Sie fliegt seit 22 Jahren als Flight Attendant um die Welt. Zuerst für die Swissair und jetzt für die Swiss. In den vergangenen drei Jahren war Sandrine Nikolic-Fuss (53) als Präsidentin der Kabinengewerkschaft Kapers aber vor allem damit beschäftigt, gegen ihren Arbeitgeber anzukämpfen. Am Donnerstag dann endlich die Einigung auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Die Erleichterung ist ihr anzumerken, als sie mit Blick spricht. «Heute Abend werde ich mir ein Cüpli gönnen», sagt sie.
Die Verhandlungen mit den Airline-Chefs zogen sich über Monate hin, Nikolic-Fuss beschreibt sie als «zäh und hart, aber lösungsorientiert». Am meisten profitieren die neuen Flugbegleiter vom neuen GAV. Sie kriegen ab Januar statt 3400 neu 4000 Franken – eine Lohnerhöhung um 18 Prozent! Auch alle anderen Löhne steigen um mindestens vier Prozent.
«Ziele, die wir seit Jahrzehnten verfolgen»
Das ist ein grosser Verhandlungserfolg von Nikolic-Fuss und Kapers, die ihre Lohnforderungen fast gänzlich durchsetzen konnten. «Die Lohnerhöhungen sind ein grosser Schritt in die richtige Richtung», sagt sie. «Einige Ziele, die wir seit Jahrzehnten verfolgen, können mit dem neuen GAV verwirklicht werden.»
Damit meint Nikolic-Fuss die Planbarkeit des Soziallebens. Wie die Piloten werden die Kabinenmitglieder auch ihren Arbeitsplan etwas früher erhalten. Zudem führt die Swiss neue Teilzeitmodelle ein, unter anderem für Studenten. «Es war mein Ziel, diesem Job seine Würde zurückzugeben. Das ist mit diesen Schritten gelungen», sagt Nikolic-Fuss.
Auch die Swiss wollte die Arbeit in der Kabine wieder attraktiver machen. Am Flughafen haben die Airline-Chefs festgestellt, dass man nach der Entlassungswelle in der Pandemie Mühe hatte, neue Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter zu rekrutieren. Nicht zuletzt deshalb sind im vergangenen Sommer Hunderte Flüge ausgefallen.
Signalwirkung für andere Schweizer Airlines?
Mit dem neuen Gesamtarbeitsvertrag möchte die Swiss zum einen dem ausserordentlichen Einsatz der Kabinenmitarbeitenden während der letzten Jahre Rechnung tragen, «und zum anderen auch die notwendige Stabilität und attraktive Perspektiven für eine erfolgreiche Zukunft 2023 und darüber hinaus sicherstellen», sagt CEO Dieter Vranckx (49).
Nikolic-Fuss hofft, dass die Einigung eine Signalwirkung auf andere Schweizer Airlines hat, die mit ihren Löhnen nun deutlich unter denjenigen der Swiss liegen. Für sie ist es eine «Etappe». Nach wie vor verdienen neue Flugbegleiter bei der Swiss heute weniger als vor fünfzehn Jahren, sagt sie. «Die Löhne sollten noch weiter nach oben gehen.» Und schiebt nach: «Ich bin halt manchmal etwas utopisch veranlagt.»
DCX STORY: doc7nyk4rdi3x2xs4ed8c4 [Swiss in Zahlen]