Fahrbericht Ghibli Hybrid
Jetzt steht auch Maserati unter Strom

Maserati schien auf dem Weg in die automobile Sackgasse: schöne Autos, aber technisch veraltet und deshalb kaum überlebensfähig. Doch jetzt startet der Ghibli Mildhybrid als Vorbote einer neuen Zeit – und lässt Hoffnung aufkeimen.
Publiziert: 30.10.2020 um 12:11 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2021 um 11:33 Uhr
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Maserati schien auf dem Weg in die automobile Sackgasse.
Foto: ZVG
Wolfgang Gomoll

Die Geier kreisen über Maserati. Die Verkaufszahlen der zwar hübschen, aber technisch angestaubten und teuren Fahrzeuge verharren im Keller. Und die bevorstehende Vereinigung der Maserati-Mutter FCA mit dem PSA-Konzern lässt das Schlimmste befürchten. Denn PSA-Boss Carlos Tavares ist nicht dafür bekannt, kränkelnde Autobauer lange durchzufüttern.

Doch der Abgesang auf Maserati scheint zu früh. Die renommierte Nobelmarke soll künftig die elektrische Speerspitze des FCA-Konzerns werden – mit Aushängeschildern wie der Elektro-Version des Sportwagens MC20 oder des Crossover Grecale. Doch zunächst gehts Schritt für Schritt. Deshalb haben die Maserati-Techniker erst einen Mildhybrid-Antriebsstrang ersonnen und diesen in den Ghibli verpflanzt.

Motor komplett überarbeitet

Ein solcher Antrieb ist heute zwar keine grosse Neuigkeit, aber Maserati hat sich bei seinem ersten Schritt ins elektrische Zeitalter Mühe gegeben. Die Italiener kombinieren einen Zweiliter-Vierzylinder-Benziner mit einem 48-Volt-Riemenstarter-Generator und einem elektrischen Verdichter. Vom ursprünglichen Motor aus dem FCA-Konzernregal bleiben nur die Abmessungen und der Zylinderkopf. Unter anderem haben die Techniker einen grösseren Turbolader installiert und die Motorsteuerung an die neuen Anforderungen angepasst. Was einfach klingt, bedeutete viel Tüftelarbeit – vor allem bei der Synchronisation des elektrischen Verdichters und des Riemenstarter-Generators.

Der hybride Vierzylinder leistet 330 PS (243 kW) und ein maximales Drehmoment von 450 Nm bei 4000/min. «Fast wichtiger ist,» so Maserati-Ingenieur Corrado Nizzola, «dass bei 1500 Umdrehungen schon 350 Nm zur Verfügung stehen.» In der Tat ein erfolgreicher Kniff, um das Turboloch zu kaschieren. Der knapp 1,9 Tonnen schwere Hecktriebler tritt mit seiner ZF-Achtgangautomatik so vital und geschmeidig an, wie wir es sonst nur von Limousinen mit grösseren Motoren kennen.

Dynamisch und dennoch komfortabel

Vor allem, wenn der Sportmodus aktiviert ist, bereitet der Ghibli MHEV (Mild Hybrid Electric Vehicle = Mildhybrid) richtig Freude. Er sprintet in 5,7 Sekunden auf Tempo 100 und weiter bis 255 km/h Spitze. Der Verbrauch soll bei 9,4 Litern liegen. Die Italiener tun übrigens gut daran, die Fahrprogramme von den Einstellungen der variablen Dämpfer zu trennen. So kann man das Fahrwerk im Komfortmodus belassen und dennoch dynamisch unterwegs sein. Dazu passt auch die Lenkung, die nun nicht mehr so nervös aus der Mittellage anspricht wie zuvor.

Eine Reihe von Fahrassistenzsystemen wie Spurhalte- und Toter-Winkel-Assistent oder adaptiver Tempomat mit Stop&Go-Funktion sorgen für Sicherheit und Komfort. Auch das neue Infotainmentsystem mit 10,1 Zoll grossem Bildschirm ist ein (überfälliger) Schritt nach vorn. Nun ist auch die Einbindung des Smartphones via Apple CarPlay und Android Auto möglich. Das Navi zeigt sich ebenfalls verbessert und erledigt seine Aufgabe zuverlässig. Nur Extras wie Echtzeit-Verkehrsmeldungen fehlen.

Grandezza hat ihren Preis

Doch solche technischen Finessen stehen für viele Maserati-Fans nicht an oberster Stelle. Sie freuen sich lieber über schickes Design, verbesserte Verarbeitungsqualität im Innenraum mit Leder und Ermenegildo-Zegna-Stoffbahnen sowie über die Gewissheit, kein 0815-Fahrzeug zu bewegen. So viel italienische Grandezza hat mit mindestens 80’350 Franken allerdings auch ihren Preis.

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