600 Franken mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Die Swiss und die Kabinengewerkschaft Kapers vermelden am Donnerstagmorgen eine Einigung in den Verhandlungen um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV). «Der neue GAV ist eine starke Verbesserung für unser Personal. Einige Ziele, die wir seit Jahrzehnten verfolgen, können damit verwirklicht werden», sagt Sandrine Nikolic-Fuss (53), Präsidentin von Kapers. Wichtigste Verbesserung: Der Einstiegslohn steigt von 3400 auf 4000 Franken – plus 18 Prozent!
Nicht nur die Gewerkschaft jubelt, auch Swiss-CEO Dieter Vranckx (49) zeigt sich in einer Stellungnahme erfreut. «Ich bin sehr froh, dass damit der letzte Baustein gelegt werden konnte, um mit sämtlichen Berufsgruppen eine gute Basis für die kommenden Jahre zu schaffen.» Mit dem neuen Gesamtarbeitsvertrag möchte die Swiss laut Vranckx zum einen dem ausserordentlichen Einsatz der Kabinenmitarbeitenden während der letzten Jahre Rechnung tragen, «und zum anderen auch die notwendige Stabilität und attraktive Perspektiven für eine erfolgreiche Zukunft in 2023 und darüber hinaus sicherstellen.»
Bessere Planbarkeit
Der aktuelle GAV wäre noch bis im Frühjahr 2024 gültig, aber bereits im April 2023 kündbar gewesen. Der neue Gesamtarbeitsvertrag hat eine Laufzeit von fünf Jahren, die Mitglieder von Kapers müssen den Vertrag in einer Abstimmung noch absegnen. Das sollte bis Ende Februar geschehen.
Neben dem Einstiegssalär, das von 3400 auf 4000 Franken erhöht wird, steigen die Löhne auch auf allen anderen Lohnstufen um mindestens 4 Prozent. Wie die Piloten werden die Kabinenmitglieder auch ihren Arbeitsplan etwas früher erhalten, um ihr Privatleben besser planen zu können. Zudem führt die Swiss neue Teilzeitmodelle ein, unter anderem ein «Study & Fly Modell», das Studierenden mehr Flexibilität bieten soll. Insgesamt kostet die Swiss der neue GAV rund 100 Millionen Franken.
Die Leiden des Kabinenpersonals
Die Einigung ist langersehnt. Das Kabinenpersonal der Swiss hat sich in der Vergangenheit immer wieder an die Öffentlichkeit gewandt und sich über die tiefen Löhne und die harten Arbeitsbedingungen beklagt. Eine Swiss-Flugbegleiterin packte im Blick über das Innenleben in der Kabine aus und liess sich frühpensionieren. «Ich hatte keine Freude mehr an meinem Job. Die Arbeitsbedingungen während der Pandemie haben mir die Lust am Fliegen genommen», sagte sie.
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Immer wieder kam es auch zu Protestaktionen. Einmal meldete sich das Kabinenpersonal kollektiv krank, ein anderes Mal verschickten Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter einen Protestbrief an Blick und berichteten von Burnouts. 300 Kabinenmitglieder wurden im Zuge der Pandemie entlassen – etwas mehr als die Hälfte kam Anfang Jahr zurück. Sie kommen nun in den Genuss von besseren Arbeitsbedingungen.
Pragmatischer Swiss-CEO
Für Swiss-CEO Dieter Vranckx ist die Einigung mit dem Kabinenpersonal ein Erfolg. Nach den Deals mit den Piloten und dem Bodenpersonal war eine Einigung mit der Kabine sein grosses Ziel bis Ende Jahr, wie er im Blick-Interview im Oktober sagte. «Wir wollen für 2023 eine Stabilität erreichen – nicht nur operationell, sondern auch intern.»
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Schon bei den langwierigen Verhandlungen mit den Pilotinnen und Piloten war es am Ende Vranckx, der trotz Streikdrohungen eine Lösung am Tisch gefunden hat. Er wurde im Nachgang für seine pragmatische Art gelobt. Auch bei den Sitzungen mit der Kabinengewerkschaft hat sich Vranckx dem Vernehmen nach stets kompromissbereit und offen gezeigt. Das Resultat ist eine Einigung ohne Nebengeräusche – zum ersten Mal seit Jahren.