Flucht vor hoher Steuerlast
Die Schweiz wird zum Steuerparadies reicher Norweger

Das freut die Schweizer Steuervögte: Die Zuwanderung wohlhabender Norweger in unser Land nimmt nicht ab. Da sich Norwegens Steuerlast nicht lindert, kommen vermehrt auch Mittelständler zu uns.
Publiziert: 12.05.2023 um 14:12 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2023 um 14:32 Uhr
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Lugano ist nebst Luzern, Zug und Andermatt UR ein bevorzugtes Ziel von reichen norwegischen Steuerflüchtlingen.
Foto: Keystone
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Alleine im vergangenen Jahr zogen 36 vermögende Norwegerinnen und Norweger in die Schweiz, um der immensen Steuerbelastung in ihrem Heimatland zu entgehen – darunter mit Kjell Inge Røkke (64) der drittreichste Norweger überhaupt. Das waren sechsmal mehr als im Schnitt der Vorjahre.

Ein Ende der Steuerflucht von wohlhabenden Norwegern in die Schweiz ist nicht zu erwarten. Das norwegische Finanzblatt «Kapital» hat 200 der führenden Unternehmer, Investoren und vermögenden Privatpersonen des Landes um ihre Meinung zum Thema gebeten. Und vernichtende Rückmeldungen zur norwegischen Steuerpolitik erhalten. Gepaart mit offen formulierten Absichten, in naher Zukunft das Land in Richtung Schweiz zu verlassen.

Immobilienverwalter und Multimillionär Truls Herman Holm etwa schlägt Alarm: «Mit dem Steuersystem, das wir jetzt in Norwegen haben, sind Besitzer von Firmen einer so hohen Steuer ausgesetzt, dass sie zu deren Begleichung Geld aus den Unternehmen entziehen müssen, statt dieses in die Firmen zu reinvestieren. Wir sind am Punkt angekommen, wo es für Firmen das Beste ist, wenn der Eigentümer ins Ausland zieht.»

Immer weniger Lust auf Verbleib im Land

Die grosse Mehrheit der von «Kapital» befragten reichen Norweger ist der Meinung, dass sich Änderungen im Steuersystem im vergangenen Jahr negativ auf Investitionen, Beschäftigung und Wachstum in den Unternehmen ausgewirkt haben. Am meisten Bauchschmerzen bereitet ihnen die hohe Vermögenssteuer, gefolgt von der Dividendensteuer. So sehr, dass immer mehr darüber nachdenken, es den bisherigen Auswanderern in die Schweiz gleichzutun.

«Die bisherige Kapitalflucht dürfte daher nur der Anfang sein – sehr viel Geld könnte künftig noch aus dem Land verschwinden», bilanziert «Kapital».

Auch mittlere Vermögen zieht es weg

Unter der hohen Steuerlast ächzen aber nicht nur die Superreichen. Im Wirtschaftsblatt «Finansavisen» erklärt Marte Kopperstad, Direktorin der Bank Nordea: «Inzwischen kommen nicht mehr nur Kunden mit grossen Vermögen zu uns, um eine Übersiedlung in die Schweiz zu besprechen. Mittlerweile kommen auch viele Kunden mit einem Vermögen zwischen 50 und 100 Millionen Kronen.» Das sind also Kunden mit privaten Vermögen von rund 4,5 bis 8,5 Millionen Schweizer Franken.

Im selben Blatt erklärt Steuerexperte Geir Peter Hole, dass wohlhabende Norweger nicht in die Schweiz ziehen, um mehr Geld zu verdienen, «sie versuchen lediglich, das Geld zu behalten, das sie besitzen». Bei einigen Steuersätzen unterscheidet sich die Höhe nämlich nicht wesentlich von jener in Norwegen. Was die Steuerflucht auslöste, waren plötzliche Änderungen der Vermögensbesteuerung und der Besteuerung latenter Kapitalerträge (Gewinne und Dividenden). Diese traten sofort bei Bekanntwerden in Kraft. Und in Norwegen sind individuelle Steuerabkommen völlig ausgeschlossen.

Die Schweiz kann sich also darauf einstellen, dass weitere wohlhabende Norweger zuziehen, solange sich am norwegischen Besteuerungssystem nichts ändert.

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