Berichte über Messungen von Bakterien und Viren auf Smartphones machen immer wieder die Runde. 100 Bakterienarten etwa tummeln sich laut dem deutschen TÜV auf Handydisplays. Eine Studie der Universität von Arizona hat laut «Time» auf Smartphones zehnmal mehr Bakterien gefunden als auf den meisten Toilettensitzen.
Das ist nicht nur unappetitlich, sondern gerade in der heutigen Zeit total widersinnig. Hände werden laufend desinfiziert und gewaschen, das Handy aber bleibt eine Bakterienschleuder. Vor allem auch, weil nur jeder vierte Nutzer sein Gerät regelmässig putzt.
Vor zwei Jahren hatten Nicole Steiner (39) und ihr Partner über dieses Thema diskutiert. Und auch darüber, dass eine regelmässige Reinigung gar nicht so einfach ist. Weil man entweder ein stationäres Reinigungsgerät braucht, etwa mit UV-Licht. Oder aber Roller, Lumpen oder Sprays, die man auch nicht immer dabei hat.
Nicole Steiner gründete darum ein Start-up mit dem Ziel, eine Handyhülle zu entwickeln, die einem die Putzarbeit sozusagen automatisch abnimmt. Und seit einigen Wochen ist Exxy nun auf dem Markt und kann auf der Webseite des Zürcher Start-ups für knapp 65 Franken gekauft werden.
Funktionstextilien mit Silber werden auch in der Medizin genutzt
BLICK hat eine Hülle zum Ausprobieren erhalten. Sie wirkt auf den ersten Blick wie eine normale, weiche Stoffhülle. Aussen ein filzähnlicher Stoff in Grau mit dem Exxy-Logo drauf. «Für die erste Produktion haben wir eine Einheitsgrösse gewählt, die für die meistverkauften Handys passend ist. Der Fokus lag auf der Materialqualität, noch nicht auf dem Design», sagt Steiner. In Zukunft seien aber natürlich verschiedene Grössen und Optiken denkbar.
Die Besonderheit von Exxy steckt im Inneren. Der weiche Stoff dort sieht aus wie mit Silberfäden gesponnen. Tatsächlich ist es ein Funktionstextil, das mit Silber versetzt ist. «Wir setzen aber nicht auf Nanosilber, sondern ionisieren den Stoff mit Silber», betont die Gründerin. Nanomaterialien sind auch in der Industrie umstritten, weil noch nicht alle physikalischen und biologischen Effekte bekannt sind.
Die antibakterielle Wirksamkeit von Silber ist schon lange bekannt, und Produkte mit Silber-Ionen werden in der Medizin eingesetzt – auch in Verbänden oder bei Vorhängen in Krankenhäusern. Für die Umsetzung in eine Handyhülle brauchte es aber noch einiges an Weiterentwicklung.
Corona hilft dem Start-up bei der Lancierung
Exxy hat diverse Zertifikate eines unabhängigen Testinstituts bekommen. Diese werden aber nicht veröffentlicht, um Ideenklau zu verunmöglichen. «Die Funktions- und Wirkweise von Exxy wird dabei auch von Experten der Empa gestützt», versichert Nicole Steiner.
Eigene Tests hätten gezeigt, dass schon nach fünf Minuten in der Hülle die Keimzahl deutlich reduziert sei. Je länger man das Handy in der Hülle hat, desto besser ist die Wirkung des Silbermaterials.
Dass das Produkt ausgerechnet in der Corona-Krise marktreif geworden ist, hilft natürlich dem Schweizer Start-up. «Wir hatten bereits in den ersten Tagen ohne jegliche Werbung vierstellige Umsätze», sagt Steiner. Anhand der Anfragen und Reaktionen merke man, dass die Leute sich der Hygieneproblematik stärker bewusst seien als früher. «Ich glaube auch, dass dies nicht wieder verschwinden wird.»
Gerade für die grössten Modelle der aktuellen Smartphone-Generation, etwa ein iPhone 11 Pro Max oder ein Samsung Galaxy S20 Ultra, ist die aktuelle Exxy-Hülle noch etwas knapp bemessen, wie auch der BLICK-Test zeigt. Doch das dürfte sich bei erfolgreichem Geschäftsgang ebenso ändern wie der Vertrieb. Bisher ist die Hülle nur direkt beim Start-up erhältlich, in Zukunft soll auch der Handel beliefert werden.