USA setzen Ukraine-Hilfen aus
«Putin feiert»

Die USA setzen für mindestens eineinhalb Monate jegliche Ukraine-Hilfe aus. Im Ringen um den eigenen Finanzhaushalt wird jetzt die Unterstützung für die Kriegsnation im Kampf gegen Russland eingestellt. Das Weisse Haus und einzelne Demokraten warnen.
Publiziert: 30.09.2023 um 23:45 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2023 um 08:20 Uhr
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Ein Mitarbeiter des Kongresses platziert das Siegel des US-Sprechers des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, auf einem Podium.
Foto: Keystone
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Im Ringen um Finanzierung drohte der US-Bundesregierung mal wieder die Schliessung – mit gravierenden Konsequenzen für das Kampfgeschehen an der Front in der Ukraine. Wenige Stunden vor Ablauf der Frist für den Shutdown hat das Repräsentantenhaus eine 45-tägige Notlösung verabschiedet. Der Gesetzentwurf wurde daraufhin praktisch in letzter Minute auch vom Senat angenommen.

Am späten Samstagabend hat auch US-Präsident Joe Biden (80) mit seiner Unterschrift den vom Kongress beschlossenen Übergangshaushalt in Kraft gesetzt, damit der US-Regierung nicht das Geld ausgeht. Bis Mitte November hat die US-Bundesregierung neue Luft erhalten. Doch brisant: Für die nächsten eineinhalb Monate soll die Ukraine keine weitere US-Hilfe erhalten – trotz eindringlicher Appelle aus dem Weissen Haus.

Aufruf Bidens

Aufgrund der Einwände einiger Konservativer sieht das Notlösungsgesetz keine neuen Gelder und zunächst keine weitere Unterstützung für die Ukraine vor – zum Beispiel auch keine Ausbildung von F-16-Kampfpiloten. Dies, während die Kriegsnation alle erdenklichen Mittel braucht, um mit der harzenden Gegenoffensive gegen die russischen Verteidigungslinien voranzukommen.

US-Präsident Biden meldete sich nach der Abstimmung im US-Kongress über die Abwendung eines Stillstands der Regierungsgeschäfte gleich zu Wort – und forderte schnell weitere Unterstützung für die Ukraine. Die Einigung sei zwar «eine gute Nachricht» für die Menschen im Land, teilte der Demokrat am Samstagabend (Ortszeit) mit. «Wir können unter keinen Umständen zulassen, dass die amerikanische Unterstützung für die Ukraine unterbrochen wird», mahnte er. Er forderte den republikanischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy (58), dazu auf, weitere Hilfen durchzusetzen.

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«Putin feiert»

Die Biden-Regierung warnte zuvor, dass die Aussetzung der Ukraine-Hilfe schwerwiegende Folgen für den Krieg zu haben drohe. Ein Shutdown hätte auch enorme Auswirkungen auf die gesamten USA, vom Flugverkehr bis hin zu sauberem Trinkwasser. Viele Regierungsoperationen würden zum Erliegen kommen. Auch militärische Operationen der Ukraine drohen beeinträchtigt zu werden.

Abgeordneter löst mitten in Shutdown-Drama Feueralarm in Kongress aus

Schräger Zwischenfall mitten im Haushaltsstreit im US-Kongress: Der demokratische Abgeordnete Jamaal Bowman löste am Samstagvormittag (Ortszeit) in einem Gebäude des US-Kongresses den Feueralarm aus. Republikaner reagierten erbost auf den Vorfall und warfen Bowman vor, dass er so die Abstimmung über den Übergangshaushalt im Repräsentantenhaus verzögern wollte. Dieser verhindert einen sogenannten Shutdown. Die Demokraten in der Parlamentskammer hatten zuvor moniert, nicht genug Zeit zum Lesen des Textes zu haben.

«Als ich heute zu einer Abstimmung eilte, kam ich zu einer Tür, die normalerweise für Abstimmungen geöffnet ist, sich aber heute nicht öffnen liess», teilte der Demokrat am späten Samstagabend (Ortszeit) schliesslich mit. «Es ist mir peinlich, zuzugeben, dass ich den Feueralarm ausgelöst habe, weil ich fälschlicherweise dachte, er würde die Tür öffnen», hiess es in einer Erklärung, die unter anderem dem Sender CNN vorlag. Er habe aber «in keiner Weise versucht, die Abstimmung zu verzögern», teilte Bowman weiter mit. «Ich habe dringend versucht, eine Abstimmung zu erreichen.»

Der Vorfall sorgte zuvor für Empörung in den höchsten Reihen der Republikaner. «Dies sollte nicht ungestraft bleiben. Das ist eine Blamage», sagte der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. 

Schräger Zwischenfall mitten im Haushaltsstreit im US-Kongress: Der demokratische Abgeordnete Jamaal Bowman löste am Samstagvormittag (Ortszeit) in einem Gebäude des US-Kongresses den Feueralarm aus. Republikaner reagierten erbost auf den Vorfall und warfen Bowman vor, dass er so die Abstimmung über den Übergangshaushalt im Repräsentantenhaus verzögern wollte. Dieser verhindert einen sogenannten Shutdown. Die Demokraten in der Parlamentskammer hatten zuvor moniert, nicht genug Zeit zum Lesen des Textes zu haben.

«Als ich heute zu einer Abstimmung eilte, kam ich zu einer Tür, die normalerweise für Abstimmungen geöffnet ist, sich aber heute nicht öffnen liess», teilte der Demokrat am späten Samstagabend (Ortszeit) schliesslich mit. «Es ist mir peinlich, zuzugeben, dass ich den Feueralarm ausgelöst habe, weil ich fälschlicherweise dachte, er würde die Tür öffnen», hiess es in einer Erklärung, die unter anderem dem Sender CNN vorlag. Er habe aber «in keiner Weise versucht, die Abstimmung zu verzögern», teilte Bowman weiter mit. «Ich habe dringend versucht, eine Abstimmung zu erreichen.»

Der Vorfall sorgte zuvor für Empörung in den höchsten Reihen der Republikaner. «Dies sollte nicht ungestraft bleiben. Das ist eine Blamage», sagte der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. 

Ein einziger Demokrat hatte wegen der fehlenden Hilfe für die Ukraine gegen die Notlösung gestimmt. Der Abgeordnete Mike Quigley (64) aus Illinois wetterte gegen das Entscheidungspaket, das keine neue Unterstützung für die Ukraine vorsieht. «Putin feiert», sagte Quigley zu CNN. Die Reagan-Doktrin in der republikanischen Partei sei «tot».

Die Reagan-Doktrin während des Kalten Kriegs zielte darauf ab, durch die Unterstützung antikommunistischer Kräfte die Regierungen prosowjetischer Staaten zu schwächen und letztlich zu stürzen. «Wir haben 45 Tage Zeit, um das Problem zu beheben», ärgerte sich Quigley. Er sehe aber «nicht, wie sich die Dynamik in 45 Tagen ändern wird».

Einschränkung Kiews befürchtet

Zuvor versuchte schon John Kirby (60), Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, die US-Abgeordneten in die Pflicht zu nehmen. Der hohe Weisse-Haus-Vertreter sagte, dass eine Einstellung der US-Gelder für die Ukraine die Militäroperationen Kiews in einem kritischen Moment beeinträchtigen würde.

Kiew drohe, so warnte Kirby, zu einem wichtigen Zeitpunkt nicht über die notwendigen Mittel für die Gegenoffensive zu verfügen.

Die USA sind der Hauptunterstützer der Ukraine. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, einem deutschen Forschungsinstitut, haben die Biden-Regierung und der US-Kongress seit Kriegsbeginn mehr als 75 Milliarden US-Dollar an Hilfe für die Ukraine bereitgestellt, darunter humanitäre, finanzielle und militärische Unterstützung.

Baldiger Ukraine-Kompromiss?

Der Überbrückungshaushalt von 45 Tagen enthält keinerlei Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine. Bidens Demokraten unterstützten den Gesetzesentwurf zähneknirschend, um einen Shutdown noch zu verhindern. Für das Weisse Haus waren und bleiben weitere Hilfen für die Ukraine eine Priorität. Die Demokraten standen vor der Frage, ob sie einen Regierungsstillstand im Streit über die Unterstützung von Kiew in Kauf nehmen. Die derzeit genehmigten Hilfen für die Ukraine dürften bald alle sein. 

Der Haushalt gewährt nur einen kurzen Aufschub bis Mitte November – der Streit um einen neuen Bundeshaushalt zwischen den Demokraten und den Republikanern ist damit nur verschoben. Für die Ukraine hat der Krimi im US-Kongress aber schon jetzt Konsequenzen. Aus Reihen der Demokraten verlautete am späten Samstag, dass Kongresssprecher McCarthy bei seiner Rückkehr ins Repräsentantenhaus einen separaten Gesetzentwurf zur Unterstützung der Ukraine zur Abstimmung stellen werde. 

US-Abgeordnete müssten «erneute Unterstützung für die tapferen ukrainischen Bemühungen» zeigen, indem es über zusätzliche Ukraine-Hilfen abstimme, zitierte CNN eine Erklärung von Demokraten. «Wir erwarten, dass Sprecher McCarthy nach seiner Rückkehr ins Repräsentantenhaus einen Gesetzesentwurf zur Abstimmung vorlegt, der die Ukraine unterstützt, und zwar im Einklang mit seiner Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Wladimir Putin, Russland und der Autoritarismus besiegt werden», heisst es in der Erklärung. «Wir müssen an der Seite des ukrainischen Volks stehen, bis der Sieg errungen ist.»

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