Maseratis CEO Davide Grasso setzt voll auf Elektroantriebe
«Die Zukunft gehört uns»

Unter der neuen Stellantis-Regie schwört Maserati bis 2030 den PS-starken Verbrennern ab und wird rein elektrisch. Angst vor Kundenschwund hat CEO Davide Grasso nicht – er sieht ganz im Gegenteil neue Chancen.
Publiziert: 14.08.2022 um 13:16 Uhr
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Aktualisiert: 18.08.2022 um 08:27 Uhr
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Er will Maserati auf Trab bringen: Seit Januar 2021 ist Davide Grasso als Maserati-CEO im Amt und will die Marke bis 2030 komplett elektrifizieren.
Andreas Faust

So rasant ändern sich die Zeiten. Im Jahr 2013 bügelte der damalige Maserati-CEO Harald Wester (64) die Frage nach Assistenzsystemen barsch mit «Die brauchen wir nicht!» ab. Für Davide Grasso (59), seit 2021 an der Spitze der italienischen Sportwagenmarke, ist dagegen klar: Er will beim autonomen Fahren vorne mit dabei sein – im Mutterkonzern Stellantis, aber auch im gesamten Nobelmarkt.

Grasso geht mit neuer Strategie ins Rennen. Er kennt sich aus im Sport – als Ex-Chef der Marken Converse und Nike. Jetzt will er die 108-jährige Tante mit dem Dreizack im Logo auf Trab bringen – nachhaltig und mit Augenmass. Vor zehn Jahren plante Sergio Marchionne (1952–2018), CEO der damaligen Maserati-Mutter Fiat, noch Luftschlösser. Wester sollte die Verkäufe pushen – von 6300 im Jahr 2012 bis auf 75'000 im Jahr 2018. Den nötigen Schub sollten die neuen Limousinen Quattroporte und Ghibli und der Levante als erstes SUV der Marke liefern. Marchionne brauchte dringend Geld für die Fusion mit Chrysler, und Maserati sollte es dank hoher Gewinnspanne schnellstmöglich einspielen. Mit 29'000 Autos war 2015 der Gipfel erreicht, danach gings wieder abwärts. Immerhin 24'269 waren es im letzten Jahr.

Zurück zur Fangemeinde

«Wir haben viel falsch gemacht», sagt Maseratis Europachef Luca Delfino. Schon die den Stand absperrenden Glaswände am Genfer Autosalon und das noble Getue: «Maserati war immer eine Marke für die Fans – die auch mal ihre Kinder in die Autos setzen durften.» Diese Publikumsnähe habe die Marke zuletzt komplett verloren. Auch Wester war einst anzumerken, dass die Stückzahl-Strategie ihm nicht behagte – Marchionne ersetzte ihn durch einen Kanadier, der null Bezug zur Marke hatte.

Maserati: Brüder und Boliden

Maserati wird 1914, also vor 108 Jahren, von fünf der sieben Brüder Maserati gegründet. Zuerst verdienen sie ihr Geld im Motorsport, doch 1937 verkaufen sie wegen wirtschaftlicher Flaute an den Grossindustriellen Adolfo Orsi (1888–1972). Der will nach dem Zweiten Weltkrieg auch Strassensportwagen verkaufen und die Rennerfolge so in bare Münze umsetzen. Doch die Finanzen bleiben kritisch: 1968 übernimmt Citroën, wird 1974 wiederum von Peugeot geschluckt – und die neuen Chefs sperren Maserati zu. Für symbolische 100 US-Dollar greift Alejandro de Tomaso (1928–2003) zu, Gründer des gleichnamigen Sportwagenbauers. Er lanciert neue Modelle, aber kapituliert vor dem Investitionsbedarf. Ab 1993 gehört die Dreizack-Marke zu Fiat, ab 2014 zu Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und seit deren Fusion mit PSA 2021 zu Stellantis: Einst schloss Peugeot Maserati – jetzt gilt die neue Peugeot-Schwester als Edel-Hoffnungsträger.

Maserati wird 1914, also vor 108 Jahren, von fünf der sieben Brüder Maserati gegründet. Zuerst verdienen sie ihr Geld im Motorsport, doch 1937 verkaufen sie wegen wirtschaftlicher Flaute an den Grossindustriellen Adolfo Orsi (1888–1972). Der will nach dem Zweiten Weltkrieg auch Strassensportwagen verkaufen und die Rennerfolge so in bare Münze umsetzen. Doch die Finanzen bleiben kritisch: 1968 übernimmt Citroën, wird 1974 wiederum von Peugeot geschluckt – und die neuen Chefs sperren Maserati zu. Für symbolische 100 US-Dollar greift Alejandro de Tomaso (1928–2003) zu, Gründer des gleichnamigen Sportwagenbauers. Er lanciert neue Modelle, aber kapituliert vor dem Investitionsbedarf. Ab 1993 gehört die Dreizack-Marke zu Fiat, ab 2014 zu Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und seit deren Fusion mit PSA 2021 zu Stellantis: Einst schloss Peugeot Maserati – jetzt gilt die neue Peugeot-Schwester als Edel-Hoffnungsträger.

Jetzt ist Wester wieder mit an Bord; als Technikchef und soll gemeinsam mit Grasso und Delfino Maserati zur Vorzeige-Nobelmarke machen – und komplett elektrifizieren. Im Mutterkonzern Stellantis wird sie zum Technologie-Schrittmacher. Geht alles nach Plan, dann gibts bis 2025 jedes Modell mit batterieelektrischem Antrieb – schneller als bei jeder anderen Marke in Europa. Ab 2030 soll Schluss sein mit Verbrennermotoren. «Vielleicht sogar noch früher», sagt Grasso. Ausgerechnet bei Maserati, wo hochtourige V6- und V8-Benziner mit ihrem Kreissägensound zur Marken-DNA gehören. «Der Sound ist entscheidend», nickt Grasso. Weshalb der Klang der E-Motoren so moduliert werde, dass er «authentisch nach Maserati» klingen werde.

Fünf neue Modelle bis 2025

Zwei neue Modelle sind schon da. Der hinreissend schöne Supersportler MC20, der Ende Jahr auch als Cabrio kommt, und der kleinere SUV Grecale, der sich die Technik mit Alfa Romeos Stelvio teilt. Aber ab jetzt geht Maserati eigene Wege: Nächstes Jahr wird der Grecale elektrifiziert. Zudem startet die neue Generation des Zweitürers Gran Turismo als Elektro-Coupé (GT) und -Cabrio (GTC). Über 1200 PS soll der neue GT leisten, in deutlich unter drei Sekunden auf Tempo 100 spurten und über 300 km/h Spitze schaffen. Dazu gibts drei Motoren für Allrad und Leichtbau – aber noch keine Reichweitenangabe.

2025 folgen dann ein Elektro-MC20, eine neue Levante-Generation und eine Limousine als gemeinsamer Nachfolger für die aktuellen Modelle Quattroporte und Ghibli – alle elektrisch. Auch ein Hypercar jenseits des MC20 steht auf dem Modell-Fahrplan. Alle Elektro-Modelle werden unter dem Label Folgore laufen – Blitz auf Italienisch.

Profit statt Volumen

Stellantis-Chef Carlos Tavares (64) wiederholt aber nicht Marchionnes Fehler: Grasso muss keine Stückzahlen bringen, sondern Profitabilität und Kundenzufriedenheit. Die sollen auch ein neues Klassiker-Center, ein Individualisierungsprogramm für massgeschneiderte Autos nach Wunsch à la Rolls-Royce und ein neues Händlerkonzept unterstützen. Ab 2023 steigt Maserati dann für die nötige Motorsport-Glaubwürdigkeit in die elektrische Rennserie Formel E ein.

Sogar ins Geschäft mit Flottenautos will sich Grasso wagen: «Bisher hatten Flottenkunden uns nicht auf dem Zettel. Aber bald sind wir komplett elektrisch – das wird uns neue Türen öffnen», ist er sicher. «Die Zukunft gehört uns.»

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