Eigentlich arbeiten 20 Personen im Bergrestaurant Prümaran Prui oberhalb des Dorfes Ftan GR. Aktuell sind es nur fünf Leute. Das Angebot ist eingeschränkt. Die Stühle auf der Terrasse sind weggeräumt. Das Restaurant ist zu. Es gibt nur Take-away. Alkohol: verboten.
Wegen der Corona-Massnahmen des Bundes und des Kantons Graubünden muss Fadri Caprez drei Viertel der Belegschaft in die Kurzarbeit schicken. Das ist einschneidend. Noch Ende November suchte der Bündner Beizer Verstärkung für die Wintersaison. Jetzt agiert er auf Sparflamme.
Es ist das zweite Mal in diesem Jahr, dass Caprez ausgebremst wird. Im Frühjahr war der Lockdown. Wochenlang ging nichts. Von einem Tag auf den anderen war Sendepause. Das Umsatzloch: gigantisch. Im Sommer konnte Caprez die Delle ausbessern. Er bereitete sich auf die Wintersaison vor, bestellte wie üblich bei den Lieferanten. Die Rechnungen summierten sich auf einen hohen sechsstelligen Betrag.
«Bis das Theater vorbei ist»
Anfang Oktober kam die Ware. Sie wurde «eingekellert», wie der Beizer sagt. Die Rechnungen sollten Mitte Januar beglichen werden, wenn das Weihnachtsgeschäft vorbei ist und die Kassen gefüllt sind.
Jetzt kommt das Land wieder zum Teil-Stillstand. Caprez sind unternehmerisch die Hände gebunden. Die Umsätze bleiben massiv unter den Berechnungen. Was das für die offenen Rechnungen bedeutet, ist noch unklar. Caprez wird womöglich mit den Lieferanten reden müssen. Er arbeitet zum Teil seit Jahrzehnten mit ihnen zusammen. Das Verhältnis ist glücklicherweise gut.
«Bei mir kippts noch nicht so schnell», sagte er am Telefon zu BLICK. Caprez spricht breites Bündnerdeutsch. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und tut seine Meinung kund – ohne Wenn und Aber. Auf seiner Webseite heisst es, es gäbe nur Take-away, «bis das Theater vorbei ist».
Quarantäne im Oktober
Caprez ist kein Corona-Leugner. Er nimmt die Pandemie und die Auflagen der Behörden ernst. Als im Oktober ein Angestellter positiv getestet wurde, schloss er den Betrieb und beendete damit die Sommer- und Herbstsaison. Zehn Tage war er in Quarantäne. Die Behörden erhielten alle Daten der Gäste. Vorbildlich.
Caprez ist ein Unternehmer, wie es Tausende im Land gibt. Er lebt von seinem Geschäft. Das Business ist ihm Passion. Mit Caprez gehen deshalb auch die Pferde durch, wenn er daran gehindert wird, sein Restaurant zu öffnen.
«Lieber Bundesrat, jetzt wird es richtig teuer», schreibt er auf Facebook wenige Minuten, nachdem die Landesregierung letzte Woche bekannt gegeben hatte, dass die Restaurants wieder schliessen müssen.
Worst Case: Konkurs
«Ich habe einen gesunden und gut funktionierenden Betrieb, den ich seit 20 Jahren mit vollem Einsatz betreibe», legt er zwei Tage später nach. «Seit dem Lockdown am Freitag mache ich mir aber grosse Sorgen.»
Caprez rechnet laut vor: Im schlimmsten Szenario – ohne staatliche Hilfe, ohne Kurzarbeit – überlebt er bis Ende Januar. «Danach ist es aus für 14 Saisonangestellte, vier Jahresangestellte und für mich.»
Im schlimmsten Szenario, rechnet Caprez weiter, bleiben die Lieferanten auf ihren Rechnungen sitzen. 200'000 Franken. Der Staat bleibt ohne Steuern. Macht minus 70'000 Franken. «Und in unseren Tourismusregionen geht es ganz vielen Betrieben so», schreibt Caprez. «Ich frage mich immer wieder: Ist es das wert?»
Ungebrochener Wille
Caprez erhält viele Reaktionen. Viele bedauern, dass er nicht wie gewünscht das volle Programm fahren kann. Zahlreiche sprechen ihm Mut zu. In den Kommentarspalten entwickelt sich auch eine heftige Debatte zwischen Gegnern und Befürwortern des Schliessentscheids.
Was bleibt, ist der Wille von Caprez. Er kämpft. Er bleibt offen, solange er kann. Auch am Dienstag, dem ersten Tag des neuen Teil-Lockdowns. Caprez und seine Angestellten: Sie stehen auf und arbeiten, so gut es geht. Alle tragen eine Maske. Die Botschaft: Die Show muss weitergehen.