Darum gehts
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am heutigen Donnerstag den Leitzins erneut halbiert, um 25 Basispunkte auf neu 0,25 Prozent. Die Zinssenkung gilt ab morgen Freitag. Damit beschreitet die SNB den Weg der bisherigen Geldpolitik konsequent fort und bleibt Vorreiterin bei den Zinssenkungen. Viele Marktbeobachter hatten mit diesem Schritt gerechnet, einige wurden allerdings auch davon überrascht. Der Verzicht auf einen Zinsschritt hätte die Märkte wohl mehr irritiert, als er den Handlungsspielraum der Nationalbank wirklich erweitert hätte.
Martin Schlegel (48): «Mit unserer Zinssenkung tragen wir dem schwachen Inflationsdruck und den Abwärtsrisiken Rechnung», so der SNB-Präsident. «Gleichzeitig unterstützen wir die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz.» Ganz offensichtlich befürchtet die SNB, dass die Teuerung ohne diese Zinssenkung gegen null gehen oder gar negativ werden könnte. Im Februar lag die Inflation in der Schweiz nur noch bei 0,3 Prozent.
Hausbesitzer dürfen sich freuen, Mieter müssen sich nicht fürchten, Sparer halten nach Alternativen Ausschau. Die Auswirkungen des Zinsschritts im Überblick.
Was bedeutet der Zinsentscheid für Eigenheimbesitzer?
Wer etwas risikofreudig ist und sein Haus oder seine Wohnung über den Geldmarkt finanziert, also Saron-Hypotheken abgeschlossen hat, wohnt nochmals ein Stück billiger. Ab Freitag sinken die Kosten für Saron-Hypotheken erneut. Allerdings nicht so stark wie beim letzten Mal. Denn je tiefer der Zins, desto mehr fallen die Margen der Finanzinstitute ins Gewicht. In der Regel wird die Saron-Finanzierung quartalsweise angepasst.
Wenig dürfte sich für auf Sicherheit bedachte Hypothekarschuldner ändern. Denn in den Preisen für Festhypotheken ist auch diese Zinssenkung bereits eingepreist. Im Gegenteil: Wegen der globalen Unsicherheiten und der Zollpolitik in den USA haben die Zinsen für Festhypotheken einen Boden gefunden. Besonders wer sich langfristig absichern möchte, zahlt etwas mehr als noch vor ein paar Monaten.
Was haben Hauskäufer und -verkäufer vom Zinsentscheid?
Dank der tieferen Zinsen wird der Kreis derjenigen, die sich ein Eigenheim noch leisten können, wieder etwas grösser. Was allerdings gleichzeitig die Nachfrage erhöht und die Preise wieder antreibt. Das ist auch eine gute Nachricht für Verkäufer: Steigt die Nachfrage, können sie ihre Preisvorstellungen eher durchsetzen und müssen etwas weniger lang auf den Kaufabschluss warten. Klar ist: Je tiefer die Zinsen, desto vorteilhafter wird Kaufen statt Mieten.
Profitieren auch die Mieterinnen und Mieter?
Jein. Anfang März sank der Referenzzinssatz für Wohnen, der massgeblich ist für die Mieten in der Schweiz, von 1,75 auf 1,50 Prozent. Im Nachgang können nun viele Mieter eine Mietzinssenkung einfordern, sollte diese nicht automatisch kommen. Allerdings ist damit das Pulver für einen weiteren Rückgang des Referenzzinssatzes verschossen, zu klein ist dafür der aktuelle Zinsschritt. Erst wenn die Zinsen in der Schweiz auf null fallen, könnte der Referenzzinssatz nochmals sinken. Immerhin: Mieterhöhungen aufgrund steigender Zinsen sind auch in weiter Ferne.
Was bedeutet die Zinssenkung fürs Ersparte?
Das Geld aufs Sparkonto zu legen, gibt finanzielle Sicherheit, eine – auch wenn noch so kleine – Rendite liegt nach diesem Zinsschritt nicht mehr drin. Im Schnitt lagen die Sparzinsen in der Schweiz vor dem Zinsschritt bei 0,35 Prozent – und damit nur knapp über der Inflationsrate. Mit der erneuten Zinssenkung werden die Sparzinsen weiter fallen. Wer Rendite höher gewichtet als Sicherheit, muss sich nun nach Alternativen umsehen. Eine Option wären zum Beispiel Schweizer oder europäische Aktien, die im Moment besser abschneiden als US-Titel.
Was bedeutet die Zinssenkung für die Konsumenten?
Die Teuerung in der Schweiz ist besiegt, vor allem die aus dem Ausland importierte. Im Februar verbilligten sich die Importgüter um 1,5 Prozent, die Preissteigerungen inländischer Güter und Dienstleistungen betrugen dagegen 0,9 Prozent. Der Arbeitsmarkt ist robust, die Konsumentenstimmung etwas heiterer als vor Jahresfrist. Trotzdem dürften viele Konsumenten bei grösseren Anschaffungen etwas Zurückhaltung an den Tag legen, einfach weil unklar ist, in welche Richtung sich die Weltwirtschaft entwickeln wird. Immerhin: Trotz des grossen Zinsschrittes im Dezember hat sich der Franken nur leicht abgeschwächt, der Einkauf im Ausland oder die Ferien bleiben dank der harten Währung weiter attraktiv.
Was hat die Wirtschaft von der Zinssenkung?
Die Exportindustrie darf sich einmal mehr bei der Nationalbank bedanken. Ein etwas schwächerer Franken nimmt Druck von vielen Firmen, da ihre Produkte preislich wettbewerbsfähiger sind. Kommt dazu, dass alle Firmen und Investoren von tieferen Kreditzinsen profitieren. Und in Zeiten der allgemeinen Verunsicherung durch die US-Zollpolitik kann etwas preislicher Spielraum nicht schaden – wenn denn die Investitionsgüter der Schweizer Techbranche überhaupt gefragt sind, da viele Unternehmen mit dem Kauf neuer Maschinen zuwarten.
Sinken die Zinsen weiter?
Fürs Erste wohl kaum. Denn die Nationalbank dürfte im Juni an der nächsten geldpolitischen Lagebeurteilung eine Zinspause einlegen. Zu unsicher sind die Folgen der US-Zollpolitik oder die Auswirkungen der riesigen Investitionsprogramme Europas zur Aufrüstung. Da tut einmal Durchatmen in der Geldpolitik gut. Damit wäre auch die erneute Einführung von Negativzinsen wieder etwas unwahrscheinlicher.