Tests. Was die Erfolgschancen der Heuschnupfenimpfung anbelangt, hält sich die Fachwelt mit Einschätzungen indes zurück. Auch Sabrina Fluri-Schaffner ist skeptisch. «Ich finde es gescheiter, nach ­Bedarf und Stärke des Pollenflugs eine Tablette zu nehmen, als quasi schon auf Vorrat zu impfen», sagt sie.

Eine ärztliche Behandlung ist zu empfehlen

Heuschnupfengeplagte setzen seit Jahren auf mehr oder weniger bewährte Medikamente und Thera­piemethoden. Die sogenannte Desensibilisierung, Hyposensibilisierung oder Immuntherapie etwa packt das Übel bei der Wurzel an. Der Patient wird wiederholt mit jenen Stoffen, auf die er allergisch reagiert, in Kontakt gebracht. Meist werden diese unter die Haut gespritzt. «Da sich eine Immuntherapie über mehrere Jahre erstreckt, ist es ratsam, sich damit früh auseinander­zusetzen», rät Sereina de Zordo vom aha! ­Allergiezentrum. 

Auch wenn er manchmal verschwindet, wie er gekommen ist: Einen Heuschnupfen sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, wie Seraina de Zordo meint. «Wird die Pollenallergie nicht richtig behandelt, kanns zum sogenannten «Etagenwechsel» kommen». Die Reaktionen greifen dann vom Nasen-Rachen-Raum auf Bronchien und Lunge über. Der allergische Schnupfen wächst sich aus zum dauerhaften Asthma.

Informationen zum Thema
  • Allergiezentrum Schweiz: aha.ch
  • Pollenbericht: meteoschweiz.ch
  • Pollenprognose: pollenundallergie.ch
  • Aktuelle Pollensituation in beliebten
  • Reise­destinationen: polleninfo.org
  • Natürliche Hausmittel gegen
    Heuschnupfen: heilpraxisnet.de

hilfreiche App

Alle Infos zu den persönlichen ­Allergien digital mit dabei: Die App «AllergiePass» ermöglicht es, ein eigenes Profil mit Daten zu Symptomen, Medikation, Ernährung, Krankheits- und Behandlungsverlauf zu erstellen. Die Eingaben können vom Arzt bestätigt werden und sind für berechtigte Personen von überallher abrufbar.

  • Allergiezentrum Schweiz: aha.ch
  • Pollenbericht: meteoschweiz.ch
  • Pollenprognose: pollenundallergie.ch
  • Aktuelle Pollensituation in beliebten
  • Reise­destinationen: polleninfo.org
  • Natürliche Hausmittel gegen
    Heuschnupfen: heilpraxisnet.de

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Alle Infos zu den persönlichen ­Allergien digital mit dabei: Die App «AllergiePass» ermöglicht es, ein eigenes Profil mit Daten zu Symptomen, Medikation, Ernährung, Krankheits- und Behandlungsverlauf zu erstellen. Die Eingaben können vom Arzt bestätigt werden und sind für berechtigte Personen von überallher abrufbar.

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