Chinesische Autobauer kopieren einfach europäische Autos! Dieses Vorurteil (hier finden Sie die frechsten Kopien) ist veraltet, wie die Shanghai Auto Show 2021 eindrücklich beweist. Zwar finden sich im National Exhibition and Convention Center (NECC) immer noch Modelle, die frappierend an einen Mercedes, Land Rover oder Porsche erinnern. Aber das sind eher Nischendarsteller. Für die automobilen und technologischen Big Player aus dem Reich der Mitte – von denen wir in Europa oft noch nie etwas gehört haben – zählt nur noch die von der Staatsführung ausgegebene Prämisse: Von China für die ganze Welt.
Dafür nehmen die Chinesen nun zunehmend Tech-Giganten wie Apple und Google ins Visier. Denn sie wollen bei den Zukunftstechnologien wie Vernetzung und autonomes Fahren ganz oben mitspielen. So will der Elektronikhersteller Xiaomi, dessen Produktpalette von Smartphones bis zu Saugrobotern reicht, ein Auto auf den Markt bringen. Das hat der Gründer des Konzerns Lei Jun bereits bestätigt.
Handybauer Huawei setzt auf Autos
Da kann Konkurrent Huawei – kennen wir für seine Smartphones – nicht zurückstehen und investiert eine Milliarde US-Dollar ins autonome Fahren. Dabei spannt der Smartphone-Riese mit dem chinesischen Autobauer Beijing Automotive Group – kurz BAIC Group – zusammen. Allerdings nur über Tochterfirmen: Die BAIC-Untermarke Arcfox zeigt in Shanghai den Alpha S HBT, der mit Lidar-Technik der Huawei-Tochter Intelligent Automotive Solution (IAS) ausgestattet ist.
Für Huawei scheint das noch zu wenig zu sein. Der Tech-Konzern ist auch beim Start-up Seres an Bord. Der Elektro-SUV SF5 (schon 2019 in Shanghai vorgestellt) bekommt als Huawei Smart Selection ein Technologie-Update vom neuen Partner.
Hightech-Stromer
Mit Xpeng (voller Name Xiaopeng Motors) bringt ein weiteres Elektro-Start-up bereits sein drittes Auto nach Shanghai. Die kompakte Elektro-Limousine P5 bietet unter den Namen XPilot 3.5 autonome Fahrfunktionen. Das System verfügt unter anderem über zwei Lidar-Einheiten, zwölf Ultraschallsensoren, 13 hochauflösende Kameras, fünf Millimeterwellen-Radargeräte und einen hochpräzisen GPS-Sensor.
Geely jagt Tesla
Der etablierte Autobauer Geely (ihm gehören unter anderem Volvo und Lotus) will Tesla mit seinem Elektro-Label Zeekr in China den Rang ablaufen. Weil ein simples Elektroauto den längst anspruchsvollen chinesischen Kunden nicht mehr genügt, sollen die Zeekr-Modelle mit Software-Updates immer wieder auf den neusten Stand gebracht werden. Um beim autonomen Fahren Schritt zu halten, ist Apollo an Bord, die Autoabteilung von Chinas Google-Pendant Baidu.
Mit dem Zeekr 001 wird das erste Modell an der Shanghai Auto Show vorgestellt. Der ansehnliche 4,97 Meter lange rein elektrische Shooting Brake soll mit einer Akku-Ladung 700 Kilometer weit kommen.
Great Wall kopiert
Bei den Karosserien sind wie bisher prestigeträchtige Limousinen und SUV gefragt. Dem wird Wey gerecht. Die Premiummarke von Great Wall peppt ihren Tank 300 zum Cyber Tank 300 auf. Der «Panzer» (dt. für Tank) tritt gegen Mercedes G-Klasse und Land Rover Defender an. Das Cockpit zeigt allerdings, dass er in einer Zeit entwickelt wurde, als sich China noch von deutschen Autobauern «inspirieren» liess.
Ora, eine weitere Great Wall-Tochter, will mit ihren elektrischen Automobilen gar den Sprung nach Europa schaffen. Mit dem Punk Cat könnte das gelingen. Der Stromer mit bis zu 500 Kilometern Reichweite ist eine moderne «Interpretation» (oder doch Kopie?) des VW Käfer mit vier Türen. Der Name Punk Cat soll das Resultat einer Internetumfrage sein.
Alles zur Shanghai Auto Show
Der Staat mags sportlich
Der staatliche Autobauer FAW und seine Tochter Hongqi (baut auch chinesische Staatslimousinen) präsentieren den Hypercar S9, dessen Prototyp 2019 schon an der IAA in Frankfurt (D) zu sehen war. Mit 1400 PS soll der V8-Hybridsportler in weniger als 2 Sekunden auf Tempo 100 sprinten und bis 400 km/h schnell sein. Die ersten 99 Exemplare sollen im nächsten Jahr an die Kunden ausgeliefert werden.
Aber China kann auch anders. Wuling präsentiert auf der Messe die neuste Version seines Mikromodells Hong Guang MINI EV Macaro. Der 27 PS starke Mini-Stromer kostet gerade einmal 37'600 RMB (rund 5300 Franken). Mit 2,92 Meter Länge spielt er in einer Liga mit dem Smart. Immerhin 100 km/h schnell, schafft der 2+2-Sitzer eine Reichweite von 170 Kilometern. Aufgeladen wird jedoch ausschliesslich an der normalen Steckdose.