Der Onlineshop Temu ist in der Schweiz beliebt. Die App liegt hierzulande vorne in den Downloadcharts. Diese Beliebtheit setzt die Schweizer Detailhändler unter Druck, so die Swiss Retail Federation – der Verband der Schweizer Detailhandelsunternehmen.
«Mit gigantischen Marketingkampagnen und Dumpingpreisen hat sich der chinesische Onlinemarktplatz Temu innert weniger Monate in der Schweiz breitgemacht.» Das schrieb der Verband im Mai.
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Vorwurf der irreführenden Werbung
Nun hat die Swiss Retail Federation eine Beschwerde gegen Temu beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eingereicht. Wie CH Media schreibt, stützt sie sich darin auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und auf die Preisbekanntgabeverordnung.
Der Vorwurf: Temu wendet irreführende Werbung an, sogenannte Dark Patterns. Dabei handelt es sich um eine manipulative Technik, die Konsumentinnen zum Kauf anregen soll.
Beispiele dafür sind Extravorteile bei einem bestimmten Einkaufswert oder Anzeigen wie «Rabatt nur noch heute!». Auch den Verkauf von Produkten unter deren Preis prangert der Verband an. All dies verstosse laut ihm gegen das Schweizer Recht.
Temu reagiert
Laut CH Media hat Temu auf den Druck reagiert und angeboten, eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung zu diskutieren, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Was es damit auf sich hat, ist unklar. Darum hält die Swiss Retail Federation an der Beschwerde fest.
Das Seco prüft derzeit die Vorwürfe und befindet sich im Austausch mit Temu. Die Behörde kann Strafanzeige stellen und eine Zivilklage einreichen. Doch eine solche Klage wirft viele schwierige juristische Fragen auf.
Wo, in welchem Land und bei welchem Gericht müsste die Behörde sie einreichen? Denn Temu ist in verschiedenen Ländern präsent: Die Firma gehört der chinesischen PDD Holdings Inc., hat ihren Sitz in Irland und verkauft an Leute in der Schweiz. Diese Situation ist neu für das Seco.
Zuständigkeit ist unklar
Warum ist es unklar, wo das Seco eine allfällige Klage einreichen müsste? Die Beobachter-Juristin Nicole Müller erklärt: «Weil unser Gesetz nicht geschrieben wurde für internationale Streitigkeiten.» Jedes Land hat sein eigenes Gesetz für sein Staatsgebiet.
Im Schweizer Gesetz steht zum Beispiel genau, an welchem Ort eine Bündnerin gegen einen Basler klagen muss. Es hängt auch davon ab, worum es geht: um ein Haus, um einen Arbeitsvertrag oder um Kindesunterhalt.
Was gilt aber, wenn die Bündnerin Krach mit einem Münchner hat? Solche Fälle sind schon komplizierter, sie sind nicht in der Schweizer Zivilprozessordnung geregelt. Juristinnen und Juristen müssen zuerst überlegen: In welchem Gesetz muss man nachschauen?
«Da bricht uns Juristinnen und Juristen der Schweiss aus»
Gibt es einen Staatsvertrag zwischen den betroffenen Ländern, der anwendbar ist? Und wenn nicht: Welches Gesetz in welchem Land ist anwendbar?
Im Beispiel von Deutschland ist der Fall noch relativ klar. Aber bei Temu, welches eine chinesische Firma mit Sitz in Irland ist: «Da bricht uns Juristinnen und Juristen der Schweiss aus», sagt Müller.
Denn: «Es gibt kein ähnliches Gerichtsurteil, an welchem wir uns orientieren können, überall lauern juristische Schlaglöcher.» Der Fall muss von Grund auf bearbeitet und recherchiert werden. Dies trägt das Risiko, am falschen Ort zu klagen – das kann teuer werden. Diese und weitere Fragen plagen wohl nun das Seco.
Bis sich da etwas tut, können sich Konsumentinnen und Konsumenten selbst helfen, um nicht auf die manipulativen Tricks von Onlineshops hereinzufallen.