Wie ein Schweizer Start-up die Autowelt erobert
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Vitaly Ponomarev dreht auf:Wie ein Schweizer Start-up die Autowelt erobert

Gründer Vitaly Ponomarev (32) hat die Zukunft im Blick
Wie ein Schweizer Start-up die Autowelt erobert

Vor fünf Jahren hat der Russe Vitaly Ponomarev (32) sein Start-up Way Ray in die Schweiz transferiert. Inzwischen haben Porsche, Hyundai, Alibaba und andere 100 Millionen Franken in die Firma investiert. Trotz Corona-Krise wird massiv ausgebaut – in Zürich-Seebach.
Publiziert: 17.07.2020 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2020 um 10:34 Uhr
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Vitaly Ponomarev (32) ist Gründer von Way Ray und hat das Start-up vor fünf Jahren in die Schweiz gebracht.
Foto: Nodia Ilya
Lorenz Keller

Wayray wer? Das Jungunternehmen kennen in der Schweiz lediglich Technologiefans. Doch spätestens im Jahr 2023 wird sich das ändern. «Dann kommen die ersten Automodelle mit unserer Technologie auf den Markt», sagt Vitaly Ponomarev (32) im Gespräch mit BLICK. Der Russe und sein Team haben in den letzten Jahren ein holografisches Lasersystem entwickelt, das Informationen auf Glas projizieren kann.

Das Start-up kann damit Head-up-Displays in Autos ersetzen. Ganz ohne futuristische Brille oder irgendwelche Hilfsmittel sehen die Insassen im Auto Informationen auf der gesamten Fläche der Frontscheibe. Navigationshinweise werden nicht einfach mit Pfeilen oder Bildern symbolisiert, sondern direkt auf die Strasse oder die Umgebung gelegt. Durch diese im Fachjargon genannte Augmented Reality muss sich das Auge dabei nicht umstellen, sondern es wirkt so, als seien die Markierungen wirklich auf der Strasse angebracht.

Welche Erwartungen auf Ponomarev ruhen, lässt sich an den prominenten Investoren von Wayray ablesen. Insgesamt rund 100 Millionen Franken kamen in mehreren Finanzierungsrunden zusammen, der Wert der Firma wird auf eine halbe Milliarde Franken geschätzt. Autokonzerne wie Porsche und Hyundai haben investiert, aber auch Technologieunternehmen wie Alibaba und JVC Kenwood. «Wir brauchen für unsere Entwicklung viel Zeit und Kapital», sagt Ponomarev. Auch weil Wayray vieles selber entwickelt hat. Etwa die dreifarbigen Laser, die das Hologramm auf der Scheibe erzeugen. Oder auch die Folie, die ins Glas integriert ist und die Projektionen erst ermöglicht.

2023 kommt das erste Auto mit Schweizer Hologramm auf den Markt

Eigentlich ist die Technik fixfertig. Doch in der Autoindustrie dauert es drei bis fünf Jahre, bis neue Modelle von den ersten Entwürfen in Serie gehen. Nun sind also die ersten Autos mit Wayray-Technologie in Planung. Vitaly Ponomarev weiss natürlich schon welche, darf aber noch nichts verraten. «2023 kommen die ersten Modelle, in den Jahren darauf werden bereits Hunderttausende Autos mit unserer Technik ausgeliefert.» Dass die Investoren Porsche und Hyundai da eine grosse Rolle spielen, liesse sich wohl vermuten.

Eine wichtige Rolle dabei spielt der neue Firmensitz in Zürich-Seebach, den BLICK exklusiv besichtigen durfte. Auf dem Gelände von Ruag Space hat Ponomarev nach über einjähriger Suche eine passende Halle gefunden. Mit 3700 Quadratmeter Fläche und einer Höhe von vier Stockwerken ist sie riesig – und noch vollkommen leer. Ende Jahr aber soll der Umbau zum Forschungs- und Entwicklungszentrum inklusive Firmenhauptsitz abgeschlossen sein. Unten werden die Laser weiterentwickelt und getestet, oben auf dem Zwischenboden entstehen Büros.

Ponomarev will kräftig einstellen: 100 Angestellte werden es dann in der Schweiz sein, 80 mehr als bisher. Total arbeiten dann über 300 Leute für Wayray, neben der Schweiz auch in Russland, China und den USA.

«Der Ausbau in Zürich ist für uns entscheidend», sagt Ponomarev. Denn hier sollen die Laser und Hologramme für die Massenproduktion optimiert werden. «Wir brauchen viele neue Talente, und dafür ist die Schweiz ideal», sagt der Jungunternehmer. Die Verfügbarkeit von Entwicklern und Fachleuten war auch ein wichtiger Grund, warum Ponomarev überhaupt in die Schweiz gekommen ist.

«Es gibt keinen besseren Ort in Europa, um hoch qualifizierte Mitarbeiter anzustellen», sagt er. Einerseits wegen der ausgezeichneten Hochschulen und anderen Tech-Firmen wie Google. Andererseits, weil man ausländische Spezialisten mit der hohen Lebensqualität nach Zürich locken kann. «Die Schweiz liegt auch geografisch ideal. Im Zentrum Europas sind wir zum Beispiel nahe bei vielen grossen Autoherstellern, etwa in Süddeutschland», sagt Ponomarev.

Krise trifft auch Wayray, hat aber auch Positives

Wichtig sind dem Start-up-Gründer aus Russland auch Stabilität, Sicherheit und Planbarkeit: «Die Schweiz hat zu Recht ein gutes Image in der ganzen Welt.» Zudem hätten auch die Zürcher Behörden und die Hausbank Credit Suisse Wayray immer unterstützt. Das alles ist für den jungen Gründer viel wichtiger als die hohen Kosten. Oder auch, dass sie über ein Jahr einen passenden Ort für die neue Firmenzentrale suchen mussten.

Und wie stark hat die Corona-Krise das Unternehmen getroffen? Die Autoindustrie jedenfalls hat es hart getroffen, die Verkäufe brechen ein und Experten rechnen damit, dass weltweit nur zehn Hersteller die Krise überleben werden. «Auch wir haben wegen Corona in der Entwicklung hier und da kleine Verzögerungen in Kauf nehmen müssen», sagt Ponomarev. Doch die Pause habe auch sein Gutes gehabt. «Wir hatten Zeit, die Strategie und die Entwicklungen zu reflektieren.»

Wayray sei nun besser aufgestellt. Zudem seien durch die Produktions- und Lieferverzögerungen bei manchen Autoherstellern auch neue Chancen entstanden. «Dadurch haben sich für uns zum Teil noch Möglichkeiten ergeben, unsere Technologie in neue Fahrzeuggenerationen zu integrieren», sagt Ponomarev. Zudem könne man jetzt plötzlich ganze Teams von Fachleuten anstellen, die wegen der Krise eine neue Herausforderung suchen.

Die Autoindustrie ist zwar von der Grösse her momentan der wichtigste Bereich für Wayray. Die Hologramm-Technologie kann aber auch anderenorts eingesetzt werden. Überall, wo sich Informationen auf Glasscheiben anbieten. Einerseits im Verkehr, etwa bei Schiffen oder Flugzeugen, andererseits auch im Tourismusbereich. So könnten auf Hochhäusern die Aussichtsplattformen mit Scheiben ausgerüstet werden, auf denen die Informationen zur Stadt direkt zu sehen sind. Oder aber man rüstet die Seitenfenster von Panoramazügen, Stadtrundfahrtbussen oder auch Taxis damit aus. «Aktuell arbeiten wir an einem Marktplatz für Apps, die dann verschiedene Hologramme auf unserem System anzeigen. Damit entstehen völlig neue Businessmodelle für traditionelle Autohersteller.»

Ideen und Projekte hat Vitaly Ponomarev viele. Und ein Teil davon wird in den nächsten Jahren am neuen Hauptsitz in Zürich-Seebach zur Produktionsreife gebracht.

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