Seit Kriegsbeginn ist die Ukraine auf Waffen und Hilfsmaterial von befreundeten Staaten angewiesen. Nicht zuletzt das Himars-Raketensystem aus den USA oder die Leopard-2-Panzer aus Deutschland verschafften dem Verteidiger einen entscheidenden Vorteil gegen Russland. Doch die Ukraine-Hilfe bröckelt. Eine Übersicht.
USA
Nur wenige Stunden vor Ablauf der Frist konnten die USA einen neuen Haushalt verabschieden. Allerdings mit gravierenden Folgen für Kiew: Um die eigene Regierung zu finanzieren, setzen die Amerikaner für die nächsten eineinhalb Monate nämlich sämtliche Hilfe an die Ukraine aus.
Seit Kriegsausbruch haben die USA bereits Hilfe im Wert von umgerechnet rund 67 Milliarden Franken bereitgestellt, davon allein 40 Milliarden für militärische Zwecke. Damit stoppt der grösste Helfer der Ukraine ausgerechnet jetzt seine Lieferungen, während der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) für seine Gegenoffensive eigentlich besonders auf modernes Kriegsgerät aus dem Westen angewiesen wäre.
Dass in dem Übergangshaushalt keine Hilfe für die Ukraine enthalten ist, bedeutet jedoch nicht, dass Kiew ab sofort keinerlei Unterstützung mehr aus den USA bekommt. Allerdings gehen die bisher genehmigten Mittel langsam zur Neige.
Slowakei
Bei der Parlamentswahl in der Slowakei hat die linkspopulistische Partei Smer-SD des früheren Ministerpräsidenten Robert Fico (59) die meisten Stimmen erzielt. Die Nato- und EU-kritische Partei kam nach Auszählung fast aller Stimmen am Sonntag auf 23,3 Prozent.
Die Partei hatte im Wahlkampf damit geworben, die Militärhilfe für die Ukraine einstellen zu wollen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist die Slowakei einer der grössten Unterstützer Europas für die Ukraine. Bratislava schickte unter anderem Mig-Kampfjets an Kiew.
Ein Hoffnungsschimmer für Kiew: Die Smer-Partei dürfte es nicht leicht haben, eine Koalition zu bilden. Und fast alle anderen ins Parlament gewählten Parteien wollen an einer Militärhilfe für die Ukraine festhalten.
Polen
Nachdem ein Streit um ukrainisches Getreide ausgeartet war, kündete Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (55) an: «Wir transferieren keine Waffen mehr an die Ukraine, weil wir uns selbst mit den modernsten Waffen ausrüsten.» Polen ist mit rund vier Milliarden Franken Hilfe der viertgrösste europäische Lieferant von Waffen für Kiew. Die Äusserung von Morawiecki löste in Brüssel und Berlin entsprechend Irritationen aus.
Daraufhin krebste Präsident Andrzej Duda (51) zurück und sprach von einem «Missverständnis». Die Äusserungen von Morawiecki seien auf «die denkbar schlechteste Weise interpretiert» worden. «Meiner Meinung nach wollte der Ministerpräsident sagen, dass wir die neuen Waffen, die wir derzeit im Zuge der Modernisierung der polnischen Armee kaufen, nicht an die Ukraine liefern werden.»
Warschau hat unter anderem mit den USA und Südkorea Waffengeschäfte zum Kauf neuer Panzer und Haubitzen abgeschlossen. «Wenn wir die neuen Waffen aus den USA und Südkorea erhalten, werden wir die derzeit von der polnischen Armee verwendeten Waffen freigeben. Vielleicht werden wir sie an die Ukraine weitergeben», sagte Duda.
Auch Polens Regierungssprecher Piotr Müller (34) präzisierte Morawieckis Aussage und erklärte, dass Polen die Waffenlieferungen an die Ukraine künftig auf bereits abgeschlossene Verträge beschränken werde. «Polen realisiert allein die Lieferungen von Munition und Waffen, die zu einem früheren Zeitpunkt beschlossen wurden.»
Der russische Machthaber Wladimir Putin (70) dürfte hoffen, dass auch andere westliche Länder künftig auf Waffenlieferungen verzichten. Russland seinerseits scheint nämlich ebenfalls auf frisches Kriegsgerät angewiesen zu sein. So traf sich Putin zuletzt mit Nordkoreas Kim Jong Un (39), um über eine mögliche militärische Kooperation zu sprechen.
Trotz allem kann die Ukraine weiterhin auf die Hilfe von zahlreichen westlichen Staaten zählen. So verkündete Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (63) vor zwei Wochen ein Paket für die Ukraine im Wert von knapp 400 Millionen Franken. (AFP/obf)