Der Ende August bei einem Flugzeugabsturz gestorbene Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin (†62) war bekannt für seine Videos, in denen er über Putin, den Ukraine-Krieg und dessen Verlauf schimpfte. Würde er noch leben, wäre jetzt wohl wieder der Moment für ein Wut-Video gekommen. Ende der vergangenen Woche wurde publik, wer für den Kreml künftig «die Bildung von Freiwilligeneinheiten» für den Krieg gegen die Ukraine koordinieren wird. Sein Name: Andrej Troschew (61). Ausgerechnet der Mann, den Prigoschin für einen Verräter hielt.
Als einer der erfahrensten Wagner-Kommandanten war Troschew ein hohes Tier in Prigoschins Söldnertruppe, soll den Kreml allerdings frühzeitig vor der Wagner-Revolte Ende Juni gewarnt haben. Zwei Tage, nachdem Prigoschin den Aufstand kurz vor Moskau abgesagt hatte, warf er seinen langjährigen Vertrauten Troschew raus.
Schon bei einem Treffen kurz nach der Rebellion soll sich Putin dafür ausgesprochen haben, dass Troschew neuer Chef der Söldnertruppe wird. Das berichtete die russische Zeitung «Kommersant». Der Vorschlag scheiterte demnach an Prigoschins Widerstand.
Nach dem Ableben der Wagner-Führung ist es nun endgültig vorbei mit der Eigenständigkeit Wagners. Der Kreml hat nicht nur den Geldhahn zugedreht und viele Söldner entlassen, Troschews Beförderung unterstreicht Moskaus Bestrebungen, die Wagner-Söldner in Russlands reguläre Armee zu integrieren. Nach Angaben von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow (55) ist Troschew fortan für das russische Verteidigungsministerium tätig. Verteidigungsminister Sergei Schoigu (68) war Prigoschins absoluter Erzfeind.
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Kriegsverbrechen in Syrien
Troschew, Kampfname «Grauhaar», kennt sich mit Kriegen aus. Geboren wurde er 1962 in St. Petersburg, der Stadt, aus der auch Kremlchef Wladimir Putin (70) stammt. Einst wurde er für seinen in Afghanistan und Tschetschenien bewiesenen Mut ausgezeichnet, aufgrund von schweren Alkoholproblemen aber 2012 entlassen. Als Wagner-Kommandant erhielt er zudem die Auszeichnung als «Held der Russischen Föderation» für seine Rolle bei der Unterstützung der Regierungstruppen in Syrien 2015 und 2016.
2022 setzte Grossbritannien den Ex-Oberst auf die Sanktionsliste, auch die EU hat ihn sanktioniert. Die Begründung: Er habe sich direkt an den «Verbrechen gegen die syrische Bevölkerung» beteiligt.
Jetzt die Rückkehr in die staatlichen Reihen. Der Veteran wisse, was zu tun sei, «damit die Kampfeinsätze am besten und erfolgreichsten erledigt werden», lobte Putin in einem am Freitag veröffentlichten Video, das Troschew und den russischen Präsidenten nach einem Treffen zeigt.
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«Befinden uns in einer Post-Prigoschin-Ära»
«Die Tatsache, dass der Kreml-Sprecher bestätigte, dass Troschew für das russische Verteidigungsministerium arbeitet, zeigt, dass wir uns in einer Post-Prigoschin-Ära befinden. In der das Verteidigungsministerium die volle Kontrolle über die sogenannte spezielle Militäroperation in der Ukraine übernimmt», erklärt die Russland-Expertin Natia Seskuria vom Royal United Services Institute, einem in London ansässigen Think Tank, gegenüber der BBC.
Der deutsche Militärexperte Nico Lange (48) sieht in der Ernennung Troschews ein Zeichen der Schwäche Putins. Die Eingliederung Troschews in das Verteidigungsministerium unter Putins engem Vertrauten Schoigu bedeute, dass Russland die Söldner in der Ukraine noch immer brauche. Der öffentliche Auftritt Putins mit Troschew diene nun dazu, den Söldnern zu zeigen, wer der neue Chef sei, so Lange im ZDF. Troschews Ernennung soll also vor allem eins vermitteln: Putin ist in der Lage, Wagner und andere Söldnertruppen zu kontrollieren.