Straffere Steuergesetze
Versiegt jetzt der Zustrom reicher Norweger?

Norwegen hat genug davon, dass seine reichsten Bürger vor den hohen Steuern in die Schweiz flüchten. Aber statt Anreize zu schaffen, bekämpft das Land die Steuerflucht mit einer weiteren Steuer.
Publiziert: 23.03.2024 um 13:11 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2024 um 16:58 Uhr
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Feindbild der reichen Norweger: Der norwegische Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum (r.), hier im November 2023 mit EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni und der Schweizer Seco-Chefin Helene Budliger Artieda.
Foto: keystone-sda.ch
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Ist bald Schluss mit der «Lachskarawane»? Der Begriff bezeichnet die massive Auswanderung reicher Norweger in Richtung Schweiz und anderer Niedrigsteuerländer.

Diese wollen mit dem Umzug den starken steuerlichen Zugriff des Staates, etwa in Form erhöhter Vermögenssteuern, eindämmen. Das sorgt für Millionen-Steuereinbussen in Norwegen, während sich Schweizer Gemeinden über zahlungskräftige Neuzuzüger freuen dürfen.

Fertig damit! Diese Woche hat die norwegische Regierung per Medienmitteilung ihren Vorschlag für eine neue «Umzugssteuer» eingereicht. Es gehe darum, in Norwegen erwirtschaftete Gewinne im Land selber zu versteuern. Sprich: Gewinne auf Aktien, Immobilien und andere Werte müssen bei einem Umzug ins Ausland neu innerhalb von 12 Jahren gezahlt werden – unabhängig davon, ob der Eigentümer sich den Gewinn ausbezahlt oder nicht. Zieht der Steuerpflichtige innerhalb von 12 Jahren zurück, entfällt die Steuer oder wird erstattet.

Dies werde das Vertrauen in das norwegische Steuersystem erhöhen, glaubt die norwegische Regierung. Die Änderungen gelten – sofern der Vorschlag zum Gesetz wird, womit zu rechnen ist – für alle Umzüge ins Ausland seit dem 20. März 2024.

Eine Art neue Erbschaftssteuer?

Der 2022 nach Luzern umgesiedelte norwegische Multimillionär Jens Rugseth (61) zeigt sich im Wirtschaftsblatt «Dagens Næringsliv» unbeeindruckt: «Die einzige wirkliche Verschärfung besteht darin, dass die Regierung eine versteckte Erbschaftssteuer für Kinder einführen will, deren Eltern ab April 2024 ins Ausland ziehen.» Dazu gelte es zu prüfen, ob der Gesetzesvorschlag mit EU-Recht vereinbar sei, das den freien Verkehr vom Menschen und Kapital garantiert.

Norwegen ist in der Frage zur Besteuerung von Superreichen gespalten: Manche finden diese überzogen und sprechen beim neuen Vorschlag von der Schaffung eines «Steuergefängnisses», andere sind froh um die härtere Gangart gegenüber Reichen.

Der neue Vorschlag kommt jedenfalls reichlich spät: Norwegen belangt niemanden, der vor dem 29. November 2022 in die Schweiz gezogen ist. Für diese entfällt die Umzugssteuer nach fünf Jahren. Kjell-Inge Røkke (65), der im Sommer 2022 nach Lugano gezogene, viertreichste Norweger, kam gerade noch davon. Würde er heute in die Schweiz ziehen, müsste er fast eine Milliarde Franken an Umzugssteuern abliefern, rechnet «Dagens Næringsliv» vor.

Wer zwischen dem 29. November 2022 und dem 20. März 2024 umgezogen ist, kann die Zahlung der Umzugssteuer immerhin auf unbestimmte Zeit bis zur Realisierung der Gewinne verschieben.

Besteuerung könnte Jungunternehmer abschrecken

Heisst das, dass nun keine weiteren reichen Norweger in die Schweiz ziehen? Möglicherweise.

Dafür riskiert Norwegen seine Start-up-Szene. Viele Jungunternehmer sind nämlich alles andere als glücklich mit der Regelung. Wer beispielsweise eine brillante Geschäftsidee hat, deren Wert auf 100 Millionen Kronen beziffert wird, müsste nach aktuellem Stand 38 Millionen Kronen bezahlen, um überhaupt ins Ausland ziehen zu dürfen.

Das könnte einige dazu verführen, ihre Geschäftsideen von vornherein im Ausland umzusetzen.

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