Die Schweiz darf sich keine Illusionen machen. Das ansteckendere mutierte Coronavirus dürfte hierzulande bereits angekommen sein. Das stellte Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Montag vor den Medien klar. Das mutierte Virus sei hier zwar noch nicht nachgewiesen worden, aber in Nachbarländern. Deshalb müsse man davon ausgehen, dass es auch in der Schweiz sei.
«Das Virus ist uns leider wieder einmal einen Schritt voraus», sagte Mathys. «Wir müssen reagieren und entsprechende Massnahmen treffen.» Deshalb habe der Bundesrat neue Massnahmen beschlossen. Die Mutation im Coronavirus sei nicht überraschend. Es sei schon eine Vielzahl von Mutationen beobachtet worden, die aber keinen Einfluss auf das epidemische Geschehen gehabt hätten.
Einfacher übertragbar, aber nicht tödlicher
Bei dem nun in Grossbritannien aufgetretenen mutierten Virus sei das leider anders. Es könne leichter in Zellen eindringen und mache so die Übertragung von Mensch zu Mensch einfacher. Es gebe hierzu drei brennende Fragen. Erstens: Macht die Mutation das Virus gefährlicher? Die Antwort laute «Jein», sagte Mathys. Das Virus sei zwar einfacher übertragbar, aber das Ausmass sei noch zu bestimmen.
Die zweite Frage sei, ob das Virus eine schwerere Krankheit hervorrufe und mehr Menschen sterben würden. Die Antwort laute Nein, bisher gebe es keine Belege dafür, führte Mathys aus. Die dritte Frage sei, ob das Virus schon in der Schweiz sei. Wahrscheinlich, lautete die Antwort.
Tausende müssen nun in Quarantäne
Der Bundesrat hat nun rasch Massnahmen beschlossen, um die Ausbreitung der Corona-Mutation zumindest zu verlangsamen. Das erlassene Einreiseverbot gilt für alle Ausländer, die aus Grossbritannien oder Südafrika in die Schweiz einreisen wollen. Das sagte Cornelia Lüthy, Vizedirektorin des Staatssekretariats für Migration (SEM).
«Die generelle Ausnahme für Freizügigkeitsberechtigte gilt in dieser Situation nicht.» Schweizerinnen und Schweizer könnten aber weiterhin aus diesen Ländern in die Schweiz heimkehren, erklärte Lüthy. Die Situation und die Massnahmen würden laufend überprüft. Dies geschehe in Absprache mit anderen Ländern, insbesondere den Schengen-Staaten.
Personen, die seit 14. Dezember aus Grossbritannien oder Südafrika eingereist sind, müssen sich in Quarantäne begeben, wie Michael Gerber vom BAG ergänzte. Welche weiterführenden Massnahmen sinnvoll sind, darüber werde jetzt diskutiert.
Rund 10'000 Personen aus Grossbritannien seien in den vergangenen Tagen in die Schweiz eingereist. Diese müssten nun in die Quarantäne. Betroffen seien seit dem 14. Dezember 92 Flüge aus Grossbritannien und 4 Flüge aus Südafrika.
Bund prüft Massentests für Wintersport-«Hotspots»
Der Bund sammle nun die Passagierdaten der Fluggesellschaften. Diese würden anschliessend den Kantonen zur Verfügung gestellt. Personen müssten bisher auch immer ihren Aufenthaltsort in der Schweiz angeben, die Eruierung der Aufenthaltsorte sei deshalb möglich, betonte Mathys. Die Kantone müssten die Quarantäne anordnen und kontrollieren.
Allerdings: Wer bereits am 14. Dezember eingereist ist und sich gesund fühle, müsse die Quarantäne nicht neu beginnen, sondern nur die restlichen drei Tage im Hotel oder Ferienhaus ausharren.
Gleichzeitig werde geprüft, ob in den Wintersport-«Hotspots», dort wo viele britische Gäste zurzeit seien, Massentests durchgeführt werden sollen. Das erklärte BAG-Experte Mathys auf Frage von BLICK.
Anders sieht es beim Warenverkehr der Schweiz mit Grossbritannien und Südafrika aus. Dieser sei weiter möglich, erklärte Christian Bock, Direktor der Eidgenössischen Zollverwaltung. Auch müssten Personen, die Waren transportierten, nicht in Quarantäne. Hier sei das Risiko «absolut vertretbar». Der Aufenthalt solcher Personen werde «auf ein absolutes Minimum reduziert».
«Eine Ausbreitung zu verhindern, ist wohl Wunschdenken»
«Wir sind in einer Situation, in der wir eine weitere deutliche Zunahme an Neuinfektionen sicher nicht wollen», so Mathys weiter. Das Gesundheitswesen sei jetzt bereits an seinen Grenzen. Es könne diese Belastung sicher nicht langfristig so weiter bewältigen. Deshalb gelte es, rasch zu handeln: «Jeder Tag zählt.»
Allerdings: Man müsse auch realistisch sein. Es könne nun nur darum gehen, eine Ausbreitung möglichst frühzeitig zu bremsen. «Eine Ausbreitung zu verhindern, ist wohl Wunschdenken», stellte Mathys klar.
Immerhin: Es gebe derzeit keine Hinweise, dass die Impfung bei dieser mutierten Variante nicht wirke, sagt Mathys. (dba/lha)