Auf einen Blick
- Schweizer Wirtschaftsverbände fordern Massnahmen gegen ausländische Online-Plattformen wie Temu
- Vorwürfe: Irreführende Werbung, unlautere Geschäftspraktiken und Wettbewerbsverzerrung
- Temu, Shein und AliExpress erzielten letztes Jahr fast 1 Milliarde Franken Umsatz
Temu, Shein, AliExpress: Sie sind die Speerspitze der ausländischen Onlineshops, die den Schweizer Markt mit günstiger Ware fluten. Zusammen erzielten diese drei Plattformen im letzten Jahr schon fast eine Milliarde Franken Umsatz in der Schweiz. Das Wachstum hält an und damit die Umwälzung im Schweizer E-Commerce.
Das passt einigen Wirtschaftsverbänden überhaupt nicht. Schon im Mai erhob der Branchenverband Swiss Retail Federation Beschwerde gegen Temu beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Die Vorwürfe: «Irreführende Werbung», «unlautere Geschäftspraktiken» und Wettbewerbsverzerrung, weil sich ausländische Plattformen nicht an Schweizer Gesetzgebung zu halten haben. Letzteres in Bezug auf Produktsicherheit oder Umweltschutzmassnahmen. Dazu sind Temu & Co. bei Produkten unter 62 Franken steuerbefreit – im Gegensatz zum Handel in der Schweiz.
Passiert ist in Bern laut Verbands-Direktorin Dagmar Jenni (56) seitdem zu wenig. Die Schweiz schenke dem Thema im Gegensatz zur EU noch zu wenig Aufmerksamkeit.
Jetzt, in der für den Handel wichtigen Vorweihnachtszeit, lanciert die Swiss Retail Federation deshalb gemeinsam mit elf weiteren Fach- und Konsumentenschutzverbänden einen neuen Versuch. In einem Brief an den Bundesrat fordern die Verbände diesen auf, Temu & Co. offiziell abzumahnen.
Verbände wollen gleich lange Spiesse
Das Ziel sei nicht, Konkurrenz auszuschalten, so Jenni. Sondern gleich lange Spiesse zu schaffen: «Für einen fairen Wettbewerb muss der Bund Temu und ähnliche Plattformen offiziell abmahnen und die Öffentlichkeit proaktiv über unlautere Verhaltensweisen informieren.» Die Zeit für «nachsichtiges Handeln» sei abgelaufen. «Wie soll ich unsere Mitglieder dazu ermahnen, sich an gesetzliche Regelungen zu halten, wenn Billig-Plattformen davon unbehelligt bleiben?», fragt Jenni.
Weil Temu & Co. vom Einfluss her inzwischen volkswirtschaftliche Bedeutung haben und weitere Gewerbe wie Sanitär und Solar mit ihren Online erwerbbaren Billigprodukten bedrohen, müsse die Öffentlichkeit deutlicher über Risiken informiert sein. Dafür gebe es genügend konkrete Beispiele. So habe eine Untersuchung des Spielwaren-Verbands Schweiz gezeigt, dass 15 von 18 auf Temu und Shein bestellte Spielwaren verboten sein müssten. Zudem entstehe durch die Versandpraxis auf dem Flugweg ein bis zu 50-mal höherer CO2-Ausstoss als bei konventionellem Container-Versand.
Mehr zum Kampf des Handels gegen Temu & Co.
Es sei für die die Konsumentensicherheit wichtig, dass in die Schweiz importierte und hier verkaufte Ware lokalen Produktsicherheitsstandards entspreche. Ferner sollen Datenschutzrichtlinien verbessert und Online-Händler mit Sitz im Ausland dazu verpflichtet werden, eine Rechtsvertretung in der Schweiz zu bestimmen, um die Einhaltung lokaler Gesetze sicherzustellen.
Jenni glaubt zwar nicht, dass sich bis Ende Jahr viel tut. Wichtig sei, das Thema im Fokus der Öffentlichkeit zu halten: «Gerade auch, weil so viele unbedacht auf diesen Plattformen einkaufen.»