Gute Auswahl bei den US-Wahlen
Trump und Biden sind besser als ihr Ruf

Schon vor dem Super Tuesday stehen die Präsidentschaftskandidaten fest. Sie können was. Donald Trump wie Joe Biden haben die USA als Präsidenten stärker gemacht. Egal, wer von den beiden im Herbst gewählt wird: Es ist gut für Amerika.
Publiziert: 03.03.2024 um 17:42 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2024 um 13:41 Uhr
Peter Hossli, New York

Am Dienstag ist Super Tuesday – und wenig daran ist super. 15 amerikanische Bundesstaaten und ein US-Territorium halten ihre Vorwahlen für das höchste Amt im Land ab. Normalerweise wird an diesem Tag der nächste US-Präsident gemacht. Heuer sind die Vorwahlen bereits so gut wie entschieden. Der ehemalige Präsident Donald Trump (77) wird die Republikaner anführen, die Demokraten dürften erneut mit Präsident Joe Biden (81) antreten. Um Wohnrecht im Weissen Haus buhlen die gleichen Männer wie vor vier Jahren.

Das sei eine dürftige Auswahl, urteilen die Medien. Ein Greis gegen einen Polterer. Warum nur hat die mächtigste Demokratie der Welt keine bessere Auswahl zu bieten?

Nun, schlecht sind beide nicht. Sicher, einer wirkt grobschlächtig, der andere zerbrechlich. Ein Blick auf das, was sie erreicht haben, korrigiert aber das Bild. Trump war ein guter Präsident. Biden ist ein guter Präsident. Militärisch, wirtschaftlich und technologisch sind die USA unangefochten die Supermacht.

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Buhlen wie schon vor vier Jahren wieder um den Einzug ins Weisse Haus: Donald Trump (l.) und Joe Biden.
Foto: AFP

Die nüchterne Bilanz zu Trump und Biden.

1. Der Republikaner Donald Trump

Donald Trump ist kein angenehmer Zeitgenosse. Er wirkt zornig und selten charmant. Aber vieles, was er sagt, stimmt. Als er unlängst polterte, er werde als US-Präsident jene Länder nicht verteidigen, die ihre Beiträge an die Nato nicht zahlen, breitete sich in Europa Panik aus. Hinter vorgehaltener Hand pflichten ihm Militärexperten aber bei: Ja, Europa muss mehr für seine Verteidigung tun. Sich auf die USA zu verlassen, ist eine Strategie der Schwäche.

Trumps Bilanz als Präsident liest sich besser, als viele sagen. Klar, seine Einwanderungspolitik riss Familien auseinander. In Syrien liess er Kurden im Stich. Und er log und log und log.

Vieles aber hat funktioniert. Etwa die Aussenpolitik. Mancher seiner Vorgänger legte diese in die Hände ideologischer Denkfabriken – und erntete desaströse Resultate wie den Irak-Krieg oder erstarkte iranische Mullahs. Trump hingegen beauftragte seinen Schwiegersohn Jared Kushner (43). Und das ging erstaunlich gut. Israel kam mehreren arabischen Staaten näher. Trump zettelte keine Kriege an. China bot er die Stirn, zuerst rhetorisch, danach stellte er sich mit Zöllen gegen die Industriespionage aus Peking, gegen Dumpingpreise und abgeschottete Märkte.

Trump übernahm das Land 2017 am Ende eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Diesen verlängerte er mit einer rasch verabschiedeten Steuerreform. Die Gewinne der Konzerne stiegen. Sie stellten neues Personal an, was die Arbeitslosenquote auf 3,5 Prozent drückte. So tief war sie zuletzt 1969. Vom Aufschwung profitierten nicht nur die Reichen, sondern auch viele Bedürftige. Das amerikanische Bundesamt für Statistik zählte eine historisch tiefe Arbeitslosigkeit bei Latinos und Schwarzen. Stiegen die Löhne im Jahr 2019 generell um 3,1 Prozent, nahmen jene der alleinerziehenden Mütter um 7,6 Prozent zu. Die Armut unter schwarzen Frauen und Latinas sank beachtlich.

Trump gab sich sozial. Auf Initiative seiner Tochter Ivanka Trump (42) führte er für staatliche Angestellte einen bezahlten Elternurlaub ein. Erfolgreich senkte er die Preise zahlreicher Medikamente. Unversicherte Amerikaner erhielten kostenlos Aids-Präventionsmittel. Er verhalf den USA zur Fussball-WM 2026 und zu den Olympischen Sommerspielen 2028.

Nun liegt es an den Wählern und später den Historikern zu beurteilen, ob der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 den positiven Leistungsausweis zunichtemachte. An diesem Tag gefährdete Trump das wohl wichtigste Gut eines Präsidenten: die Demokratie.

2. Der Demokrat Joe Biden

Als Joe Biden im Januar 2021 ins Weisse Haus einzog, raffte ein Virus weltweit Menschen dahin. Ein Jahr später griff Russland die Ukraine an. Pandemie und Krieg in Europa warfen die Wirtschaft aus der Bahn. Preise stiegen, es drohte eine Rezession. Biden und seinem Team gelang etwas Einzigartiges: Sie dämmten die Inflation ein, ohne dass die amerikanische Wirtschaft einbrach. Nötig war ein Drahtseilakt. Die unabhängig agierende Notenbank erhöhte die Zinsen, um die Preise zu drosseln. Biden brachte staatliche Programme durch den Kongress, was die Konjunktur im Plus hielt. So gut es ging, drosselte Finanzministerin Janet Yellen (77) die Ausgaben. Das Resultat ist beachtlich: Die US-Wirtschaft wuchs letztes Jahr um 3,1 Prozent, die Inflation sank von fast 10 auf 3 Prozent. Das kommt an der Wall Street gut an – Amerikas Börsen boomen.

Biden zog Amerika aus dem Corona-Loch. Unternehmen und der Staat schufen unter ihm 6,4 Millionen neue Stellen. Die Arbeitslosenzahl sank von 6,4 auf 3,7 Prozent, fast so tief wie vor der Pandemie.

Seine Generäle und Spione sagten Anfang 2022 den russischen Einmarsch in der Ukraine korrekt voraus, während fast alle Europäer ihn für einen Bluff hielten. Ohne zu zögern, unterstützte Biden die Ukraine mit grosszügiger militärischer Hilfe. Das bremste Russlands Präsidenten Wladimir Putin (71) und seine Armee. Nach über zwei Jahren Krieg fällt es Biden aber zunehmend schwer, seine Landsleute zu überzeugen, einen fernen Krieg zu finanzieren. Derzeit blockiert der Kongress ein für die Ukraine wichtiges Hilfspaket.

Biden setzt auf Allianzen. Er glaubt im Gegensatz zu Trump, Amerika sei sicherer, wenn das Land in Europa und Asien mit anderen kooperiert. Biden half, die Antipathie zwischen Südkorea und Japan zu überwinden. Mit den Philippinen und Papua-Neuguinea schloss er Verteidigungsbündnisse, die Beziehungen zu Indien und Australien vertiefte er. All das soll helfen, Chinas wachsende diplomatische, wirtschaftliche und militärische Macht im indopazifischen Raum einzudämmen.

Damit führt er Trumps wirtschaftliche Zwietracht mit China fort. Fortan können US-Inspektoren die Bücher von in China und Hongkong ansässigen Unternehmen prüfen. Mit staatlichen Zuschüssen von über 50 Milliarden Dollar fördert Biden die Produktion von Mikrochips in den USA. Es soll die Abhängigkeit von China mindern.

Nach dreieinhalb Jahren Biden sind die USA in guter Verfassung. Wäre er agiler, müsste er kaum um die Wiederwahl fürchten – obwohl ihm der Abzug amerikanischer Truppen aus Afghanistan gänzlich missglückt ist.

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